Michaela Santowski

Du gehörst zu mir


Скачать книгу

muskulösen Schultern. Es zeigte mehr als es verbarg. Sie schluckte. „Besser“, stieß sie gepresst hervor.

      Er ging an ihr vorbei. „Möchtest du auch einen Kaffee?“

      „Ich möchte ins Bett.“

      „Daraus wird nichts. Ich brauche diese Liste.“

      „Spinnst du? Um die Uhrzeit fällt mir garantiert gar nichts mehr ein.“

      „Deswegen werde ich dir helfen.“

      „Warum hast du nicht früher was gesagt?“

      „Weil du mich den ganzen Tag ignoriert hast.“

      Dagegen konnte sie kaum etwas sagen. Ergeben setzte sie sich an den Tisch. „Dann lass uns anfangen.“

      Rob setzte sich neben sie und reichte ihr Stift und Block. Dann rückte er näher an sie heran und erklärte ihr, wie sie die Liste gliedern sollte. Doch das einzige, auf das sie sich konzentrieren konnte, war sein Duft: herb, mit einer leicht zitronigen Noten. Das trieb sie noch in den Wahnsinn. Plötzlich schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf. Was, wenn sie ihn verführen würde? Nur, damit dieser Druck von ihr abfiel. Vielleicht war er nicht mehr so interessant, wenn sie erstmal das Bett mit ihm geteilt hatte. Da machst du dir wohl selber etwas vor.

      „Suzie! Du hörst mir nicht zu.“

      „Du hast mir die falsche Tasse hingestellt.“

      Verwirrt starrte Rob sie an.

      „Ich trinke aus der anderen Tasse.“ Suzie stand auf, stellte die eine Tasse in die Küche und griff sich die andere. Die Tasse war ihr völlig egal. Aber jetzt konnte sie sich ihm gegenüber setzen. Das war viel besser. Jetzt war sie auch in der Lage, ihm zuzuhören. Eine Stunde später hatten sie eine beachtliche Liste zusammengestellt. Erstaunt blickte Suzie auf die Fülle von Namen. „Das hätte ich nie gedacht.“

      „So reagiert jeder. Niemand kann sich vorstellen, dass es so viele Menschen gibt, die etwas gegen ihn haben könnten. Jetzt haben wir etwas, mit dem wir arbeiten können. Ich werde die Liste gleich morgen an meine Leute mailen. Jetzt darfst du in Bett.“ Er gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Gute Nacht.“

      Suzie fühlte immer noch seine Lippen auf ihrer Wange, als sie kurz darauf im Bett lag. An Schlaf war nicht zu denken.

      7

      Sie zwang sich, am nächsten Morgen um sechs Uhr aufzustehen, obwohl sie noch hundemüde war und lieber liegen geblieben wäre. Aber sie wollte vor der Uni noch laufen gehen. Sie zog ihre Joggingklamotten an und band ihre Laufschuhe zu. Ihr Haar fasste sie zu einem lockeren Knoten zusammen. Dann öffnete sie leise die Tür und schlüpfte in den Flur.

      „Kaffee?“, ertönte Robs fragende Stimme aus der Küche.

      Suzie zuckte zusammen. „Großer Gott. Du wirst mich noch umbringen.“

      „Das wird vermutlich ein anderer erledigen, wenn du versuchst, alleine joggen zu gehen.“

      „Heißt das etwa, ich habe überhaupt keine Privatsphäre mehr?“ Entsetzt blickte sie ihn an. „Du wirst vierundzwanzig Stunden am Tag hinter mir sein?“

      „Das ist der Plan. Bis wir den Typen gefunden haben, der dich bedroht. Aber keine Sorge“, fügte er hinzu. „Ich kann mich dezent im Hintergrund halten.“

      Suzie seufzte ergeben. „Dann zieh dich um. Ich möchte jetzt los. Ich muss bald in der Uni sein.“

      Gemeinsam verließen sie die Wohnung. Suzie stöpselte sich die Stecker des MP3-Players in die Ohren und lief los. Obwohl sie alles versuchte, ihn abzuhängen, blieb er immer dicht hinter ihr. Sie war sich sicher, dass er sich dabei königlich amüsierte. Erschöpft blieb sie schließlich stehen.

      „Fertig?“, fragte Rob und stellte sich neben sie.

      „Fast.“ Sie ließ sich auf den Boden nieder und fing an, sich zu dehnen. Dazu breitete sie die Beine aus und legte ihren Oberkörper abwechselnd auf das eine und dann auf das andere Bein. Rob betrachtete das Spiel ihrer Muskeln. Sie war unbestreitbar eine Schönheit geworden. Er konnte sich vorstellen, dass die Männer verrückt nach ihr waren.

      „Ich gehe jetzt frühstücken“, riss ihre Stimme ihn aus seinen Gedanken.

      „Zuhause?“

      „Nein. In dem Café dort hinten gibt es den besten Obstsalat der Stadt. Und sie machen einen genialen Latte Macchiato“, fügte sie lächelnd hinzu. Dieses Lächeln ging Rob durch und durch. Ob sie wusste, wie anziehend sie wirkte, wenn sie lächelte? „Ich stehe auf Latte Macchiato“, antwortete er und folgte ihr.

      Suzie war sich bewusst, dass Rob unauffällig die Gäste im Café musterte. Sie musste zugeben, dass sie sich tatsächlich sicherer fühlte mit ihm in ihrer Nähe. Offiziell hätte sie es abgestritten, aber diese Drohbriefe machten ihr angst. Sie waren so merkwürdig, ganz anders als die üblichen, meist nur brutalen Drohungen, von denen man genau wusste, dass nichts passieren würde.

      „Hallo, Suzie. Schön, dich mal wieder zu sehne“, begrüßte die Kellnerin sie. „Das übliche?“

      Suzie nickte. „Zweimal bitte.“

      Rob führte sie an einen freien Tisch in einer Nische. Er setzte sich so, dass er die Tür im Blick hatte.

      „Du bist ziemlich fit“, stellte er fest.

      „Danke“, entgegnete sie.

      „Ich denke, ich sollte dir ein paar Techniken zeigen, mit denen du einen Angreifer wirksam abwehren kannst.“

      Suzie schwieg eine Weile. Körperkontakt war das letzte, was sie wollte. Aber sie musste zugeben, dass sein Vorschlag durchaus Sinn ergab.

      Die Kellnerin stellte zwei Schüsseln mit Obstsalat, zwei Latte Macchiato und zwei Schokocroissants vor sie.

      Rob blickte fragend auf das Croissant.

      Sie zuckte mit den Schultern. „Jeder hat eine Schwäche. Meine sind Schokocroissants.“

      „Du hast nur eine Schwäche?“

      „Nein. Aber von der anderen werde ich dir nicht erzählen.“

      „Schade.“ Er blickte sie aus traurigen Augen an. „Aber vielleicht finde ich es selber raus. Irgendwann.“

      Hoffentlich nicht. Schnell schob sie sich einen Löffel Obstsalat in den Mund, um nicht antworten zu müssen. Dabei lief ihr ein wenig Saft am Kinn herab. Bevor sie reagieren konnte, beugte Rob sich vor und tupfte ihr mit seiner Serviette vorsichtig das Kinn ab. Dabei sah er ihr direkt in die Augen. Suzie fühlte sich verloren in diesem Blick. Ausserdem war er ihr eindeutig zu nahe.

      „Danke“, sagte sie und lehnte sich schnell zurück.

      „Gern geschehen“, entgegnete er. „ Also, was hältst du von der Idee, mit mir gemeinsam zu trainieren?“ Rob griff nach seinem Glas und nahm einen Schluck Kaffee. Suzie kam nicht umhin zu bemerken, dass er völlig gelassen war, während ihr Blut immer noch von der kurzen Berührung und seiner Nähe zu kochen schien.

      „Okay. Scheint mir sinnvoll.“ Sie hörte selber, dass ihre Stimme gepresst klang.

      „Gut. Dann fangen wir heute damit an. Je eher, je besser.“

      Sie biss in ihr Croissant, trank einen Schluck Kaffee hinterher und fragte: „Bin ich wirklich in so großer Gefahr?“

      Rob ließ sich Zeit mit der Antwort. Schließlich sagte er schlicht: „Ja. Das bist du.“

      „Das trägt nicht grade zu meiner Beruhigung bei.“

      „Es trägt auch nicht zu deiner Sicherheit bei, wenn ich dich anlüge.“

      „Herrgott nochmal.“ Wütend stand Suzie auf. „Ich muss hier raus.“ Sie hatte plötzlich das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Ruhig stand Rob auf und blickte sie ernst