Hansjürgen Blinn

Erotisches Rokoko. Literatur der Sinnlichkeit


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      Erschien mir heut im leichten Morgentraum,

      An seiner Hand ein loses braunes Mädchen;

      »Da«, sprach er, »nimm die blühende Brunette,

      Küss sie und drück sie fest in deine Arme.«

      Ich tat es, und wir sanken auf den Sofa:

      Wie schalkhaft lächelte der kleine Amor,

      Als er, gleich Wolken, die die Sonne decken,

      Den Vorhang von dem Sitz der Wollust hob.

      »Sieh her, dies ist der freudenreiche Becher,

      In den einst Bacchus bei Ariadnen

      Den Nektar goss und einen Rausch sich trank.

      Betrachte dieses lockigte Gewebe,

      Der Venus Gürtel ist von solchen Fäden,

      Betracht des Laubwerks Kunst um diesen Becher

      Und atme seine Balsamdüfte ein.

      So groß ist nicht die Kunst der heil`gen Schale,

      In welcher Hebe dort und Ganymed

      Uns Göttern des Olymp den Nektar reichen.

      Füll den Pokal, den Grazien einst schufen,

      Zu dem sie Rosen mit Granaten mischten,

      Und den die Neuheit doppelt kostbar macht.

      Füll ihn wie Zeus ihn Danaen einst füllte,

      Als er im goldnen Regen auf sie fiel,

      Und sei dabei entzückt wie Jupiter.

      Dies ist«, hier wies er seinen kleinen Zepter,

      »Der Heber, der die wundertät`gen Säfte

      Wollüstig eintrinkt und dann aus sich spritzt;

      Leg ihn nur an den Rand der Nektarschale,

      Er wird sich bald mit ihr vertraut vereinigen,

      Und weißer Schaum wird ihn und sie umzieh`n.

      Füll lang, beglückter Jüngling, Chloens Becher,

      Er öffne sich, wenn du dich durstig näherst,

      Wie Rosen, wenn sich West und Sonne nah`n,

      Und wenn du gnug aus seinem Kelch getrunken,

      Dann küss zur Stärkung Chloens vollen Busen

      Und trinke Wein aus ihrer hohlen Hand.«

      Johann Georg Scheffner

      Das Jahrfest des ersten Kusses

      Schön, wie die blühende Natur jetzt ist,

      Da sie der Frühling lächelnd grüßt,

      So schön warst Du, mein Mädchen, an dem Tage,

      Als mir Dein Kuss auf meines Kusses Frage

      Die schönste Antwort gab. – Dort schlägt die Nachtigall

      Im Weidenbusch im bachdurchschlungnen Tal:

      Ihr unnachahmlich Lied singt Freude und Entzücken

      Ins Herz, und doch dringt keiner Nachtigall Gesang

      So tief ins Herz, wie der Kuss drang.

      Verschämt, um einer Saat von Küssen auszuweichen,

      Bogst du, für mich zum größern Glück,

      Mit Mädchenheuchelei den Nacken schlau zurück –

      Doch konnten gleich den Mund die Küsse nicht erreichen,

      So fiel doch keiner auf ein undankbares Feld –

      Sie trafen in das Tal, wo Venus Courtag hält,

      Und auf die Hügel, die der Liebe Segen schwellt.

      Ein mächtiges Entzücken

      Durchschau’rte mich, als ich in deinen Blicken

      Ein ›Auch ich lieb Dich‹ schmeichelnd las.

      Ha! Mädchen, Deine Wangen blühten

      Rot, wie die Lippen, die vom Kusse glühten,

      Der Perlenreihen traf, die, wenn Dein Mund mir lacht

      Und Amor Dir ins Kinn ein Grübchen macht,

      Der Lippen Purpur sanft erheben

      Und Deinem Lächeln neue Reize geben.

      Schön ist der Mai in seinem Veilchenkranze,

      Wenn er für Grazien zum Reihentanze

      Gefilde schmückt, warm die mondhelle Nacht

      Und liederreich den Morgen macht!

      Doch himmlischer, wenn er in Mädchenbusen

      Den Keim der Liebe streut, zum Aufblühn treibt,

      Und wenn des Jünglings Aug an diesem Busen,

      So wie sein Herz gefesselt bleibt,

      Wenn er die weiße Brust dann wallen

      Und sympathetisch fühlen lehrt

      Und bei dem Brautgesang der Nachtigallen

      Des Jünglings Mut, des Mädchens Sehnsucht mehrt.

      Hör’, wie er träufeld rauscht, der Frühlingsregen,

      Sanft zittert unter ihm der Büsche neues Kleid;

      So, Mädchen, zittern Deine Locken, wenn der Segen

      Entzückender wollüst’ger Zärtlichkeit

      Das Balsammoos des Rosentals erfrischet

      Und mit dem eignen Tau des Rosentals sich mischet.

      Wenn mild der Wolken Schoß die Hügel übergießt,

      Dann wird der Rand der Täler blumenreicher

      Und auf dem Klee, der dichter sprießt,

      Ruht dann der Wanderer erquickender und weicher:

      Wenn auf den kleinen Höh’n in Deines Tales Schoß

      Der Regen Amors fällt, dann wächst das Moos

      Duftreicher, krauser um die heilge Grotte

      Und wird zum netten schatt’gen Myrtenhain,

      Wo nackte Grazien dem Liebesgotte

      Um seinen Altar Blumen streun,

      Und wo die ganze Schar, wenn sie sich satt gegaukelt,

      Und wo Cytherens loser Sohn,

      Wenn ihn in seiner Mutter Phaeton

      Die muntern Spatzen müd geschaukelt,

      Viel sanfter schläft und sich zum neuen Spiel

      Viel eh’r erholt als auf dem weichsten Atlaspfühl.

      Himmelvolle Augenblicke,

      Wenn die Sonne heitrer Blicke,

      Jüngling, Deine Adern schwellt!

      Himmelvollre, wenn der Segen

      Amors wie ein Perlenregen

      Aufs gespaltne Erdreich fällt.

      Wie aus dem tiefsten Schlaf und süß’tem Traumgesicht

      Des Jünglings Kuss sein Mädchen wecket,

      Wie dann, wenn ‘s schönste Aug halb Schlaf, halb Wollust bricht,

      Er ihr den Arm sanft um den Nacken flicht,

      Das Nachtgewand verschiebt und Schönheiten entdecket,

      Die