Rainer Homburger

Lucies Abenteuer


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ihnen Tipps, wenn sie nicht vorankamen. Er hatte die meisten Spiele schon ausgiebig durchgespielt, um den anderen weiter helfen zu können. So blieb er im Gespräch und war immer wieder gefragt.

      »Wann bekommst du nun dein neues Handy?«, fragte ihn Peter, als er das neue Modell mit der hochauflösenden Kamera in einer Anzeige entdeckte. »Seit vier Wochen erzählst du uns davon, aber gesehen haben wir es noch nicht.«

      »Ich habe jetzt den neuen Liefertermin bekommen.« Stefans Stimme wurde leiser. »Bis übermorgen müsste es da sein.«

      »Ich bin echt mal gespannt, wie das Ding aussieht«, hörte man Klaus sagen, der gleich danach wieder in das Spiel vertieft war.

      8. Kapitel

      Oh je, was ist dir denn passiert«, begrüßte Kirsten ihre Freundin Lucie, als diese am nächsten Morgen auf dem Weg zur Schule an ihrem Treffpunkt ankam.

      »Ich kann nicht zur Party kommen am Samstag.«

      »Warum denn das? Gestern hast du doch noch zugesagt.«

      »Ich habe vergessen, dass wir am Wochenende zu meiner Oma fahren«

      »Aber du kannst doch bei mir schlafen, hast du das deinen Eltern nicht gesagt?«

      »Doch, aber darum geht es ja nicht. Oma freut sich doch besonders auf uns. Ich hab‘s ja versucht, aber es war nichts zu machen. Der Termin steht schon lange fest.«

      »Mist.« Kirsten verzog ihr Gesicht. Sie überlegte.

      »Komm, wir müssen in die Schule«, sagte Lucie in gedrückter Stimmung nach kurzer Zeit.

      Die Mädchen radelten los.

      Auf dem restlichen Weg zur Schule sprachen sie kein Wort. Sie schoben ihre Fahrräder in die Fahrradständer und gingen Richtung Eingang.

      »Hallo ihr zwei. Wisst ihr, was mir für Samstag noch eingefallen ist?« Gisi kam ihnen mit ihrer Freundin Sabine entgegen.

      »Was ist denn mit euch los?« Gisis Freude erstarrte, als sie in ihre Gesichter sah, und blickte die beiden fragend an.

      »Ich kann am Samstag leider nicht kommen«, sagte Lucie bedrückt.

      »Och nein, gestern hast du mir doch zugesagt. Ich habe mich schon so gefreut.« Gisi machte einen sichtlich enttäuschten Eindruck. Auch wenn sie bei weitem nicht so oft mit Lucie zusammen war wie Kirsten, so hatten sie doch ein super Verhältnis zueinander. Sie lachten viel in den Schulpausen, und wenn eine von ihnen eine Party oder ein Treffen organisierte, war die andere immer eingeladen.

      »Es tut mir leid, aber ich habe ganz vergessen, dass wir übers Wochenende zu meiner Oma fahren.«

      »Kannst du nicht noch einmal mit deinen Eltern reden?«

      »Hab ich schon versucht. Da ist nichts zu machen.«

      Lucie ging mit gesenktem Kopf die große, breite Treppe hoch in den ersten Stock. Sie bemerkte nicht, dass auch die anderen Schüler aus der Pause in die Klassenzimmer zurückströmten.

      Sie betrat den Klassenraum und ging durch die Bänke zu ihrem Platz, einen blöden Kommentar von Klaus nahm sie nicht wahr.

      Es dauerte bis nach der großen Pause, bis sich Lucies Stimmung wieder gebessert hatte.

      Ihre Freundinnen diskutierten in jeder freien Minute über die Party am Samstag und was sie alles dort machen wollten.

      Auch wenn Lucie nicht kommen konnte, so ließ sie sich durch die vielen Ideen der anderen mitreißen und versuchte, wenigstens auf diese Art etwas an der Party teilzunehmen.

      Stefan war heute nicht in der Schule erschienen. Da er sowieso sehr ruhig war, fiel das nicht weiter auf. Es kam öfters vor, dass Stefan fehlte. Er brachte dann zwar eine Entschuldigung seiner Eltern mit. An der Reaktion der Lehrerin aber merkte man, dass sie nicht immer glaubte, was in den Briefen stand.

      Die Klassenlehrerin nahm das dicke, blaue Klassenbuch und machte sich eine Notiz.

      »Da bin ich mal gespannt, was er diesmal für eine Entschuldigung hat«, war ihr einziger Kommentar dazu.

      9. Kapitel

      Lucie saß in ihrem Zimmer bei den Hausaufgaben, als sie das Telefon klingeln hörte. Normalerweise rannte sie gleich los, um als Erste am Apparat zu sein. Sie telefonierte unheimlich gerne und die meisten Anrufe waren sowieso für sie.

      Sie hatte sogar schon mal ihre Eltern gefragt, ob sie nicht ein eigenes Telefon bekommen könne, dann würde sie die anderen nicht so häufig stören.

      Ihr Vater hatte sich nur an den Kopf gelangt und gemeint: »Wenn du weniger telefonieren würdest, würdest du uns auch nicht so oft stören.« Damit war das Thema wieder vom Tisch.

      Heute war ihr aber nicht nach Telefonieren zu Mute. Ihre Stimmung war wieder gesunken und sie machte lustlos ihre Hausaufgaben.

      »Oh Gott.« Ihre Mutter stieß einen kurzen Schrei aus, der Lucie aufhorchen ließ.

      »Wie ist denn das passiert?«

      Lucie stand auf und ging ins Wohnzimmer. Das Telefon stand auf einem kleinen Tisch neben dem Schrank. Ihre Mutter hatte sich einen Stuhl herangezogen. Ihre Miene war erschüttert.

      Lucie wurde ganz mulmig zumute. Plötzlich hatte sie ein ungutes Gefühl im Magen.

      Als ihre Mutter den Hörer aufgelegt hatte, sagte sie nur: »Ramon wurde heute Morgen verletzt auf der Koppel gefunden.«

      Wie eine Wilde radelte Lucie zum Reitstall. Ihr T-Shirt war klatschnass. Sie achtete nicht auf Äste oder Schlaglöcher, als sie durch das Waldstück raste. Sie hatte großes Glück, dass sie nicht stürzte.

      Von weitem erkannte sie bereits das Auto des Tierarztes sowie einen Polizeiwagen.

      Beim Reitstall angekommen ließ sie ihr Fahrrad fallen und rannte hinein.

      Die Box von Ramon war leer. In der Halle war auch niemand. Sie stürzte nach draußen. Auf der Koppel neben der Halle standen einige Personen. Auf dem Boden vor ihnen lag ein Pferd.

      Als sie die Menschenmenge erreicht hatte, erkannte sie Ramon am Boden. Sein Körper war teilweise mit einer Decke zugedeckt. Der hintere Teil war blutverschmiert. Dr. Merz hatte ihm einen großen Verband angelegt. Der Verband war rot vom Blut, ebenso die Wiese neben seinem Körper.

      »Was ist passiert?«, fragte Lucie entsetzt.

      Kirstens Mutter, die ebenfalls in der Gruppe stand, legte ihr den Arm um die Schulter und wollte sie von dem verletzten Tier wegführen. Doch Lucie ließ sich nicht wegdrängen.

      Sie kniete neben Ramons Kopf nieder und streichelte ihn.

      Seine Augen blinzelten schwach. Er brauchte eine Weile, bis er sie erkannte.

      Als sie anfing, leise mit ihm zu reden, schnaubte er. Er bewegte sich, als ob er versuchen wollte aufzustehen.

      »Nicht bewegen«, sagte Lucie und sah ihm in die Augen. »Ich bin ja bei dir. Du wirst wieder gesund werden.«

      Lucie liefen Tränen über ihr Gesicht.

      Kirstens Mutter kniete sich neben sie.

      »Man hat ihn heute Morgen hier gefunden. Er war vergangene Nacht draußen auf der Koppel. Mit noch vier anderen Pferden. Wir wissen nicht, was passiert ist.«

      »Was ist mit den anderen?«

      »Die sind wohlauf und in ihren Boxen.«

      »Was geschieht jetzt mit ihm?«

      »Wir warten auf den Krankentransport. Er wird Ramon in die Stadt in die Pferdeklinik bringen, wo er operiert werden muss. Es ging ihm heute Morgen so schlecht, dass wir ihn noch nicht transportieren konnten. Dr. Merz hat seinen Zustand stabilisieren können. Es ist aber nach wie vor sehr kritisch mit ihm.«

      Lucies