Günter Müller

Roter Dünensturm am Abend


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nichts gewesen wäre meint sie dann zu mir, ich könne nun erstmal ins Bad gehen. Ohne ein weiteres Wort drehe ich mich um und verschwinde tatsächlich erstmal im Bad.

      Ich stehe vor dem Spiegel und schaue den direkt an, der mich völlig entgeistert anblickt. Was war das denn jetzt … sowas gibt’s doch gar nicht … allenfalls im Film. Ich reibe mir die Augen, lasse Wasser laufen und mache mit der nicht verbundenen Hand mein Gesicht nass. … Denkpause … Zähne putzen … wieder Denkpause … und wie geht das jetzt weiter ? Erwartet sie nun, dass ich genauso kommentarlos über sie herfalle ? … ist das versteckte Kamera oder so … ? Ich bin völlig unentschlossen. … erstmal weiter mit rasieren. Eigentlich würd ich jetzt lieber duschen. Mit dem dicken Verband geht das aber schlecht. Wenigstens aber noch Haare waschen. Das geht auch mit einer Hand. Nur die Verrenkungen mit dem Kopf unter dem Wasserhahn schmerzen wieder. Aber letztlich hab ich dann auch Shampoo in den Haaren und bekomme das auch wieder abgespült. Die aaHHaare noch ein wenig trockenrubbeln und so verlasse ich nach einiger Zeit das Bad wieder.

      Aus der Küche höre ich die Kaffeemaschine röcheln. Auch die Pfützen auf den Fliesen im Flur sind weg. Aber es ist niemand da. Erst im zweiten Anlauf bemerke ich, dass auch ihre Regenklamotten nicht mehr an der Garderobe hängen. … puh … Schonfrist … die Brötchentüte steht im Korb auf dem Tisch in der Küche. Keine Ahnung was noch fehlt. Eigentlich hatte ich alles für wenigsten zwei Tage Verpflegung mitgebracht. Der Kaffee läuft noch und so beschließe ich auf die Terrasse zu gehen um dort zu rauchen. Der Ausgang vom Wohnzimmer nach draußen ist so geschickt überdacht, dass man dort nicht nass wird sofern der Regen einigermaßen senkrecht runterkommt. Ich lasse mich auf einem der beiden unter dem Vordach stehenden Stühle nieder und ziehe genüsslich an meiner Zigarette. Die Gute ist ja nicht unhübsch … das hätten wir doch auch ein wenig normaler regeln können … hatte sie Angst zu fragen ? … aber dann das … das passt nicht. Obwohl wir gestern Abend nur Tee getrunken haben fehlt mir doch einiges. Mir ist nicht bewusst, dass sie es gestern Abend schon drauf angelegt hat. Oder ich hab’s überhaupt nicht mitbekommen … na ja … warten wir ab, was nun als nächstes passiert. Die Kaffeemaschine kündigt mit komischem Geknatter das Ende des Brühvorgangs an. So zumindest deute ich die Geräusche, die aus der Küche zu hören sind.

      Ich gehe zurück in die Küche um den Tisch zu decken und mir schon mal vorab einen Schluck Kaffee zu gönnen. Als ich die Kaffeemaschine hinter der Tür erblicke registriere ich, dass dort auch ein Zettel liegt. Ich lese : Sorry, dass ich Dich einfach so überfallen habe. Ich konnte einfach nicht anders. Nicht böse sein aber mir ist nicht nach Frühstücken. S. Ich lese den Zettel dreimal. Keine Telefonnummer … nichts weiter. Ich setze mich mit meinem Kaffee. Nun bin ich endgültig völlig durcheinander. So richtig nach Frühstück ist mir nun auch nicht mehr. Ich nehme den Kaffee mit auf die Terrasse und rauche erneut. Nach der dritten Zigarette und dem dritten Kaffee setzt auch so allmählich das rationelle Denken wieder ein. Sie war da und ist nun weg. O.k. … dass ich mich auf die Klappe gelegt habe ist letztlich meine Schuld. Nach Hilfe gefragt hab ich nicht, wobei es so herum gesehen vielleicht nicht so ganz schlecht war, dass sie grad da war. Angegraben hab ich sie auch nicht … denke ich jedenfalls … und so als Dank für die Unterstützung und Hilfe zum Essen einladen ist, denke ich, wohl nicht das ganz Verkehrte. Sie hätte da schließlich auch ganz einfach nein sagen können. Zum Nachtwache halten und zum Brötchen holen hab ich auch niemand verdonnert.

      Und frühstücken muss mit mir auch niemand wenn er/sie nicht will. Es hätte vielleicht ganz angenehm werden können. Aber das fällt nun aus. Der Geruch des frischen Kaffees und der Brötchen sorgen für ein stärker werdendes Hungergefühl. Im Stehen in der Küche belege ich nacheinander zwei Brötchen, die ich auch gleich dort verdrücke. Die dick eingepackte Hand stört. Ich springe nach draußen vor das Haus und hole aus dem Kofferraum den Verbandkasten. Da es nach wie vor regnet, nehme ich die Gummistiefel auch gleich mit. Wieder in der Küche zurück wickele ich den dicken Verband von meiner Hand ab. Vielleicht geht da ja was dünneres. Und wenn’s dann doch gar nicht geht, dann muss morgen halt doch ´nen Arzt da dran. Aber heute nach Möglichkeit nicht. Es blutet zumindest schon mal nicht mehr. Dann ist die Binde ab. Die Hand bewege ich vorerst nicht und entscheide mich für einen deutlich kleineren Verband. Den lege ich allerdings auch so an, dass sich die Handinnenseite möglichst nicht bewegen kann. Das Endergebnis sieht zumindest mal deutlich kleiner aus als vorher.

      Ich stülpe einen Latexhandschuh aus dem Verbandkasten und zusätzlich dann noch eine Plastiktüte aus der Küche darüber und beschließe das mit der Dusche nun nochmal zu probieren. Es funktioniert. Die Hand bleibt trocken und so lasse ich längere Zeit warmes Wasser auf mir herunter laufen. Eine angenehme Wärme zieht durch den ganzen Körper. Auch meine rechte Seite lässt sich schon etwas schmerzfreier bewegen. Ich verlasse die Dusche und begebe mich zurück ins Wohnzimmer. Draußen scheint nun das angekündigte Unwetter so allmählich aufzuziehen. Es regnet nun noch heftiger und der böige Wind verteilt das Wasser gleichmäßig in der Gegend. Alles grau in grau ringsherum. Ich hab die völlig verkehrten Klamotten mit … keine brauchbare Regenhose und nur Gummistiefel. Und ob meine Jacke bei dem Wetter wirklich noch wasserdicht ist wage ich zu bezweifeln. Ich würd‘ aber auch gern mal über den Deich blicken und nachsehen was da am Meer jetzt so los ist. Mit den Klamotten bin ich allerdings aber auch schon durchgeweicht bis ich den Deich erreicht habe.

      Als ich gestern kam, meine ich ein Schild gelesen zu haben, dass ein Ort weiter heute verkaufsoffener Sonntag ist. Vielleicht finde ich da was Wasserfestes. Im Auto regnet´s nicht und wenn dann doch alles zu sein sollte, komme ich halt wieder zurück. Ich ziehe mich an und fahre los. Es ist tatsächlich alles offen. Bei dem Wetter sind allerdings auch nur vereinzelt ein paar Leute unterwegs. Ich fahre langsam an den Geschäften vorbei, aber nichts sieht so wirklich danach aus, dass es außer modischer Bekleidung und Andenken irgendwo noch sowas wie den klassischen Friesennerz zu kaufen gibt. Am Ende der Einkaufsmeile befindet sich ein größerer Parkplatz, den ich dann ansteuere. In der Einfahrt zum Parkplatz steht ein Schild „Fischereiausrüstung Müller“. Ich folge dem Wegweiser über den Parkplatz auf der anderen Seite bis zu dem besagten Laden und parke dort fast direkt vor der Tür.

      Im Laden brennt Licht. Die scheinen auch geöffnet zu haben und vielleicht gibt’s hier ja was wasserdichtes. Von außen kann man durch das Schaufenster im inneren schon mal einige Ständer mit Jacken sehen. Ich betrete den Laden. Bin gleich bei ihnen, schallt eine weibliche Stimme von hinten durch den Laden. Kurz darauf erscheint eine Verkäuferin. „Sie suchen bestimmt was wasserdichtes,“ sprudelt es aus ihr hervor, bevor ich irgendetwas sagen kann. Ich grinse, „klebt an mir irgendwo ´nen Schild wo das draufsteht ?“ „Nein, aber jeder, der den Laden heute betreten hat, hatte bisher denselben Wunsch. Suchen sie etwas anderes ?“ „Nein, auch ich brauche was wasserfestes,“ grinse ich weiter. „Hier drüben haben wir alles was das Herz begehrt. In gelb, orange, rot grün, blau, schwarz, kurze Jacken, lange Jacken, Mäntel, mit und ohne Kapuze, aus dünnerem oder auch festerem Material.“ Ich bewege mich zwischen den Ständern hin und her und probiere schließlich einen schweren, langen, schwarzen Mantel mit Kapuze. Die Größe passt schon mal. „Ist der von vorn her auch einigermaßen dich ? Oder kriecht da durch den Verschluss gleich das Wasser durch ?“ will ich dann wissen. „Ich habe selber denselben und hatte die gleichen Befürchtungen.

      Ich hab‘s ausprobiert und mich direkt von vorn mit einem Schlauch anspitzen lassen. Die Frontpartie blieb auch nach längerer Zeit trocken. Den kann ich ohne rot zu werden sehr empfehlen. Das einzige ist halt – er ist vergleichsweise schwer, dafür aber auch dementsprechend auf Grund der Materialstärke sehr haltbar. Und – er wird auch bei kälteren Temperaturen kein Brett. Das Material bleibt weitestgehend geschmeidig.“ „O.k., dann soll er es sein. Haben sie auch noch was passendes an Hose dazu ?“ „In gleicher Qualität nur noch als Latzhose. Nachschub kommt erst in den nächsten Tagen.“ „Ich nehm´ die Latzhose mit dazu. Noch mehr wasserdicht geht dann kaum noch.“ grinse ich sie an. „Wir hätten da auch noch Gummistiefel und Handschuhe im Programm, die ich ihnen noch dazu mit anbieten kann.“ „Danke für das Angebot, aber damit bin ich schon versorgt.“ „O.k., soll ich ihnen die Sachen einpacken ?“ „Nein, ist nicht nötig, ich denke, die werden nicht lange ungenutzt bleiben,“ grinse ich sie an. Ich folge ihr zur Kasse und bezahle. Mit meinen neuen Errungenschaften verlasse