Rainer Homburger

Lucies Abenteuer


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Kirsten und Rolf beim Aufbau der Gestelle. Sie stellten drei Hindernisse mit der Höhe von maximal 50 Zentimeter in einem großen Kreis auf. Mehr hatte Dr. Merz nicht erlaubt. Lucie und Kirsten waren froh, überhaupt mit ihm springen zu dürfen und dachten auch nicht daran, seine Fesseln durch höhere Hindernisse zu gefährden.

      »Seid ihr fertig?«, rief Lucie.

      »Du kannst uns ruhig noch helfen«, hörte sie Kirsten antworten.

      »Ihr seid doch sowieso gleich fertig. Ich hole Ramon«, sagte Lucie und war schon wieder verschwunden. Kurze Zeit später kehrte sie mit dem Pferd zurück.

      Kirsten und Rolf saßen jetzt auf der Umzäunung der Koppel im Schatten der Halle. Beide hatten Schweißperlen auf der Stirn.

      »Abbauen darfst aber du«, sagte Kirsten verärgert.

      »Ich habe die Hindernisse aus dem rechten Schuppen geholt. Dort müsst ihr sie nachher wieder hinbringen. Wenn ihr zwei Stunden mit Ramon springen wollt, müsst ihr sie danach direkt in die Halle bringen.

      Dort werden sie ab vier Uhr gebraucht«, erklärte ihnen Rolf.

      »Ich dachte, du hilfst uns wieder beim Abbauen?« Lucie klang enttäuscht.

      »Ich muss gleich noch zum Zahnarzt. Seit gestern habe ich starke Schmerzen unten rechts. Wenn ich rechtzeitig zurück bin, helfe ich euch natürlich. Das habe ich versprochen. Doch im Moment muss ich etwas gegen meine Zahnschmerzen tun. Mir wäre es anders auch lieber. Bis später«, rief er ihnen zu. Er sprang von der Umzäunung und verschwand.

      Der Ärmste, dachte Lucie. Sie hatte unheimlichen Bammel vor dem Zahnarzt und Zahnschmerzen waren ihr ein Graus.

      »Hoffentlich schafft er es, bis vier hier zu sein.«

      Auch Kirsten hoffte auf Rolfs rechtzeitige Rückkehr. Da man die Hindernisse nicht alleine wegräumen konnte, blieb sonst diese Aufgabe wieder an ihr hängen. Dabei hatte sie doch schon beim Aufbau geholfen.

      Lucie stellte den linken Fuß in den Steigbügel und schwang gekonnt das rechte Bein über Ramons Rücken.

      Sie saß aufrecht im Sattel. Wenn man sie beobachtete, sah man gleich, dass sie nicht zum ersten Mal auf einem Pferd saß. Sie hatte das Reiten schnell gelernt und bewegte sich schon nach kurzer Zeit sicher im Sattel.

      »Darf ich nicht doch anfangen?«, bettelte Kirsten.

      »Nein, wir haben gelost und ich habe gewonnen«, gab Lucie zurück.

      Nachdem Dr. Merz den Mädchen das Springen mit Ramon erlaubt hatte, fingen sie an darüber zu diskutierten, wer zuerst mit ihm raus durfte. Sie konnten beide sehr gut reiten und jede wollte natürlich die ersten Sprünge mit ihm machen. Ramon gehörte zwar den Eltern von Kirsten, Lucie hatte aber die Patenschaft für ihn übernommen und versprochen, sich immer um ihn zu kümmern. Natürlich wurde Ramon von Kirsten und Lucie gleichermaßen geritten, er hatte aber von Anfang an ein wesentlich tieferes Verhältnis zu Lucie entwickelt als zu Kirsten.

      Da sie sich nicht einigen konnten, hatten sie schließlich gelost. Lucie hatte gewonnen und Kirsten war im ersten Moment enttäuscht gewesen. Aber das hatte sich bald wieder gelegt.

      Kirstens Eltern waren froh, jemanden wie Lucie für Ramon gefunden zu haben. Da sie ja auch noch die Mutter von Ramon besaßen, hielt sich so der Aufwand für sie in Grenzen. Und Kirsten konnte sich auch nicht immer um beide Pferde gleichermaßen kümmern.

      Kirsten öffnete den Eingang zur Koppel und Lucie ritt auf Ramon herein. Sie machte zuerst einen großen Bogen über das Gelände, indem sie bis in jede Ecke des umzäunten Bereichs ritt. Dabei variierte sie wiederholt das Tempo. Auf diese Art sollte Ramon warm werden für das Springen.

      Vor allem sollte durch das großzügige Warmreiten das Verletzungsrisiko für seine anfälligen Fesseln verringert werden.

      Kirsten saß auf der Umzäunung im Schatten. Ihr ging das Warmreiten natürlich viel zu lang. Sie konnte es kaum erwarten, selbst mit Ramon über die Hindernisse zu springen.

      Sie rutschte auf dem Holzbalken hin und her. Bei jeder Richtungsänderung, die Lucie mit Ramon machte, hoffte sie, dass sie nun endlich die Hindernisse ansteuerte.

      »Willst du nicht mal anfangen mit Springen?«, rief sie ihrer Freundin ungeduldig zu.

      »Wir sind gleich so weit.«

      Lucie beendete noch diese Runde auf der Koppel und zog dann am linken Zügel, um Ramon in einen engeren Kreis zu bringen. In den Kreis, in dem die Hindernisse aufgebaut waren.

      Kirsten hielt unbeabsichtigt die Luft an. Sie war wie Lucie gespannt, ob Ramon problemlos die Hindernisse überspringen konnte. Wegen der Höhe hatten sie keine Bedenken. Fünfzig Zentimeter waren für ein großes Tier wie Ramon kein Problem. Hoffentlich machten seine Fesseln mit.

      Lucie beschleunigte und ritt auf das erste Hindernis zu. Noch drei Schritte, zwei, eins.

      Ramon sprang, zog die Beine an und flog elegant über das Hindernis. Er kam auf den vorderen Hufen auf und ritt locker weiter.

      Kirsten atmete erleichtert aus und klatschte Beifall. »Super, Ramon, super.«

      Auch die nächsten Hindernisse meisterte Ramon problemlos.

      Lucie ritt zu Kirsten und hielt an. Kirsten streichelte ihm über der Nase und sagte: »Das hast du toll gemacht. Darf ich jetzt?«, fragte sie und sah Lucie hoffnungsvoll an.

      »Eine Runde mache ich noch, dann darfst du.«

      Lucie ritt wieder los und Ramon schaffte auch die nächste Runde ohne Probleme.

      Kirsten, die auch eine hervorragende Reiterin war, hatte ebenfalls keine Schwierigkeiten bei ihren Sprüngen und Ramon hatte sichtlich Spaß daran, im Wechsel mit den beiden Mädchen die Hindernisse zu überspringen.

      5. Kapitel

      Lucie und Kirsten nutzten die Zeit maximal aus. Es war bereits kurz vor 16 Uhr, als sie Ramon am Zaun anbanden, um noch schnell die Hindernisse abzubauen. Die Schweißperlen rannen ihnen über die Stirn, als sie die schweren Gestelle in die Halle schleppten.

      Wenn doch nur Rolf schon wieder zurück wäre, dachte Lucie. Sie war, wie Kirsten auch, bereits durch das Reiten ins Schwitzen gekommen, denn auf der Koppel standen keine Bäume. Bäume gab es nur am Rand, da dort ein größeres Waldstück begann.

      »Wo bleibt ihr denn mit den Hindernissen? Ihr wisst doch, dass wir sie jetzt brauchen.« Herr Veser war ziemlich sauer, sein Ton jedoch unangemessen ärgerlich.

      »Wir kommen ja schon«, stöhnte Kirsten und die beiden beschleunigten ihren Schritt.

      Als endlich alle Hindernisse in der Halle waren, setzten sie sich neben Ramon ins Gras.

      »Der hätte uns auch helfen können, anstatt hier nur blöd rumzumaulen.«

      Herr Veser war im Reitstall bekannt dafür, dass er meistens schlechte Laune hatte und an anderen herum maulte. Und hilfsbereit war er auch nicht besonders.

      Lucie und Kirsten gingen ihm aus dem Weg, wann immer es möglich war.

      Von weitem sahen sie Rolf, der auf seinem Fahrrad angeradelt kam.

      »Jetzt kommt er, nachdem alles abgebaut ist.«

      »Er kann doch nichts dafür.« Lucie nahm ihn in Schutz. »Die Zahnschmerzen hat er sicher nicht freiwillig bekommen, um sich vor dem Abbauen zu drücken. Und ich würde auch lieber ein paar Hindernisse wegräumen, als beim Zahnarzt zu sitzen.« Lucie fand den Kommentar von Kirsten nicht gerechtfertigt.

      »Es tut mir leid«, sagte Rolf zu den beiden Mädchen. »Es ging nicht früher.«

      Er hatte eine geschwollene Backe, die beim Sprechen wohl ziemliche Schmerzen bereitete. Immer wieder zog er die Augen zusammen, wenn er einen stechenden Schmerz in der Backe spürte.

      »Muss ja ziemlich anstrengend gewesen sein, so wie ihr ausseht. Ihr seid