Peter Josef Dickers

Du lieber Himmel


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Leiter einer Begegnungsstätte blickt auf dreißig-jährige Tätigkeit im sozialen Brenn-punkt zurück. Sympathisch, dass er die Ehrenamtler einbezieht, die nicht immer im Fokus stehen. Sie betreiben kein Krisen-Management und müssen nicht mit kühnen Ideen auffallen. Sie kümmern sich mit ihm in einem Ladenlokal und im Flüchtlings-Caum alltägliche Belange: Hausaufgabenbetreuung, Planung von Festen. Sprachkurse. Dass er für sie zur Vertrauensperson wurde, gründet in seinem positiven Menschenbild.

       Die Mitglieder einer Facebook-Gruppe und ihr Initiator werden ausgezeichnet . Ihr Engagement schien zunächst „Tropfen auf den heißen Stein“ zu sein. Doch es wurde ein Erfolg, für Flücht-linge Partei zu ergreifen, obwohl zunächst kaum Anlass zum Optimismus bestand. Jetzt engagieren sich viertausend Bürger, zehn bis fünfzehn waren es zu Beginn .

       Diejenigen, die Hilfe benötigen, verhalten sich nicht immer so, wie man es von erwartet. Oft müssen Helfer von vorne beginnen, da sie sich nicht mit Utopien, sondern mit der Realität auseinandersetzen müssen. Daher agieren sie zuweilen zwischen Ablehnung und Zustim-mung, wenn einzige Gewissheit die Ungewiss-heit ist. Weitermachen ist angesagt, auch wenn es keinen Sinn zu haben scheint. Experimente und Übergangslösungen können weiterhelfen. Nicht immer finden Helfer den richtigen Zugang und treffen Fehlentscheidungen, wenn Hilfe nicht so gewollt wird, wie sie man sie anbietet. Das Engagement gleicht dann einer nachdenklich machenden Lektion in Sachen „Demut üben“.

       Ein Schwimmverein demonstriert, wie über sportliche Initiativen Hilfsmodelle entstehen. In einem Schulschwimmbad geht ein Übungs-leiter mit Asylbewerbern schwimmen. Es seien immer Interessenten da, sagt die Vorsitzende und Preisträgerin. Schwimm-Termine, getrennt für Männer und Jungen, Frauen und Mädchen werden angeboten. Badeanzüge und Badehosen werden gestellt. Helfer planen Hilfen, wo Not an Frau, Mann oder Kind ist. Sie warten nicht auf Strategien von morgen oder eine Lizenz zum Handeln.

       Ihre Eindrücke und Erfahrungen lassen sich die Anwesenden beim kleinen Buffet auf der Zunge zergehen. Der Bürgerpreis erweist sich als lobenswerte, nachahmenswerte Initiative. Er dokumentiert, dass der zunächst hoch gelobte und später gescholtene Mutmach-Wahlspruch „Wir schaffen das“ seine Berechtigung demonstriert. Enthusiasmus, nicht Lethargie ist vonnöten. Umgesetzt wird es von denen, über deren Tun die Zeitungen selten berichten.

      Ein Dach für die Seele

      Abschied nehmen tut weh – vom Freund, von der Freundin; vom Partner, mit dem man ein Leben lang zusammen sein wollte. Abschied von enttäuschenden Erfahrungen, von nicht erfüllten Träumen – unabhängig davon, in welche Zukunft man sich aufmacht. Grenz-erfahrungen, die zu Verletzungen führen, welche man erleidet oder anderen zugefügt hat.

      Muss eine Partnerschaft bestehen bleiben, obwohl man sich das Leben zur Hölle macht und Beziehungen zerstört? Was ist, wenn Vereinbarungen ihre Selbstverständlichkeit eingebüßt und zunehmender Gleichgültigkeit gewichen sind? Ist es dann nicht konsequent, der inneren Kündigung die äußere folgen zu lassen?

      Partner, die am lebenslangen Projekt Treue gescheitert sind und den schmerzhaften Prozess der Trennung und Scheidung durchlebt haben, möchten in der Regel nicht zurück. Zurück-liegendes beschwören hilft nicht weiter. Beide würden sich jedoch wohler fühlen mit einem versöhnlichen Schluss-Strich unter ihre Beziehung.

      Wenn eine kirchlich geschlossene Ehe scheitert, verbieten katholisch-kirchliche Bestimmungen Wiederheirat zu Lebzeiten des Partners. Ehen würden im Himmel geschlossen, verteidigt die Katholische Kirche ihren Standpunkt. Sie sieht sich auf der richtigen Seite und legt, da sie um ihr Bremspotential weiß, Verteidigungslinien fest. Scheidungen seien nicht vorgesehen. Für Betroffene ist das Verbot demütigend, unbarm-herzig, unversöhnlich.

      Fehlt es der Kirche an Lebensnähe, Toleranz und Barmherzigkeit? Kann sie glaubwürdig die Botschaft von einem Gott verkünden, der zur Versöhnung aufruft? Viele sagen „Nein“. Im Niemandsland zwischen Glauben und Nicht-Glauben verflüchtigen sich Bindungen an die Kirche. Man will die Kirche nicht abschaffen, aber auch nicht „auf sie hören“, wie ein Tauf-Lied verkündet. Wenn die Kirche heilsame Gemeinschaft sein will, muss sie dann nicht auch denen beistehen, deren Gemeinsamkeit scheiterte?

      Wem nützt es, wenn die Amtskirche Bedauern ausspricht bezüglich der Scheidungsziffern, es aber dabei bewenden lässt und Betroffene hinter kirchlichen Barrikaden abschließt? Muss sie nicht alte Deutungen ändern? Ist es nicht hilfreich, den Menschen zu zeigen, dass Gott, auf den sich die Partner eingelassen haben, mitgeht in das Zerbrechen einer Beziehung? Eine gescheiterte eheliche Beziehung war nicht sinnlos. Sie behält ihren Wert. Ein Ja-Wort muss nicht widerrufen werden. Vielleicht ist Scheidung nicht immer Endstation, sondern Durchgang und Übergang zu einem neuen, positiven Lebensabschnitt.

      Menschen brauchen zum Überleben ein Dach für die Seele, hat jemand gesagt. Dieses Dach suchen sie, wenn das Beziehungshaus, in dem sie gewohnt haben, nicht mehr bewohnbar ist. Warum sollen Betroffene kein Recht auf ein neues Dach, auf eine neue Liebe haben? Sollen sie in Sack und Asche gehen, und sich an die letzten Reste ehelichen Lebens klammern?

      Wiederheirat muss nicht Mangel an Moral bedeuten. Sie kann Überlebens-Wille sein und beweisen, dass Menschen auch nicht vom Traum einer verlässlichen Bindung ablassen, wenn sie Schiffbruch erlitten haben. Kann die Kirche nicht mit bauen am Dach für die Seele, damit Menschen ihr seelisches Gleichgewicht behalten oder wieder finden? Kann sie nicht Menschen aus ihrer Erstarrung befreien? Kann sie nicht ihre Integrationskraft unter Beweis stellen?

      Auch die Orthodoxe Kirche des Ostens erklärt, dass Wiederheirat nicht dem christlichen Ehe-verständnis entspricht. Sie toleriert jedoch eine Zweit- bzw. Dritt-Ehe nach einer Scheidung, wenn diese im Einzelfall als bestmögliche Lösung erscheint. Scheidung wird nicht gut geheißen, Wiederverheiratete oder Geschiedene werden aber nicht verurteilt.

      Es gibt Paare, die nach standesamtlicher Zweit-Ehe die Katholische Kirche um den Segen bitten. Manche Pfarreien kommen dem nach, weil sie um die Bedeutung kleiner Gesten wissen. Andere lehnen es ab. Papst Johannes Paul II. erklärte im Jahre 1980, dass die Kirche „diejenigen nicht sich selbst überlassen darf, die eine neue Verbindung gesucht haben, ob-wohl sie durch das sakramentale Eheband mit einem Partner verbunden sind". Hat man die Äußerung vergessen, oder will man sie nicht wahrhaben?

      Gelingender Neuanfang setzt voraus, dass die Partner keine Selbstrechtfertigung betreiben. Sie sollten sich des vergangenen Glücks erinnern und Frieden mit sich und dem bis-herigen Lebensgefährten schließen. Rache-Phantasien stehen jedem Neubeginn im Weg. Sich zu versöhnen mit der Vergangenheit erleichtert den Neubeginn.

      „Was ihr auf Erden binden werdet, wird auch im Himmel gebunden sein.“ Das steht in der Bibel. „Was ihr auf Erden lösen werdet, wird auch im Himmel gelöst sein.“ Steht auch in der Bibel.

      Für gute, Vertrauen stiftende Nachrichten ist es nie zu spät.

      Das Zirkuspony

      Es war eine schöne Zeit. Am liebsten wäre mir, sie würde nie zu Ende gehen. Immer war ich geduldig, gutmütig, zu allen freundlich. Durch nichts habe ich mich aus der Ruhe bringen lassen. Die Zuschauer habe ich zum Lachen und Staunen gebracht, wenn ich einen Hund oder eine Katze auf meinem Rücken reiten ließ.

      Vor allem habe ich mich gefreut, wenn Kinder mir zusahen. Sie riefen laut meinen Namen, wenn ihnen an meinen Kunststücken etwas gefiel. „Prinz“, riefen sie, „bravo Prinz“. Ihr Beifall zeigte mir, was ich erreicht habe. Zu Kindern war ich immer freundlich. Ich war zu vielen Späßen bereit, um sie zu erfreuen. Ich stelle mich also vor: Prinz heiße ich - Prinz, das Zirkuspony.

      Jetzt soll alles vorbei sein? Auf den Gnadenhof wollen sie mich abschieben. Ich sei in die Jahre gekommen und zu alt für den Zirkus, behaupten sie. Dass ich kürzlich operiert werden musste, sei der Beweis. Regelmäßiges