Victoria M. Castle

Joayna


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bisher nur wenige Worte gewechselt hatte, doch die Furcht vor dem Schwert hielt sie davon ab.

      „Br...Bruder“, flüsterte sie leise, „was ist passiert?“

      Er trat näher auf sie zu, hielt jedoch aus Vorsicht die Waffe auf sie gerichtet.

      Er schien allein zu sein.

      „Du fragst mich was passiert ist?“, antwortete er und blieb einige Schritte von ihr entfernt stehen.

      „Bruder Bartholomäus sprach von einem...Fluch...“, flüsterte sie schluchzend und lehnte sich wieder mit dem Rücken leicht an den Baum, die Hände über ihr Gesicht legend.

      „Du weißt nichts davon?“, antwortete er mit fester Stimme und sie blickte auf, doch seine Augen verrieten Unsicherheit, nicht wissend, ob er ihr trauen konnte.

      „Wovon?“, fragte sie nun etwas lauter und hörte auf zu Weinen.

      „Es war nur ein Gerücht. Nichts über das wir uns ernsthaft Sorgen gemacht haben. Jedenfalls die meisten von uns nicht“, begann er zu erzählen.

      „Als Gabriel mit Angelos und dir vor siebzehn Jahren zu uns kam, erzählte er uns irgendwas von einem Fluch. Wir haben ihm nicht geglaubt, war doch auch er nur ein Kind gewesen. Spätestens als er vor zehn Jahren das Kloster verließ, haben wir dieses Märchen längst vergessen.“

      Lindsay hatte ihm aufmerksam gelauscht und sich die Tränen aus dem Gesicht gewischt.

      „Welches Märchen?“, fragte sie zögerlich und blickte zu ihm auf.

      „Das in dir ein Dämon schläft“, antwortete er und begegnete ihr mit einem nun deutlich festeren Blick als zuvor.

      Lindsay sah ihn entgeistert an. Ihr blieben die Worte im Hals stecken, weswegen sie ihn nur stumm anstarrte.

       Ein Dämon?

      Sie wusste, er sprach nicht vollständig die Wahrheit, denn Bruder Bartholomäus hatte davon gesprochen, dass sie vorbereitet gewesen waren. Wenn sie auch nicht verstand, wieso niemand Angelos' Tod verhindert hatte und das machte sie wütend.

      Nun erst fiel ihr auf, dass er die ganze Zeit noch immer das Schwert auf sie gerichtet hatte.

      „Wo sind die anderen?“, fragte sie, während sich ihre Augen langsam zu Schlitzen formten, auch ihre Stimme wurde nun deutlich fester.

      Doch ehe er antworten konnte, traten drei weitere Krieger aus den Bäumen hervor.

      Lindsay war sich nicht sicher, ob sie die ganze Zeit gewartet hatten, wie sie auf die Geschichte reagieren würde oder ob sie eben erst hier angetroffen waren.

      Zwei von ihnen hatten ebenfalls ihre Schwerter auf sie gerichtet, der Dritte hielt eine Fackel in der Hand. Sie kannte keinen von ihnen, doch das war nicht sonderlich verwunderlich, denn Arthargo war groß und die Krieger oftmals unterwegs. Sie blickte auf das Feuer der Fackel und legte langsam den Kopf zur Seite.

      Sie erinnerte sich an die Hitze, die sie zuvor gespürt und wie gut sie sich angefühlt hatte, als sie mit Angelos tanzte.

      „Verschwindet“, sagte sie langsam, aber ruhig und blickte zurück zu dem ersten Krieger, welcher mit ihr gesprochen hatte.

      „Das können wir nicht“, antwortete er. „Nicht nachdem, was du Angelos angetan hast.“

      Als der Name ihres Bruders fiel, verspürte sie einen heftigen Schmerz in der Brust. Es überrannte sie wie eine Lawine und sofort fühlte sie wieder die Hitze in sich aufkommen. Wie sie sich langsam vom Brustkorb aus in die einzelnen Gliedmaßen verteilte. Doch nun war sie mächtiger und nahm ihren gesamten Körper, ihren gesamten Geist in Anspruch. Sie fühlte sich innerlich verbrennen, während ihre Venen pulsierten und dennoch genoss sie dieses merkwürdig schmerzende Gefühl.

      Einer der Krieger musste die Flammen in ihren Augen erkannt haben, die erneut das Sturmgrau verdrängten, denn er trat einen Schritt zurück.

      Der zweite von ihnen allerdings war weniger ängstlich und erhob viel mehr zum Schlag sein Schwert und stieß einen Schrei aus.

      Noch bevor er auf sie zu rennen konnte, hatte sich in ihrer Hand eine Flamme gebildet, welche ihre Handfläche nicht in Brand setzte, die sie binnen Bruchteile einer Sekunde auf ihn geschleudert hatte, ohne auch nur einen Moment darüber nachzudenken, was sie da eigentlich tat.

      Er verbrannte und einen Wimpernschlag später blieb seine Asche auf dem Boden neben seinem Schwert liegen.

      Die anderen drei weiteten ihre Augen und während der eine, der die Fackel trug, sich umdrehte und davon lief, stürzten die anderen beiden mit erhobenen Schwertern auf sie zu.

      Lindsay wich dem ersten aus und trat diesem in die Seite, während sich ein zweiter Feuerball schon auf den Weg zu dem zweiten Krieger machte. Auch er verbrannte und zurück blieb nur der erste Kämpfer, der sie gefunden hatte.

      „Lauf weg“, knurrte sie zwischen ihren Zähnen hindurch und blieb keuchend stehen. Dieser schüttelte langsam den Kopf und rannte auf sie zu.

      Erneut versuchte sie, ihm auszuweichen, schaffte es jedoch nicht vollständig und das Schwert bohrte sich tief in ihren linken Oberarm.

      Lindsay fiel von der Wucht des Stoßes zu Boden und landete direkt auf der Asche des einen Kriegers. Sie blickte zu dem Schwert, das in ihrem Arm steckte und dann langsam zu dem, das neben ihr auf dem Boden lag, welches zu der Asche des Kriegers gehörte und umschloss mit den Fingern den Griff. Der Streiter hatte noch immer mit beiden Händen das Schwert umfasst und wollte es aus ihr herausziehen, als sie in diesem Moment mit einem lauten Schrei das Schwert ihm in den Bauch rammte.

      Er ließ die Waffe in ihrem Arm los, sank zu Boden und starb augenblicklich.

      Lindsay atmete heftig, doch aus ihrem Blick war jegliche Furcht gewichen. Sie ließ das Schwert, das in dem Krieger steckte, los und zog langsam das Eisen mit schmerzendem Stöhnen aus ihrem Arm. Lindsay stand auf, beugte sich zu dem Kämpfer herunter, umfasste die Scheide seines Schwertes und nahm sie ihm ab. Sie befestige sie an ihrem Gürtel, bückte sich erneut um das Schwert, dass sie aus sich heraus gezogen hatte, an seinem Mantel abzuwischen und es dann in die Scheide zu stecken.

      In der Ferne hörte sie erneut die Rufe der Mönche und drehte sich um.

      Wieder rannte sie davon.

      Diesmal verstummten die Rufe schneller als zuvor. Lindsay musste unglaublich weit gelaufen sein, denn an den Ort, an dem sie sich nun befand, erinnerte sie sich nicht mehr. Hier war sie noch nie gewesen.

      Doch die Nacht war noch nicht vorbei, als sie langsamen Schrittes an einem See in einer Waldlichtung ankam.

      Nun erst bemerkte sie einen stechenden Schmerz an ihren beiden Schulterblättern und sie fragte sich, ob die Krieger sie unbemerkte noch heftiger verletzt hatten, als sie glaubte.

      Sie versuchte, über ihre Schulter auf ihren Rücken zu blicken, doch erkannte sie kein Blut und so wandte sie vorerst den Blick erleichtert ab, um sich die Wunde an ihrem Arm anzusehen.

      Lindsay hatte viel Blut verloren und war geschwächt.

      Als sie am Rande des Sees ankam, ließ sie sich langsam auf die Knie sinken um etwas zu trinken. Doch bevor ihre Hand das Wasser berühren konnte, verlor sie die Kontrolle über ihren Körper und fiel auf den Rücken.

      Sie blickte zum Himmel, zu den Sternen, dem riesigen Vollmond und schloss langsam die Augen.

      Kapitel 2

      Als Lindsay langsam zu sich kam, vernahm sie den lieblichen Klang einer Flöte. Es war eine beruhigende, sanfte Melodie, die Lindsay sich sofort wohlfühlen ließ.

      Sie öffnete langsam die Augen und erkannte, dass sie immer noch am See in der Waldlichtung war.

      Ihr Blick fiel auf den Rücken eines jungen Mannes, der wenige Jahre älter als sie sein musste. Sein Körper war schmächtig und er hatte dunkelblonde Haare. Er trug ein weißes Leinenhemd, einen braunen Gürtel und eine beige enge Hose.

      Lindsay