Sabine von der Wellen

Die Hoffnung aus dem Jenseits


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Das muss etwas zu bedeuten haben. Ich bin mir da ganz sicher und werde es herausfinden.

      Erik

      Carolin und ich stehen im Wohnzimmer und halten uns umschlungen. Das war ein blöder, unnötiger Streit. Ich hätte wissen müssen, dass sie die Pille nicht absetzen wird und ich will nicht in meiner kurzen Flitterwoche auch noch auf Sex verzichten müssen. Aber durch diesen Streit und ihre Engstirnigkeit habe ich jetzt kein schlechtes Gewissen mehr, weil ich ihr diesmal nicht nur eine Pille austauschte. In einer Woche findet unsere Hochzeit statt und ich will einfach, dass alles toll wird. Ich möchte das Gefühl haben, dass wir, wenn wir miteinander schlafen, es nicht nur zur Befriedigung tun, sondern auch mit der Gewissheit, eine Familie gründen zu wollen. Das ist doch wirklicher Zusammenhalt und Liebe! Das zeigt doch, dass man wirklich zusammengehört!

      Ich höre Carolin leise sagen: „Erik, ich habe nie gesagt, dass ich kein Kind von dir haben will. Aber wenn es passieren soll, dann, wenn die Zeit reif ist. Jetzt ist sie es noch nicht. Wir wollen doch noch so viel machen.“

      Offensichtlich spukt ihr das Thema auch noch im Kopf herum.

      „Ich weiß“, kann ich nur antworten und lasse das Thema lieber fallen. Es wird passieren, wenn es passieren soll.

      Aber dies ist der vierte Monat mit einer manipulierten Pille. Bisher war es nur eine einzige Pille gewesen, die ich gegen das Eisenpräparat austauschte. Jetzt habe ich halt die Taktzahl ein wenig erhöht.

      Mein Gewissen puscht nun doch ein wenig hoch und ich beeile mich zu sagen: „Lass uns das Ganze vergessen und nur noch daran denken, dass wir in einer Woche heiraten werden. Ich freu mich so sehr darüber und vor allem freue ich mich auf die Woche danach.“

      Carolin drängt sich aus meiner Umarmung und sieht mich verschmitzt an. „Wenn ich diesen Monat die Pille nicht mehr nehme, sagst du mir dann, wohin wir fahren?“

      Ich stutze. Ist das ihr Ernst? Soll ich meinen Überraschungseffekt gegen ihre Pille eintauschen?

      „Ja!“, sage ich wie aus der Pistole geschossen und Carolin lacht laut auf. „Ach Schatz! Nein, nein, nein. Ich lasse mich lieber überraschen.“

      Sie kann so grausam sein.

      Ich packe sie mir und hebe sie auf meine Arme. Nun bin ich froh, dass ich ihre Pille austauschte. Sie quiekt lachend und windet sich in meinen Armen, als ich sie ins Schlafzimmer trage. Dort lasse ich sie unsanft ins Bett plumpsen und schiebe mich über sie. „Fräulein Maddisheim, angehende Frau Zeiss-Clarkson, … so nicht! Ich werde ihnen beibringen, was es heißt, ihren angehenden Ehemann hinters Licht führen zu wollen.“

      Carolin grinst schelmisch und zieht mir mein T-Shirt hoch, um es mir auszuziehen.

      „Und dann auch noch so gierig!“, knurre ich und spüre, wie sehr ich sie schon wieder will. Ich freue mich so unglaublich auf diese Woche Sonne, Meer und Strand, dass ich es schon gar nicht mehr abwarten kann. Es wird unglaublich und wir werden uns den ganzen Tag lieben.

      Ich schiebe mich noch dichter auf sie und küsse sie, ihren Kopf in meine Armbeuge nehmend, damit sie mir nicht entkommen kann.

      Sie sieht mich ernst an, als ich den Kuss beende und ich werde stutzig. Ihre Augen funkeln mir entgegen, als sie flüstert: „Erik, weißt du, dass ich dich über alles liebe?“

      Ich bin von ihrer plötzlichen Liebesbekundung betroffen. Leise und meinen Blick über ihr Gesicht laufen lassend, erwidere ich: „Ich liebe dich auch. Und in einer Woche sind wir sogar verheiratet. Ein Leben lang.“

      „Ja, ein Leben lang und darüber hinaus.“

      Sie hatte schon einmal gesagt, dass uns nicht mal der Tod trennen kann. Ich finde den Gedanken unglaublich tröstlich.

      Allerdings scheint sie mit ihrer großspurigen Liebesbekundung etwas anderes bezwecken zu wollen. „Was hat dein Vater heute eigentlich damit gemeint, dass er sich gekümmert hat und du ihm nicht böse sein sollst?“, fragt sie wie nebenbei.

      Ich lasse mich zur Seite fallen, um sie nicht zu sehr mit meinem Gewicht zu belasten, behalte sie aber in meiner Armbeuge und lege meinen anderen Arm über ihren Oberkörper, als müsse ich sie festhalten. Dass sie jetzt darauf zu sprechen kommt, passt mir gar nicht.

      „Ach, ich weiß nicht genau. Es geht um Samstag und unsere Hochzeit.“

      „Was?“ Carolin sieht mich beunruhigt an. „Wie, um unsere Hochzeit?“

      „Keine Sorge. Es ist alles wie gehabt. Er hat halt nur irgendwas gedreht … wegen dem Raum. Was weiß ich. Ist mir auch egal, in welchem Raum wir heiraten. So eine Standesamtliche Trauung geht nicht lang. Du weißt doch, was der Standesbeamte sagte. Wir gehen dort hin, setzen uns, Daniel gibt ihm unsere Ringe, es werden die Namen und Daten abgeklärt, er macht seinen Spruch und wir geben uns das Jawort und fertig. Ringe anstecken, küssen, unterschreiben, Abgang“, sage ich im lapidaren Tonfall, als würde ich den Hergang von einem Drogendeal schildern.

      Carolin holt aus und wischt mir durch mein Haar, mich böse anfunkelnd. „Sooo! Mal eben auf die Schnelle! Und damit meinst du, kriegst du mich?“

      Ich schiebe mich wieder dichter an sie heran und raune: „Ich habe dich doch schon. Du warst mit mir da und hast den Termin bestätigt. Jetzt kommst du aus der Nummer nicht mehr raus.“

      Sie lacht auf. „Das will ich auch gar nicht. Es ist gut so wie es ist.“

      Das kann ich nur bestätigen.

      „Weißt du, Schatz“, raune ich leise und senke mein Gesicht in ihre Haare, damit sie mich nicht ansehen kann. „Mir geht dennoch ganz schön die Düse. Ich bin echt froh, wenn der Rummel vorbei ist und wir beide das überstanden haben und unsere Hochzeit allein weiterfeiern können.“

      „Allein weiterfeiern?“, fragt sie leise und ich spüre ihre Hand, die sich in meine Haare schiebt und mich streichelt, als müsse sie mich beruhigen oder trösten. Mir entrinnt erneut ein tiefer Seufzer, bevor ich antworte: „Ja, wenn ich endlich mit dir allein bin und uns keiner mehr beobachtet, schaut wie wir uns verhalten und aufpasst, dass wir uns nicht danebenbenehmen oder etwas schiefgeht. Meine Eltern sind so überdreht wegen der Hochzeit und planen und planen. Sie tun, als würden sie heiraten. Und deine Eltern rufen auch ständig an. Ich glaube, die sind alle voll der Meinung, das muss eine Jahrhunderthochzeit werden. Und davor habe ich ein bisschen Angst. Weil es doch unsere Hochzeit ist und eben keine Jahrhunderthochzeit.“

      Carolins Hand krault weiter durch mein Haar. „Ach Erik“, höre ich sie genauso leise antworten. „Mach dir keine Gedanken. Gerade weil es unsere Hochzeit ist, spielt es keine Rolle, ob das Auto auf dem Weg zum Standesamt stehen bleibt, ich in eine Pfütze falle, das Standesamt abbrennt oder unsere Gäste allesamt in einem Stau stecken. Das Einzige, was klappen muss, ist, dass wir beide und der Standesbeamte irgendwo zusammentreffen, er sein Sprüchlein macht und wir beide unser Ja geben können. Und unterschreiben müssen wir auch noch unbedingt. Alles andere ist egal. Ob es nun sinnflutartig regnet und wir klitschnass heiraten oder sonst was passiert … es ist nur wichtig, dass wir diese eine Sache hinbekommen. Okay? Und nur uns muss gefallen, was wir tun und niemandem sonst. Denn es ist unsere Hochzeit.“

      Ich sehe auf und in Carolins Augen. Oh Mann, sie hat recht. Und sie will nur mein Ja und ich nur ihres. Alles andere kann neben uns abbrennen oder im Sturm untergehen.

      „Und dann fahren wir mit dem Auto deiner Eltern zum Saal“, fährt sie fort. „Obwohl ich auch lieber den Mustang genommen hätte. Aber auch das spielt letztendlich keine Rolle, weil wir dann schon das Einzige getan haben, was für uns wichtig ist. Wir haben uns für immer aneinandergebunden. Und auch wenn das Essen nicht schmecken sollte: egal. Oder wenn die Band scheiße ist: egal. Das nächste wichtige, dass wir erreichen müssen, ist, dass wir pünktlich zu unserem Flieger kommen, um dem Ganzen zu entfliehen. Ah, ich habe allerdings noch eine ganz wichtige Aufgabe, die ich natürlich nicht vergeigen darf.“

      Ich sehe sie verunsichert an, weil ich nicht weiß, was sie meint. Was könnte dann