Victoria M. Castle

Joayna


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zu einem Grinsen und so sah sie, dass seine Zähne spitz waren wie Dornen. Seine Augen leuchteten rötlich, wie der Schein des Feuers.

      „Na, kleines Menschenjunges?“

      Er lächelte und wirkte nicht mehr ganz so bedrohlich, trotzdem wagte Keiheera nicht, zu antworten.

      „Du brauchst keine Angst zu haben. Ich tue dir nichts. Dir nicht.“

      Er wandte seinen Kopf wieder nach vorne und flog etwas schneller. Der Wind rauschte um Keiheeras Ohren und sie zitterte, denn der obere Teil ihres Kleides war abgerissen worden.

      „Wie ist dein Name, Menschenjunges?“, fragte der Dämon plötzlich.

      Keiheera zuckte zusammen, denn sie hatte nicht bemerkt, dass er erneut seinen Kopf zu ihr gewandt hatte.

       „Ich werde Keiheera genannt“, stotterte sie und klammerte sich noch etwas mehr an ihn.

      „Keiheera? Wie weiter?“

      Der Dämon blickte sie an. In seinen leuchtenden Augen spiegelte sich das Bild des kleinen Mädchens.

      „Ich...weiß nicht...“

      In Keiheeras Augen sammelten sich Tränen und sie schluchzte.

      „Warum weinst du?“, fragte der Dämon.

      Er blickte sie weiterhin an und flog über das Land.

      „Jo...ay...na...“, jammerte sie. „Joayna...“

      „Joayna? War das der junge Mensch, der versucht hat, dich zu retten?“, fragte er Keiheera.

      Diese nickte kurz und weinte weiter.

      „Armes kleines Menschenjunges. Du bist so jung. Und weißt noch gar nichts.“

      Aus seiner Stimme konnte man etwas Mitleid heraushören. Er drehte den Kopf wieder zurück und lies Keiheera weinen.

      Sie flogen die ganze Nacht durch, über Hügel, Felder, Wiesen, Wälder, Flüsse, Bäche und Dörfer. Als der Mond begann zu verschwinden und man die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont gleiten sah, blickte der Dämon noch einmal nach hinten.

      Keiheera war eingeschlafen.

      Die Sonne ging auf und der Dämon musste sich den Arm vor die Augen halten, um sich umsehen zu können. Sie hatten eine gebirgige Gegend erreicht, größtenteils von Wäldern und Felsen überzogen.

      Der Dämon sah sich noch einmal um und steuerte dann eine kleine Gruppe Felsen an, welche an einem Abhang neben einem Wald standen.

      Er setzte zum Landen an.

      „Was habt Ihr da?“

      Ein breitschultriger Riese mit grauer, wulstiger Haut und einigen Narben im Gesicht breitete sich vor dem Dämon auf.

      „Nichts für Euch“, antwortete dieser kühl und blickte ihm mit Arroganz entgegen.

      „Ich darf Euch nicht durchlassen ohne Genehmigung“, raunte der Riese und klang weniger gefährlich, als er aussah.

      „Lasst mich durch. Ich bringe Wichtiges“, antwortete der Dämon knapp.

      „Wieso darf ich dann nicht erfahren, was es ist?“, raunte der Riese erneut und machte keine Anstalten, sich zu bewegen.

      „Weil es weder für Euch, noch für mich ist. Und jetzt lasst mich durch.“

      Der Dämon, der die schlafende Keiheera noch immer auf dem Rücken trug, fletschte die Zähne.

      „Lasst mich durch“, knurrte er erneut und blickte die Wache, einen Schattendämon, wütend an.

      Dieser zuckte nur mit den Schultern.

      „Ihr werdet nicht weit hineinkommen, ohne preiszugeben, was Ihr mit Euch gebracht habt“, raunte die Wache erneut, trat jedoch zur Seite und ließ ihn passieren.

      „Ach, und übrigens, Fileidon.“

      Der Dämon blickte noch einmal über seine Schulter zurück zur Wache.

      „Was ist?“, knurrte er.

      „Ich freue mich, Euch wiederzusehen. Das ist gute Kunde.“

      Die Wache lächelte.

      Fileidon lockerte seine Gesichtszüge und lächelte nun wesentlich entspannter zurück.

      „Danke. Ich habe wahrhaftig gute Kunde.“

      Er verschwand grinsend hinter einer Wand von nah aneinander liegenden Felsen.

      Keiheeras Augen standen einen spaltbreit offen. Sie wagte nicht, sich zu bewegen, noch zu atmen. Die Angst, die sie überkommen hatte, lies sie nicht mehr los.

      Fileidon trat mit ihr durch das Tor aus Steinen und Keiheera musste sich bemühen, nicht laut aufzuatmen. Hinter den Steinen, verborgen vor neugierigen Blicken, war in den Fels eine Festung geschlagen worden. Sie war nicht sehr groß, erinnerte aber etwas an eine Art Palast. Neben ihnen wuchsen gewaltige Bäume aus der steinigen Erde, deren Blätter fast ein richtiges Dach über ihren Köpfen bildeten. Das Tageslicht konnte nicht richtig durchdringen und in der Art Mulde, in der sie sich befanden, war es dunkel.

      Die Sonne schien als rötlicher, heller Ball durch das Dachdickicht und hüllte so alles in rot schimmerndes Licht. Der Weg, den Fileidon mit Keiheera auf dem Arm ging, war in den Felsen geschlagen worden. In regelmäßigen Abständen standen Fackeln mit schwarzem Feuer, deren Licht flackernde Gestalten an den Stein warfen.

      Keiheera hatte Angst.

      Fileidon bewegte sich mit entschlossenen Schritten gerade auf den Palast zu. Am Boden war er mindestens so geschickt wie in der Luft.

      Immer wieder passierten sie Wachposten, alles Schattendämonen, wie Keiheera erkennen konnte. Aber keiner schenkte ihnen, wie die äußere Wache gesagt hatte, Beachtung.

      Fileidon war an der Pforte des Palastes angekommen und diskutierte kurz mit den zwei Wachposten, trat dann aber ein.

      Keiheera staunte.

      Sie befanden sich in einem langen Flur, einem Korridor. Die Wände waren alle aus Stein mit Fackeln des schwarzen Feuers. Auf dem Boden lag ein roter Teppich und die Türen, an denen sie vorbeigingen, waren allesamt schwarz. Der Gang endete in einem ebenso schwarzen Tor.

      Fileidon trat es auf und sie gingen in die Halle, überfüllt mit schwarz flackerndem Licht, mit steinernen Wänden und einer Kuppel. Auf dem Boden lag schwarzer Teppich. Fast alles in der Halle war schwarz.

      Keiheera kam es vor, als würden sie mitten in die Dunkelheit gehen.

      Sie hielt die Augen halbwegs geschlossen, um den Eindruck zu erwecken, als ob sie noch schliefe. Am Ende der Halle stand etwas, das aussah wie ein Thron.

      Fileidon näherte sich dem, Keiheera hielt die Luft an.

      Was würde mit ihr passieren?

      „Ich habe sie!“

      Fileidon verbeugte sich tief vor dem Thron.

      Keiheera schlug die Augen auf und hätte sie am liebsten wieder zugeschlagen. Aber das, was sie sah, konnte sie nicht auf ihrem Blickfeld lassen. Auf dem Thron, der aus Obsidian bestand, saß eine Gestalt, die Keiheera die Haare zu Berge stehen ließ.

      Ein Mann, alternd und doch stark gebaut.

      Es war kein Dämon, wie sie erkennen konnte. Seine Haare waren blond und leicht angegraut, seine Augen vollkommen schwarz.

      Er lächelte.

      Aber es war kein gewöhnliches Lächeln.

      Es war kalt, zugleich warm und auf eine unbestimmbare Art einfach grausam. An ihm war, wie wohl fast überall im Palast, alles schwarz.

      Er hob eine Hand und machte eine Bewegung. Tiefschwarzes Feuer erschien auf seiner Handfläche. Er stieg langsam vom Thron.

      Keiheera sah, dass er verwundet war, denn er hinkte leicht. Das Feuer noch immer in seiner Hand tragend,