Hansjürgen Blinn

Erotisches Rokoko. Literatur der Sinnlichkeit


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Aug’ entzückte,

      Und Sehnsucht hob die Lilienbrust.

      Ein heller’ Rot umfloss die Wangen,

      Im feuchten Auge sprach Verlangen

      Noch nicht geschmeckter Liebeslust.

      Da kam des Wegs Amint gegangen,

      Den sie geliebt, sich ‘s kaum bewusst.

      Er trat zu ihr ins Badezimmer

      Und sah, – o welche Götterlust! –

      Die Nackende im Rosenschimmer

      Der Schönheit, und der Liebe Glut

      Zuckt durch der Adern rasches Blut,

      Er wünscht sich hunderttausend Augen,

      Um all’ die Reize, die er sieht,

      (Indes vor Scham das Mädchen glüht)

      Im süßen Staunen einzusaugen.

      Bestürzt bleibt sie erstarret steh’n,

      Denn sie vergaß im ersten Schrecken

      Verborgne Reize zu verdecken

      Und winkt nur stumm davon zu geh’n.

      Doch wer entflieht aus solchem Zauberkreise?

      Er bleibt, geblendet von dem Schein

      Der Grazie; – da öffnet leise

      Die Türe sich, die Mutter tritt hinein.

      Erschrickt und zürnt, – wie konnt’ es anders sein?

      Und ruft: »Wie kann man so sich zeigen,

      So zeigte Eva selbst sich ihrem Adam nicht,

      Pfui, schäme dich!« – Doch die Gefasste spricht:

      »Ach! Mütterchen, es fehlte mir an Feigen.«

      Anonym

      Venus im Bade

      Schüchtern fliehn die jungen Hirten?

      Wen verbergen diese Myrten,

      In geheimnisvoller Nacht,

      Unter ihren leisen Blättern?

      O von tausend Liebesgöttern

      Wird der ganze Hain bewacht!

      Täubchen lassen sich hernieder,

      Huldgöttinnen singen Lieder:

      Ist es Venus? will sie hier

      In dem Silberteiche baden?

      Ihr gefälligen Dryaden,

      Einen Blick gewähret mir.

      Wollt ihr unter euren Zweigen

      Mich beschützen, mir sie zeigen?

      Ewig dank ich euch mein Glück,

      Ewig soll mein Lied euch ehren;

      Zeigt, ach!, zeiget mir Cytheren:

      O ihr Nymphen, einen Blick!

      Die Gebüsche, die sie decken,

      Hören mich. O süßes Schrecken!

      Eine Göttin unverhüllt?

      Wag’ ich es nach der zu blicken,

      Die mit Liebe, mit Entzücken

      Eine ganze Welt erfüllt?

      Darf ein Sterblicher? Es glühet

      Mars, wenn er die Reize siehet,

      Wenn ihr Busen sich empört,

      Und er nicht den Lärm des Krieges,

      Nicht den wilden Ruf des Sieges,

      Nur ein zärtlich Seufzen hört.

      O ihr Myrten, o umschließet

      Sie vor mir. Der Gürtel fließet

      Nun auf heil’gen Rasen hin.

      Schon steigt sie hinab zur Quelle,

      Schon berührt der Fuß die Welle,

      Dem in Wüsten Rosen blühn.

      Nie wird euch ein Sturm entehren,

      Ihr Gebüsche, wo Cytheren

      Der verliebte Frühling fand.

      Kommt ein Mädchen, sich zu kühlen,

      An den Teich: So wird es fühlen,

      Was kein Mädchen noch empfand.

      Friedrich Georg Jacobi

      Die Mutter

      Was fällt doch meiner Mutter ein!

      Vor Zeiten ließ sie mich allein:

      Jetzt keinen Augenblick.

      Ich geh ins Feld, ich geh in Hain,

      Gleich hör ich sie von weiten schrein:

      »Heh, Mädchen, komm zurück!«

      Wie ist der guten Mutter bang,

      Als würde mir die Zeit zu lang?

      Ja, dafür steh ich ihr.

      Ich geh da, oder dorten hin,

      Mein Thyrsis weiß schon, wo ich bin,

      Und alsdann – – spielen wir.

      Denkt sie, wenn sie nicht bei mir ist,

      Dass mir der Wolf mein Schäfchen frisst?

      Denn nie verlässt es mich.

      Ei, ja doch, das hat große Not:

      Ich glaube, Thyrsis schlüg ihn tot:

      Er liebt es mehr als ich!

      Christian Felix Weisse

      Die Unschuld

      Mutter:

      Ja, liebes Kind, bisher hab ich dich selbst bewacht:

      Nun bist du sechzehn Jahr, nun nimm dich selbst in Acht!

      Flieh aller falschen Schäfer List:

      Sie sagen dir, wie schön du bist,

      Wie sehr ihr Herz von dir entzündet ist!

      Doch darfst du ihnen niemals traun,

      Und schwören sie, auf ihren Schwur nicht baun;

      Denn wenn man ihnen nur den mind’sten Kuss erlaubt,

      So ist uns schon die Unschuld halb geraubt!

      Tochter:

      So, Mutter? gings euch so? ei warum sagtet ihr

      Mir dieses nicht schon längst: was kann ich nun dafür,

      Dass sie mir halb geraubet ist?

      Denn Damon hat mich, welche List!

      Zehnmal, ja hundertmal geküsst.

      Schön ist ‘s: o wär es doch erlaubt!

      Wie schön muss es erst sein, wenn man sie ganz uns raubt!

      Sagt Mutter, wie man ‘s macht; sonst schweig ich etwa still,

      Wenn Damon kömmt, und mir sie rauben will.

      Christian Felix Weisse

      Ein lehrreicher