Stephane Rambicourt

Der vertrocknete Walser Birnbaum und die Erben


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als plötzlich Magdalena leicht stolperte und mit einem Bein schon Richtung Abgrund rutschte. Sepp und Jacob spannten sofort das Sicherungsseil an, so dass Magdalena nicht in die Tiefe fallen konnte.

      „Magdalena, Sie missen scho aufbassen, sonst kommen mia nimma heil an“, schimpfte Sepp.

      „Ja Schatz. Sepp hat Recht. Alles in Ordnung bei dir?“ erkundigte sich Jacob.

      „Alles gut, bin nur leicht ausgerutscht. Wir können auch wieder weiter gehen“, entschuldigte sich Magdalena und schaute dabei in die Tiefe.

      „Mia kennen do net rasten und miassen weiter. In die Nacht kommen mia sowieso. Gemma“, brummte Sepp und stieg weiter den schmalen Pfad, Jacob und Magdalena im Schlepptau, Richtung Gipfel. Sie gingen eine Stunde lang vorsichtig und mit höchster Konzentration den schmalen Pfad entlang.

      „So jetzt wird’s glei no a bisserl gfährlicher. Mia missen über oane Klamm. Do giabts nur a schmale olde Hängebruck, die ziemlich wacklich is. I geh voran. Wann i drübn bin, kommen sie Magdalena langsam noch, nocher sie Jacob. Ihr derfsts net nach unten schauen. Haltets euch am Führungsseil und dem Seilgländer fest. Verstanden?“ erklärte Sepp Haderer eindringlich.

      Jacob und Magdalena nickten zustimmend mit dem Kopf.

      „Wann i rüber geh, miasts ihr mi mit dem Seil sichern. Drüben mach ich dann dös Seil fest und sicher euch so ab. Also koa Angst hamn, einfach losgehen und zu mir drüben schaun. Klar?“ sagte Sepp Haderer ernst, „seid ihr schon amol über so oane Hängebrück gangen?“

      „Nein. Aber ist das denn wirklich so gefährlich? Ist das nicht eher nur wackelig?“ lächelte Jacob.

      „Na, es isch gfährlich und wacklig. Oan falscher Schritt und es geht 100 Meter in die Tiefe“, erwiderte Sepp ernst.

      Jacob nickte lächelnd, während Magdalena die Augen ängstlich geweitet hatte.

      „Na dann los, bringen wir die Schlucht hinter uns“, sagte Jacob und gab Sepp das Zeichen weiter zu gehen.

      Wenige Minuten später erreichten sie die Hängebrücke.

      „Ich mach das Sicherungsseil klar“, sagte Sepp und begann sofort aus seinem Rucksack ein sehr langes Seil zu holen und auszulegen.

      Jacob und Magdalena gingen vorsichtig zum Beginn der Brücke und schauten in die Tiefe. Dort sahen sie einige spitz nach oben ragende Felsvorsprünge und ganz unten im Tal einen türkisgrün schimmernden Bergbach.

      Jacob fasste das Seilgeländer der Hängebrücke an und begann leicht zu rütteln; die ganze knapp 80 Meter lange Brücke schwankte bedenklich. Als Magdalena die schwankende Brücke sah, zog sie die Augenbrauen nach oben.

      „Schatz, das sieht sehr gefährlich aus. Was denkst du?“ fragte sie.

      „Sehe ich genauso. Aber Sepp hat gut vorgesorgt. Wenn du rüber gehst, schaust du auf Sepp oder nach oben, auf gar keinen Fall nach unten. Wir, Sepp und ich haben dich gut gesichert am Seil“, antwortete Jacob aufbauend.

      „Na gut. Ich wollte ja solche Wege machen. Also muss ich jetzt hier auch durch“, erwiderte Magdalena und lächelte leicht gequält.

      „Guat, i bin soweit“, rief Sepp dem Ehepaar zu, „kommts her, damit i eich anseilen kann.“

      Magdalena und Jacob gingen zu Sepp, der sofort das Seil an Magdalena und Jacob befestigte und die Knoten auf ihre Sicherheit überprüfte.

      „Also, i geh jetzt rüber. Wenn ich drüben bin, mach ich unser Führungsseil an oam Anker am Felsen fest. Wenn dös Seil sitzt, gebe ich ihnen Magdalena a Zeichen zum losgehen. Wenn ihre Frau drüben ist, warten sie auf mein Zeichen und gehen dann erscht los“, befahl Sepp sehr eindringlich.

      Jacob und Magdalena nickten zustimmend.

      „Koa Angst, kann nix passieren. Ihr seids guat abgesichert am Seil“, erklärte Sepp und ging los.

      Bevor er die Brücke betrat, schaute er an das andere Ende der Brücke, atmete kräftig ein und aus und marschierte los. In gleichmäßigen, vorsichtigen Schritten überquerte er die wackelige Brücke. Zwischendurch blieb er kurz stehen um die Schwingungen der Brücke auszugleichen. Endlich war er auf der anderen Seite angekommen. Sofort befestigte er das Sicherungsseil an einem, an der Felswand eingeschlagenen Anker und gab anschließend Magdalena das verabredete Zeichen. Magdalena ging los. Auch sie hielt kurz vor der Brücke inne, schloss ihre Augen kurz, konzentrierte sich dann auf Sepp, auf der anderen Seite, und ging gleichmäßigen Schrittes weiter. Ohne stehen zu bleiben erreichte Magdalena die andere Seite und wurde von Sepp in Empfang genommen. Als die schwankende Brücke sich ausgependelt hatte, gab Sepp auch Jacob das vereinbarte Zeichen.

      Jacob ging zur Brückenschwelle, schloss ebenfalls kurz die Augen, atmete kräftig durch, konzentrierte sich auf Sepp auf der gegenüberliegenden Brückenseite und marschierte mit festem Schritt los. Er war so sehr auf seinen Schritt und Sepp konzentriert, dass er nicht hörte wie Sepp ihm zurief, dass er langsamer gehen und auch nicht so hart auftreten solle. Plötzlich begann die Brücke heftig zu schwingen. Jacob blieb stehen und zwang sich dabei nicht in die Tiefe zu schauen. Er stellte seine Beine breit auseinander und beruhigte die Schwingungen, sodass er wenig später wieder weiter gehen konnte. Endlich hatte auch er die andere Seite erreicht und fiel seiner besorgten Frau in die Arme.

      „Wow, das war heftig“, sagte Jacob erleichtert.

      „Ich hatte ganz schön Angst um dich mein Schatz. Warum hast du nicht auf Sepp gehört, der hatte dir doch zugerufen, dass du nicht so hart auftreten sollst?“ schimpfte Magdalena trotz ihrer Erleichterung.

      „Ist ja alles gut gegangen“, lachte Sepp und machte sein Führungsseil los um anschließend sofort wieder das kurze Sicherungsseil zu befestigen.

      „So mir miassen jetzt noch kurz oane in den Fels gehauene Treppn hoch gehen, dann kommen wir wieder auf sicheres einfaches Gelände. Dort ist auch eine alte, verlassene Alm“, grinste Sepp und ging los.

      Sie stiegen in die enge Schlucht ein und kletterten die ausgewaschenen, glitschigen Stufen vorsichtig nach oben. Knapp 100 Meter später erreichten sie den Ausgang der Schlucht.

      „So, mia san jetzt obn aufm Gschirrkopf. Schauts mal dort drüben, dös olde verfallene Haus, dös ist die Vierkaser-Alm, der Berg dahinter ist der Vierkaser. Mia gehn jetzt auf direktem Weg nach Obergern runter, heuer gibt es einen normalen ausgebauten Weg. Früher war das ein Pfad durch den Wald“, lachte Sepp und marschierte los.

      „Sepp, langsam bitte. Wenn das die Vierkaseralm ist, kommt doch die Moserin von hier, von der wir dir erzählt haben“, rief Magdalena dem Wanderführer Sepp hinterher.

      „Ja. Die is von hier oben“, erklärte Sepp knapp und ging weiter.

      „Moment Sepp. Ich möchte gerne eine Erklärung“, schimpfte jetzt Magdalena.

      „Na gut. Die Moserin soll vor über hundert, hundertfünfzig Jahren in die Leutaschklamm gfalln sein, da wo mir grad drüber gangen san. Gfunden hot ma sia awer net. Die Klamm hoaßt seither Geisterklamm und der Weg den mir rauf gegangen san, is der Koboldpfad. Des hab ich aber schon vorher rausgesucht ghabt, bevor mir losgangen san. Kommts mia miassen uns jetzt beeilen“, erklärte Sepp etwas kleinlaut.

      Jacob und Magdalena schauten sich an und gingen dann dem vorauseilenden Wanderführer hinterher. In ihren Köpfen schwirrten die wirrsten Gedanken herum.

      „Schatz, denkst du das ist alles Zufall?“ fragte Magdalena verunsichert.

      „Natürlich ist das alles Quatsch, Zufall oder wie du es sonst bezeichnen willst“, lachte Jacob seine Frau an.

      „Also ich bin mir dabei nicht mehr so ganz sicher“, überlegte Magdalena.

      „Also Schatz bitte, was soll das. Das sind doch alles nur Märchen“, grinste Jacob.

      „Ja aber die Frau im Lokal und in unserem Traum?“ wandte Magdalena ein.

      „Eine Wichtigtuerin oder wahrscheinlich eher