wollten die Neuigkeiten hören. Ryan witzelte darüber, dass es ein Mädchen wäre und sie Ty den letzten Nerv rauben würde, sobald sie älter war. Er nannte ihre Größe, das Gewicht und die genaue Uhrzeit und sie beschlossen, alle zusammen sofort ins Krankenhaus zu fahren. Um Ty zu ärgern und das Baby anzusehen.
Alle standen auf. Nicky machte vorsichtshalber keine Anstalten, da sie Angst hatte, Chris zu etwas zu animieren, was sie selbst nicht wollte.
Doch irgendwann drückte er gegen ihre Hüfte.
"Geh runter, Nicky, ich muss los", sagte er schroff.
Widerwillig stand sie auf. Sie wollte ihn nicht gehen lassen. Wollte nicht, dass dieser Abend endete. Sie wollte noch einmal in seinen Armen liegen.
Aber was sollte sie tun? Gegen das neugeborene Baby eines seiner besten Freunde hatte sie einfach keinen Auftrag.
Also erhob sie sich. Trat einen Schritt zurück. Chris stand auf.
"Vielleicht bis morgen", sagte er.
Sie wusste, dass er sie nicht anrufen würde, und sie konnte am nächsten Tag nicht in den Club kommen. Mehr als einen Abend in der Woche konnte sie sich einfach nicht frei machen.
Sie nickte traurig und wollte sich zum Gehen wenden, als er sie aufhielt.
"Es ist nichts Persönliches, Nicky, klar? Aber ich muss los", sagte er und musterte sie.
"Kein Problem", sagte sie und versuchte zu lächeln. Sie wollte sich abermals abwenden, doch er hielt sie erneut fest.
Er beugte sich zu ihr und küsste sie sanft, streifte fast nur ihre Lippen und wandte sich dann den anderen zu. Kurz darauf waren alle durch den Hinterausgang verschwunden. Zurück blieb nur sie und ein Haufen Frauen, die genau wie sie selbst aussahen wie bestellt und nicht abgeholt. Kopfschüttelnd wandte sie sich zum Gehen. Sie sollte sich ohnehin hinlegen und schlafen, damit sie den kommenden Arbeitstag gut überstand.
4 Was du niemals haben wirst
CHRIS
Noch immer schüttelte er den Kopf über sich selbst. Was war nur in ihn gefahren, dass er sie geküsst hatte?
So ganz konnte er es sich selbst nicht erklären. Ihre Lippen hatten so weich und einladend ausgesehen, dass er sich einfach nicht zurückhalten konnte. So kurz der Kuss auch war - er hatte sich gelohnt. Sie fühlten sich genauso an, wie sie aussahen, und er hatte sogar den Wunsch, sie noch einmal zu küssen. Mehr davon zu spüren.
Absurd!
Er hatte sich von der Euphorie der anderen mitreißen lassen. Allein wäre er niemals auf die Idee gekommen, zu Ty und Nina ins Krankenhaus zu fahren.
Aber gut, was hätte er auch anderes tun sollen. "Nein, nein, fahrt nur, ich bleibe hier", wäre wohl kaum eine akzeptable Antwort gewesen.
Er war verliebt in Lia, Brandon's kleine Tochter, und bei Ty's Mädchen würde es nicht anders sein, da war er sich sicher. So schön wie Nina war, konnte auch ihr Baby nur perfekt sein.
Und genau hier lag der Haken. Er würde keine Frau finden, wie seine Freunde es geschafft hatten. Er würde maximal eine Frau finden, die sein Konto liebte, aber nicht ihn.
Je öfter er sah, wie seine Freunde durch ihre Frauen glücklich wurden, umso schmerzlicher wurde ihm bewusst, was er zwar bislang nie vermisst hatte, nun aber mit Sicherheit auch nicht mehr bekommen konnte.
Die harte Realität. Grausam, wie die Narben auf seinem Körper.
Leider war auch Nicky eine der Frauen, die nur hinter seinem Geld her waren. Auch wenn sie sich nicht immer so verhielt.
Den Moet hatte sie angesehen, als wüsste sie noch nicht einmal, was es war. Dabei sollte das doch Regel #1 bei den Geiern sein. Sie mussten immer wissen, was teuer war, was man absahnen musste.
Nach der kurzen Fahrt gingen sie zusammen auf die richtige Etage. Dann standen sie alle hinter der Glasscheibe der Säuglingsstation und starrten auf den riesigen Latino, der ein winziges milchkaffeebraunes Mädchen auf dem Arm hielt. Im Vergleich zu den Muskelbergen wirkte das kleine Wesen so zerbrechlich.
Ty hielt sie so vorsichtig in seinen Händen, als hätte er Angst, sie zu zerbrechen. In seinem Blick lag die pure Ehrfurcht und unendliche Liebe für das junge Leben.
"Das ist Isabel Moreno", sagte der Riese und hielt die Kleine vorsichtig Richtung Trennscheibe. "Bella, das sind die Chaoten, von denen du dich fernhalten musst!"
Ihre riesigen, wachen braunen Augen starrten durch die Glasscheibe auf die Wand aus Männern, die er und seine Freunde bildeten.
Er musste dringend hier weg. Dieses Mädchen würde ihm eindeutig auch das Herz stehlen, wie es die kleine Lia schon getan hatte.
Er wandte sich ab und ging in die Cafeteria. Mit einem Kaffee in der Hand wählte er einen Platz, von dem aus er nach draußen sehen konnte. Boston erwachte gerade zu neuem Leben. Mai. Frühling. Alles begann zu blühen.
In zwei Monaten würden sie nach Talin reisen. Wie schnell das Jahr vergangen war, es war einfach unglaublich. Es war nahezu an ihm vorbei geflogen. Wahrscheinlich, weil er versucht hatte, sich non-stop abzulenken. Immer on tour, immer auf Achse. Je mehr Beschäftigung er fand, desto weniger musste er über sein beschissenes Schicksal nachdenken.
Und es hatte funktioniert. Schon war das erste Jahr vorbei. Das erste sei das Schlimmste, hatten die Psychologen in der Klinik ihm versichert. Der Rest sei ein Kinderspiel.
"Alles klar, Mann?", fragte Logan hinter ihm.
Chris sah ihn über die Schulter hinweg an.
"Alles bestens!"
"Sieht nicht so aus."
"Was willst du hören? Ich hab einfach genug gesehen."
"Verstehe ich. Wir sind einfach nicht die Typen für dieses Familiending", lachte Logan und auch Chris stimmte mit ein. So konnte er sich vor einer ernsthaften Antwort drücken.
Bei Mat wäre er nicht so leicht aus dieser Nummer rausgekommen, aber Logan sah einfach gern, was er sehen wollte.
"Wir wollten noch einen auf die kleine Bella trinken. Kommst du mit?"
"Nein, Danke. Ich bin müde und muss morgen früh raus. Monatsende, Abrechnung. Du weißt schon."
Logan nickte zustimmend, klopfte ihm noch einmal auf die Schulter, ehe er zurück zu den anderen ging.
29. Mai. Vor ziemlich genau einem Jahr hatten die beiden geheiratet. Chris hatte sich davor gedrückt, froh darüber, noch im Krankenhaus zu sein und die anderen nicht sehen zu müssen.
Eine Operation hatte auf die nächste gefolgt. Mit mäßigem Erfolg.
Er sah immer noch einfach beschissen aus und sein Leben würde nie wieder so sein, wie es einmal war. Er würde nie wieder so ausgelassen mit den anderen feiern, wie er es früher getan hatte.
Er fuhr zurück in den Club. In der Hoffnung, dass Nicky noch da sein würde.
Vergeblich. Sie war schon weg. All die anderen dämlichen Geier standen immer noch im VIP-Bereich und hofften darauf, irgendeinen armen Trottel abzubekommen, den sie dann bis aufs letzte Hemd ausnehmen konnten.
Nur Nicky nicht. Die einzige Frau, die er an diesem Abend unbedingt noch hatte vögeln wollen, war verschwunden.
Mit einem frustrierten Schnauben wandte er sich ab und stieg die Treppe zu seiner Wohnung hinauf.
NICKY
"Nicky! … Nicky, du musst aufwachen! … wach jetzt auf, verdammt, ich muss zur Arbeit!"
Ganz langsam fand sie aus dem Schlaf zurück in die Realität.
Ihr Bruder Damon rüttelte ungeduldig an ihrer Schulter.
"Jetzt mach schon,