Isabella Defano

Gefunden! Ein Traumprinz für Jessica


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Sie. Es ist aber keine Pension, sondern eine Farm. Mein Mann arbeitet dort als Verwalter, und wir suchen gerade Aushilfskräfte. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, zusätzlich noch etwas Geld zu verdienen, könnten Sie dort wohnen, bis Sie Ihre Angelegenheiten geregelt haben.“

      „Danke“, sagte Jessica und schüttelte mit dem Kopf. „Es ist nett von Ihnen, aber ich suche nicht nach einem Job. Ich werde nicht lange genug hier sein. Ich muss nur einige Tage warten, bis ich die Antworten auf meine Frage erhalte. Danach kehre ich nach Deutschland zurück.“

      Mit diesen Worten verabschiedete sich Jessica von Frau Philipps. Doch bevor sie gehen konnte, reichte diese ihr eine Visitenkarte.

      „Falls Sie Ihre Meinung noch ändern. Bei uns hätten Sie auf jeden Fall einen Platz zum Schlafen und kostenlose Verpflegung.“

      Nachdenklich sah Jessica der Frau hinterher, als diese zu einem Wagen ging, ihr noch einmal zuwinkte und dann wegfuhr. Erst nachdem das Auto nicht mehr zu sehen war, machte sie sich wieder auf den Weg. Als sie an einem Mülleimer vorbeikam, wollte sie die Visitenkarte wegwerfen. Doch dann, aus einer Laune heraus, steckte sie sich die Karte in die Hintertasche ihrer Jeans.

      Nachdem Jessica zwei weitere Stunden erfolglos durch die Stadt gegangen war, kam ihr die Karte von Frau Philipps wieder in den Sinn. Vielleicht sollte ich das Angebot doch annehmen. Immerhin wäre es besser, als die nächsten Nächte irgendwo auf der Straße zu verbringen. Es wurde bereits dunkel und immer weniger Leute waren auf den Straßen unterwegs. Außerdem war es schon ziemlich kalt geworden, sodass Jessicas Hände trotz der Handschuhe schon richtige Eisklumpen waren. Schließlich fasste Jessica einen Entschluss. Sie würde auf das Angebot eingehen, immerhin hatte sie nichts zu verlieren. Jetzt, wo ihre beste Freundin in Amerika war, wartete sowieso niemand auf sie und deren Eltern würden es schon irgendwann verstehen. Sie konnte also hier nach ihrer Mutter suchen, zusätzlich etwas Geld verdienen und sich überlegen, was sie in Zukunft tun wollte. Obwohl ihr diese Entscheidung nicht leichtfiel, hatte Jessica nicht vor, mit ihrem Jurastudium weiterzumachen. Viel lieber würde sie mit Kindern arbeiten. Kindergartenpädagogik!, ging es ihr durch den Kopf. Ja, das würde mich interessieren. Doch dafür brauchte sie Geld.

      Nachdem Jessica diesen Entschluss gefasst hatte, suchte sie mit ihrem Smartphone das nächstliegende Hotel. Heute war es eindeutig schon zu spät, um auf der Farm nach einem Job zu fragen. Sie würde sich also gleich morgen früh auf den Weg dorthin machen und heute Nacht in einem Hotelzimmer übernachten. Dieses Mal hatte sie Glück. Für eine Nacht war tatsächlich noch ein Zimmer frei, auch wenn Jessica bei dem Preis ganz schön schlucken musste. Doch bereits nach wenigen Minuten wurde sie auf ihr Zimmer geführt und ließ sich erschöpft auf das Bett fallen. Wenige Augenblicke später fielen Jessica die Augen zu und sie schlief ein.

      Währenddessen musste Gertrud Philipps auf der Farm immer wieder an Jessica denken. Noch immer fragte sie sich, wo sie die junge Frau schon einmal gesehen hatte. Es konnte kein Zufall sein, dass sie ihr irgendwie bekannt vorkam. Doch auch als kurze Zeit später ihr Ehemann von der Arbeit nach Hause kam, hatte sie auf ihre Fragen leider keine Antwort. Noch nie war sie in Nürnberg gewesen, sondern lediglich in Köln, wo ihre einzige Tochter Liesbeth mit ihrer Familie lebte.

      „Gertrud? Ist alles in Ordnung? Du siehst so nachdenklich aus.“

      Leicht erschrocken drehte sich Gertrud zu ihrem Mann um. Sie hatte gar nicht mitbekommen, wie er ins Haus gekommen war.

      „Claas, du bist schon zu Hause? Entschuldige, ich war gerade ziemlich in Gedanken. Weißt du, ich habe heute in der Stadt eine junge Frau getroffen. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie kam sie mir bekannt vor, als hätte ich sie schon irgendwo einmal gesehen. Mir will einfach nur nicht einfallen, wo. Ich habe ihr übrigens die Adresse von der Farm gegeben. Sie sucht gerade ganz verzweifelt nach einem billigen Zimmer und ich dachte, sie könnte vielleicht in einem unserer Wohnblöcke wohnen.“

      Leicht irritiert sah Claas seine Frau an. So durcheinander hatte er sie noch nie gesehen. Doch plötzlich wurde ihm bewusst, was sie gerade gesagt hatte. Diese fremde Frau sollte in einem ihrer Wohnblöcke wohnen?

      „Wie stellst du dir das vor, Gertrud? Ich glaube kaum, dass Carlos oder Christian besonders begeistert wären, wenn ich einfach jemanden in eine der Wohnungen einquartiere.“

      Gertrud schüttelte den Kopf und sah ihren Mann bittend an.

      „Du sollst sie ja auch nicht einfach so dort wohnen lassen. Ich habe ihr schon gesagt, dass sie als Gegenleistung auf der Farm mithelfen müsse. Immerhin benötigen wir doch immer wieder Aushilfskräfte. Sie ist jung, sie kann lernen.“

      Ihr Mann blieb skeptisch. Es stimmte, natürlich waren sie gerade auf der Suche nach Hilfe. Doch was hatte er davon, wenn die junge Frau sowieso nur wenige Tage auf der Farm blieb. Es lohnte sich gar nicht, sie irgendwo einzuarbeiten, immerhin wäre sie schon nach kurzer Zeit wieder verschwunden. Als er jedoch seine Frau betrachtete, fiel es ihm schwer, ihr diesen Wunsch abzuschlagen.

      „Warum ist dir diese junge Frau so wichtig? Du hast sie doch nur einmal gesehen.“

      Gertrud Philipps zuckte mit den Schultern.

      „Ich weiß es nicht genau. Sie tut mir irgendwie leid. Ihre Augen sahen so traurig aus, als würde sie etwas beschäftigen. Ich möchte ihr gerne helfen, wenn sie meine Hilfe wünscht. Wer weiß, vielleicht bekomme ich dann auch heraus, von woher ich sie kenne.“

      Claas Philipps blieb weiter skeptisch. Immerhin war er es, der seinen Chefs erklären müsste, warum er die Frau vorübergehend einstellte.

      „Schauen wir erst einmal, ob sie überhaupt kommt. Möglicherweise hat sie ja eine andere Lösung gefunden. Ich gehe jetzt unter die Dusche und danach können wir zu Abend essen.“

      Gertrud nickte und schaute ihrem Mann nach, während er im Badezimmer verschwand. Natürlich war es ihr klar, dass ihre Bitte für ihn ziemlich unverständlich klang. Immerhin kannte sie die junge Frau gar nicht. Trotzdem hoffte sie, dass es sich Jessica noch einmal anders überlegte und doch noch zur Farm kam.

      Es war noch sehr früh am Morgen, als Christian de Luca mit seinem Vater und den beiden Vorarbeitern Finn Katzer und Konrad Riedl die weiteren Arbeitsabläufe auf der Farm besprach. Jetzt im Winter wurde es Zeit, die letzten abschließenden Arbeiten durchzuführen. Der Wirsing musste eingeholt werden und dies ganz ohne maschinelle Hilfe. Denn da dieses Gemüse sehr empfindlich war, konnten sie es nicht riskieren, eine Erntemaschine einzusetzen. Das bedeutete aber auch, dass gerade ein halbes Dutzend Erntehelfer mit nichts anderem beschäftigt war und beispielsweise Reparaturarbeiten an Christian hängen blieben.

      Doch nicht nur die Wirsingernte gehörte zu den aktuellen Arbeiten, die gerade auf der Farm anfielen. Denn auch wenn die Landwirtschaft immer noch einen großen Teil der Arbeit einnahm, stand inzwischen die Zucht der Angorakaninchen an erster Stelle und diese Tiere sorgten das ganze Jahr über für viel Arbeit. Jeden Tag kümmerten sich 20 Mitarbeiter um die fünf Ställe, in denen je etwa 100 Tiere untergebracht waren. Oder besser gesagt 19 Mitarbeiter, ging es Christian plötzlich durch den Kopf. Erst gestern waren sie nämlich gezwungen gewesen, einen ihrer Mitarbeiter aus dem Tierbereich zu entlassen, der bewusst die Gesundheit der Tiere gefährdete. Jetzt mussten sie schnell Ersatz finden.

      „Christian? Was meinst du dazu?“

      Als Christian die Stimme seines Vaters hörte, sah er ihn leicht verwirrt an. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass ihm sein Vater eine Frage gestellt hatte.

      „Entschuldige!“, sagte er ruhig und schaute seinen Vater an. „Ich war gerade in Gedanken. Worum geht‘s?“

      Verwundert sah Carlos seinen Sohn an. Es war nicht seine Art, unaufmerksam oder abgelenkt zu sein. Im Gegenteil! Oft musste er ermahnt werden, auch einmal abzuschalten und nicht nur für die Farm zu leben.

      „Ist alles in Ordnung?“, fragte Carlos de Luca besorgt. „Oder was beschäftigt dich?“

      Wieder musste Christian an die aktuelle Personalsituation denken, während er seinem Vater antwortete.