S.C. Bauer

Wir kamen mit der Mayflower


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Ihre klei­nen Töch­ter und ihr Sohn hal­ten sie auf Trab und das Kind in ihrem Bauch macht ihr zu­sätz­lich zu schaf­fen.

      Ich er­wi­de­re ihr freund­li­ches Lä­cheln und ni­cke ihr zu.

      Su­san­nah fragt mich nach Mrs. Hop­kins. »Wie geht es vo­ran, mit dem Kind?«

      Ich zu­cke die Ach­seln. »Ach weißt du, wie im­mer. Ster­bens­lang­wei­lig und dann gro­ße Hek­tik.«

      Su­san­nah und Ma­ry Aller­ton se­hen sich viel­sa­gend an und be­gin­nen dann bei­de zu la­chen.

      »Oh war­te nur Pri­scil­la, bis du selbst Mut­ter wirst. Ich ver­spre­che dir, es ist al­les an­de­re als lang­wei­lig«, amü­siert sich Su­san­nah über mei­ne Un­erfah­ren­heit.

      Ich ver­ste­he zwar nicht ge­nau, was sie meint, aber ich stim­me fröh­lich in ihr La­chen ein.

      Mrs. Aller­tons Es­sen ist fer­tig ge­kocht und sie nimmt den Topf von der Koh­len­pfan­ne und ver­ab­schie­det sich.

      Ich hel­fe Su­san­nah da­bei die Rü­ben und den Speck für ihre Sup­pe zu schnei­den, als mein Blick plötz­lich auf eine ver­trau­te Per­son fällt. Un­weit von uns steht Cap­tain Stand­ish mit sei­ner Frau Ro­se. Sie schaut ihn wild an und re­det ges­ti­ku­lie­rend auf ihn ein. Er macht da­bei eine ver­drieß­li­che Mie­ne, hält den Kopf ge­senkt und at­met schwer.

      Ich kann die Au­gen nicht ab­wen­den von der Sze­ne. Su­san­nah folgt mei­nem Blick und stößt einen Seuf­zer des Über­drus­ses aus.

      »Pri­scil­la, gibt es kei­ne an­de­ren Män­ner?« Sie deu­tet ver­stoh­len mit dem Fin­ger auf ver­schie­de­ne Per­so­nen. »Siehst du den? Das ist Gil­bert Winslow, der smar­te Bru­der von Ed­ward Winslow. Oder den dort? So­lo­mon Pro­wer, der Stief­sohn von Mr. Mar­tin. Gut aus­se­hend und reich. Ich könn­te dir noch mehr jun­ge Män­ner auf­zäh­len. Al­le un­ver­hei­ra­tet und in dei­nem Al­ter. John How­land, John Long­mo­re, George Sou­le, Ed­ward Leis­ter und so wei­ter.«

      Sie hat sich rich­tig in Fahrt ge­re­det.

      Ich war­te ab, bis sie mit ihrer Auf­zäh­lung fer­tig ist. »Gil­bert Winslow ist ein eben­so kal­ter Fisch, wie sein Bru­der. Der jun­ge Pro­wer ist so ar­ro­gant, wie un­fä­hig, ein ver­wöhn­ter bla­sier­ter Lack­af­fe und die an­de­ren sind Die­ner, die selbst von der Gunst ihrer Her­ren ab­hän­gig sind und der­zeit we­der Frau noch Kind er­näh­ren kön­nen. Hast du sonst noch ein paar gu­te Vor­schlä­ge zur Hand oder ge­hen dir die Män­ner nun aus?«

      Ich ge­be mir kei­ne Mü­he, mei­nen Un­mut zu ver­ber­gen.

      Hin­ter Su­san­nahs Stirn arbei­tet es merk­lich, als sie fie­ber­haft über­legt, wer noch als Mann für mich in Fra­ge kä­me. Da fällt ihr Blick auf John Al­den, der mit ei­ni­gen Män­nern Vor­rä­te aus dem La­ger­raum auf das Zwi­schen­deck bringt. Sie zeigt auf ihn. »Da! Was ist mit dem? Jung, stark, freund­lich und zu­ver­läs­sig! Er hat einen or­dent­li­chen Be­ruf als Kü­fer und ver­fügt über zwei über­aus tüch­ti­ge Hän­de. So­gar ein Held ist er, seit dem letz­ten Sturm als der Mast brach. Selbst unse­re füh­ren­den Män­ner sind von ihm schwer an­ge­tan.«

      Ich muss zu­ge­ben, dass sie nicht un­recht hat. John Al­den ist ein durch­aus be­geh­rens­wer­ter Mann und ich bin über­zeugt, dass er mit sei­nen ge­schick­ten Hän­den si­cher her­vor­ra­gen­de Fäs­ser macht. Lei­der emp­fin­de ich nicht mehr für ihn, als für das See­gras, das auf dem Bug der May­flo­wer wächst.

      »Es gibt noch mehr jun­ge Mäd­chen an Bord, er wird nicht auf mich war­ten«, re­de ich mich ein we­nig lahm he­raus und schaue wie­der dort­hin, wo Mi­les und Ro­se ge­stan­den ha­ben, aber sie sind nicht mehr da.

      Su­san­nah schlägt die Hän­de zu­sam­men. »Dir ist nicht zu hel­fen, Pri­scil­la«, re­sig­niert sie kopf­schüt­telnd.

      Ich läch­le nur und zu­cke mit den Schul­tern. Ihre Sup­pe ist fer­tig und ich se­he zu, dass ich mei­ne He­rin­ge bra­te, und le­ge ein paar Zwie­beln da­zu.

      Be­vor Su­san­nah geht, fasst sie mich an der Schul­ter und sieht mich ernst an.

      »Pri­scil­la, du bist wie eine Schwes­ter für mich und dein Wohl liegt mir am Her­zen. Ich möch­te, dass du glück­lich wirst und es fällt mir schwer, zu­zu­se­hen wie du dich einer Il­lu­sion hin­gibst, die dich nicht glück­lich ma­chen wird.« Sie schaut mich treu­her­zig an.

      »Ich weiß, dass du nur mein Bes­tes im Sinn hast. Aber ich wer­de schon auf mich auf­pas­sen, mach dir kei­ne Sor­gen.«

      Sie scheint nicht wirk­lich über­zeugt, lässt es aber für den Mo­ment auf sich be­ru­hen.

      Ich den­ke über ihre Wor­te nach, wäh­rend ich in mei­ner Pfan­ne rüh­re. Mir ist gar nicht so sehr da­nach, einen Mann zu fin­den. Tat­säch­lich ha­be ich mir, be­vor ich auf die May­flo­wer kam, kaum da­rü­ber Ge­dan­ken ge­macht zu hei­ra­ten. All das schien noch in wei­ter Fer­ne zu lie­gen. Ich bin noch jung, ob­wohl es na­tür­lich Mäd­chen in mei­nem Al­ter gibt, die schon ver­hei­ra­tet sind und Kin­der ha­ben.

      Un­will­kür­lich wer­fe ich einen Blick zu John Al­den, der noch im­mer da­mit be­schäf­tigt ist, Le­bens­mit­tel zu sor­tie­ren. Als wür­de er spü­ren, dass ich ihn an­se­he, schaut er in mei­ne Rich­tung und lä­chelt mir zu. Ich läch­le zu­rück und neh­me mei­ne Pfan­ne vom Feu­er. Mein Fisch ist fer­tig und ich brin­ge das Früh­stück zu mei­nem Va­ter und den Jun­gen.

      »Du siehst aus, als hät­test du einen Frosch ver­schluckt«, meint mein Va­ter und mus­tert prü­fend mein Ge­sicht.

      Ich zu­cke die Ach­seln und ge­he mit dem rest­li­chen Fisch zu den Hop­kins. Mr. Hop­kins ist er­freut über mein Früh­stück und ich muss lä­cheln, denn er ist ein we­nig auf­ge­regt, we­gen sei­ner Frau, die noch im­mer in den We­hen liegt. »Dei­ne Mut­ter meint, es wird nicht mehr lan­ge dau­ern«, be­merkt er und ich ni­cke ver­ständ­nis­voll.

      »Seid un­be­sorgt Mr. Hop­kins, mei­ne Mut­ter ist eine er­fah­re­ne Frau. Sie weiß, was zu tun ist.«

      Mr. Hop­kins lä­chelt mich dank­bar an und ich kom­me mir sehr er­wach­sen vor. So stark und mäch­tig sich Män­ner auch füh­len, bei der Ge­burt eines Kin­des, sind sie al­le gleich ner­vös und ängst­lich.

      Mei­ne Mut­ter nimmt has­tig ei­ni­ge Bis­sen des Fi­sches. »Sie ist fast so­weit. In der nächs­ten Stun­de wird das Kind zur Welt kom­men.«

      Wie im­mer be­hält sie recht. Trotz der wid­ri­gen Um­stän­de, der Stra­pa­zen der Rei­se, der See­krank­heit und der an­de­ren un­ge­sun­den Ver­hält­nis­se, bringt Eli­za­beth Hop­kins einen kräf­ti­gen, stram­men Jun­gen zur Welt. Er schreit aus vol­ler Lun­ge und sein stol­zer Va­ter gibt ihm den Na­men Ocea­nus.

      Eli­za­beth ist er­schöpft, aber glück­lich und es geht ihr gut. Sie legt ihren klei­nen Sohn an ihre pral­len Brüs­te und er saugt sich voll und schläft un­mit­tel­bar da­nach ein. Wir säu­bern Eli­za­beth so gut wie mög­lich und sie fällt trotz des kal­ten, feuch­ten Bett­zeugs in einen tie­fen er­hol­sa­men Schlaf.

      An die­sem Abend fei­ern wir die Ge­burt des auf See ge­bo­re­nen Kin­des. Mr. Hop­kins spen­diert eine Fla­sche Bran­dy und so­gar ich neh­me ein klei­nes Glas da­von. Der un­ge­wohn­te Al­ko­hol brei­tet sich wohl­tu­end in mei­nem Ma­gen aus und ich füh­le mich ein we­nig schwum­me­rig da­von.

      Ste­phen Hop­kins ist bes­tens