Victoria M. Castle

Joayna


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leicht zusammen, doch sie tanzte unbeirrt weiter.

      „Lindsay, warte,...“, hauchte er schmerzverzerrt. „Mir wird so heiß....“

      „Es ist toll, nicht wahr? Ich habe nie gedacht, dass sich der achtzehnte Geburtstag so toll anfühlt! Ich fühle mich so stark, so frei! Oh, Angelos!“

      Wild drehte sie sich weiter im Tanze, als wäre sie berauscht. Doch Angelos ließ sie los und krümmte sich, während sie alleine weitermachte. Seine Hand lag auf seiner Brust und er keuchte heftig.

      „Linds...“, hauchte er schwach.

      Immer wilder drehte sie sich im Kreis herum, ohne dabei auf ihn zu achten, während er nun ganz auf die Knie sank.

      „Lindsay...“, keuchte er ein letztes Mal, ehe ihn seine Kräfte verließen und er zur Seite kippte.

      Lindsay hielt inne und öffnete langsam die Augen. Sie blickte ihn an und legte den Kopf zur Seite. Ihr Lächeln erstarb zunächst nicht und sie fixierte ihn für einen Moment geistesabwesend.

      Plötzlich schüttelte sie den Kopf, als würde sie einen Gedanken verdrängen wollen und ihr Lächeln verschwand.

      „Angelos?“, fragte sie leise und blinzelte ein paar Mal, als sei ihre Sicht getrübt.

      Plötzlich weiteten sich ihre Augen vor Schreck und sie lief zu ihm und ließ sich neben ihm fallen.

      „Angelos!“, schrie sie nun hysterisch und nahm ihn in die Arme. Er blickte müde zu ihr und seine Augen weiteten sich leicht für einen kurzen Augenblick.

      Er war sich nicht sicher, ob der Schwindel seinem Verstand einen Streich spielte, denn er erkannte Flammen in Lindsays Augen an der Stelle, an der sonst ihre sturmgraue Iris war.

      Er formte noch einmal ihren Namen mit seinen Lippen, war jedoch zu schwach für einen Laut und schloss anschließend die Augen.

      „Angelos!!“, rief Lindsay panisch und schüttelte ihn leicht. Tränen rannen ihr über die Wangen und sie ließ ihn vorsichtig los, ehe sie aufsprang. Mit hastigen Schritten lief sie die wenigen Meter aus dem Wald hinaus auf die Wiese und rief verzweifelt um Hilfe.

      Bruder Bartholomäus, der absichtlich aufgeblieben war, um den beiden zum Geburtstag zu gratulieren, sollten sie zurück ins Kloster kommen, hörte sie zuerst von seinem geöffneten Fenster aus. Er hastete unmittelbar aus dem Raum, den langen Flur entlang und alarmierte damit zwei weitere Brüder, die sich in ihren Zimmern befanden, ehe er die große Steintreppe hinab eilte und dabei bereits ganz außer Atem geriet. Als er durch das große, schwere Tor des Schlosses schritt, war Lindsay auch schon beinahe bei ihm angelangt.

      „Was ist passiert?“, fragte er sie.

      Sie schüttelte nur weinend den Kopf und zeigte auf die Stelle auf den nahegelegenen Wald, in dem Angelos lag.

      Er folgte ihrem Blick und verstand. Er rannte unmittelbar in den Wald, ohne auch nur weiterhin auf sie zu achten, während sie ihm etwas langsamer folgte und schließlich neben ihm ankam. Er war längst an Angelos' Seite auf den Boden gesunken und hatte seinen heiß glühenden Körper gefühlt, welcher eine ungewöhnlich hohe Temperatur zu haben schien.

      Langsam blickte er zu ihr auf und sah ihr zum ersten Mal in dieser Nacht direkt in die Augen. Sein Blick war weniger freundlich, als sie es gewohnt war.

      „Es ist also wahr. Der Fluch existiert wirklich“, sagte er mit kalter, aber ruhiger Stimme und stand auf.

      „Du hast fünf Minuten, ehe die anderen hier antreffen und deinen Bruder rächen werden. Ich habe sie bereits informiert. Sie waren auf den heutigen Tag vorbereitet, wir alle.“

      Sie blickte ihn schockiert an und legte die Hand vor den Mund, denn sie verstand nicht.

      „Was-?“, flüsterte sie und ging langsam auf ihn zu. Da hörte sie schon von der Ferne die warnenden Rufe der anderen Mönche.

      Sie blieb stehen und drehte sich zögerlich um.

      „Ich verstehe nicht ganz...“, flüsterte sie langsam, „Angelos-“

      „Wurde von dir ermordet“, vervollständigte Bruder Bartholomäus aufgebracht und sie erschrak, vor seiner kalten Stimme und seinen Worten.

      Lindsay hörte die wütenden Rufe erschreckend nahekommen und verspürte den Drang, wegzulaufen. Sie machte langsam drei Schritte rückwärts, als sie zwischen den Bäumen hindurch ein Schwert blitzen sah.

      Sie erkannte es sofort.

      Es war eines der Schwerter, welches die Mönche zur Abwehr der Dämonen benutzten, auf die Arthargo jederzeit vorbereitet war. Wenn auch sowohl Angelos, als auch Lindsay in all den Jahren, in denen sie hier gelebt hatten, nie auch nur einen Dämon zu Gesicht bekommen hatten.

      Dennoch wusste sie, die Krieger waren gut vorbereitet.

      Sie weitete die Augen, denn dieses Wissen deutete ihr Angst, und sie drehte sich um.

      Und rannte um ihr Leben.

      Die halbe Nacht war sie hindurch gerannt.

      Zuerst führte die Flucht sie nach Thagor, welches sie von ihren Einkäufen für die Mönche oftmals besucht hatte. Doch die Menschen dort wirkten nicht so freundlich, wie Lindsay es gewohnt war, wenn sie auch nur wenigen in der Nacht begegnete. Sie hatte Zuflucht bei der alten Doria gesucht, doch auch sie wirkte auf Lindsay anders, wie sie es gewohnt war. Sie sprach kein Wort mit ihr, sondern blickte sie nur abschätzend an und nickte langsam, als hätte auch sie diesen Moment erwartet.

      Von weitem hörte sie die warnenden Rufe der Krieger von Arthargo an die Bewohner des Dorfes, sie mögen in ihren Häusern bleiben und Doria wandte einen kurzen Moment den Kopf zur Seite in die Richtung, aus der die Rufe kamen. Lindsay erkannte, dass sie bereits Luft holte, um etwas zu erwidern, doch sie ließ ihr keine Zeit, erkannte augenblicklich, dass sie hier nicht mehr willkommen war und hastete geschwind aus der ihr bekannten Tür der Bäuerin und zurück auf die Straße, um unmittelbar das Dorf auf der gegensätzlichen Seite als sie gekommen war zu verlassen.

      Vor den Häusern von Thagor rannte sie den langen Pfad entlang, der sie in Richtung Norden führte. Dicht hinter ihr waren einige der Krieger, die unter den Mönchen gelebt hatten, um Arthargo vor dem Dunklen zu bewahren.

      Lindsay begriff schnell, dass sie abseits der üblichen Pfade sicherer war, und hatte längst den Weg durch den Wald vorgezogen.

      Ihre Schritte verlangsamten sich nach einer Weile, als die Rufe hinter ihr immer leiser wurden und sie machte Rast an einer kleinen Waldlichtung.

      Lindsay lehnte sich gegen einen Baum und atmete heftig, während sie sich zu Boden sinken ließ. Sie vergrub den Kopf unter ihren Händen und weinte hemmungslos.

       Das konnte nicht wahr sein.

       Hatte Bruder Bartholomäus Recht?

       Bin ich wirklich verflucht?

       Habe ich wirklich Angelos getötet?

       Angelos, meinen geliebten Bruder?

      Sie schluchzte und flüsterte leise seinen Namen, als hinter ihr im Gebüsch etwas raschelte.

      Sofort stockte ihr der Atem und sie stand auf.

      „Wer ist da?“, wisperte sie leicht panisch und versuchte, zwischen den Ästen hindurch etwas zu erkennen.

      Langsam trat einer der Brüder von Arthargo auf sie zu. Sie erkannte ihn an seinem Mantel mit dem Wappen des Klosters, an dem Schwert, das er in der Hand hielt, welches ebenfalls das Wappen von Arthargo auf der Klinge schimmernd trug. Das Wappenbild zeigte einen Halbmond, dessen linke Seite mit der Sonne zu verschmelzen schien, die hell erstrahlte, während die Seite des Mondes düster wirkte. Ein Schwert, dessen Spitze auf den Mond gerichtet war, schien beinahe bedrohlicher als die düstere Seite des Mondes.

      „Lindsay?“, fragte er zunächst noch mit ruhiger Stimme.

      Ihre