Oliver Trend

Gebrochenes Schweigen


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Stunden vergebens nach mir. Immer, wenn sie mir wieder zu nahe kamen, kroch ich tiefer unter die Trümmer. Irgendwann hörte ich sie nicht mehr und schlief erschöpft irgendwo unter dem einstmaligen Esssaal ein. Dabei träumte ich wirres Zeug, erwachte immer wieder in kalten Schweiß gebadet und döste darauf frierend sowie unruhig wieder ein.

      Keine Ahnung, wie lange ich unter dem Schutt der einstigen Iglesia del Cielo geschlafen hatte. Nach meinen Schmerzen zu urteilen, musste es sehr lange gewesen sein! Ich versuchte langsam, unter den großen Trümmern hervorzukrabbeln. Alles tat mir weh: Meine Beine, meine Arme und mein Rücken, einfach alles. Trotzdem kroch ich in Gedanken bei meinen Qualen aus dem Versteck. Mir war schlecht, ich fühlte mich hundeelend. Als ich meinen schmutzigen Kopf aus den Trümmern streckte, erstarrte ich augenblicklich zu Stein.

      Ein ausgewachsener Puma stierte mich schnurrend an, schnupperte an mir, ohne dass ich mich bewegen konnte.

      In jenem Moment schoss nur ein einziger Gedanke durch meinen Kopf: Jetzt bin ich tot!

      Aus seinem Maul, welches höchstens fünf Zentimeter von meinem Kopf entfernt war, drang ein fauliger Gestank zu mir herüber. Während ich kaum hörbar zu beten begann, leckte der Puma plötzlich über mein Gesicht.

      Ich zuckte zusammen und schreckte sofort zurück, wollte mich panisch unter die Trümmer zurückziehen. Die Worte meines Onkels hämmerten in meinen Ohren, als stünde er leibhaftig neben mir! Sie sehen niedlich aus, doch der Schein trügt, bonita! Sie sind bekannt dafür, dass sie sich in unbeobachteten Augenblicken gerne Kinder holen, um sie dann an ihre Jungen zu verfüttern!

      Da die Wildkatze mir aber nicht folgte, mir stattdessen nur nachglotzte, stockte ich mitten in der Bewegung.

      Vielleicht hat mein Onkel gelogen! Ja, vielleicht … stimmt das mit den Kindern gar nicht! Die vorangegangenen Geschehnisse flammten in mir auf: Ich nahm allen Mut zusammen. „Bist du ein Geist?“, fragte ich nach einigem Zögern mit brüchiger Stimme, ohne meinen Blick von der Großkatze zu nehmen.

      Der Puma starrte mich nur ruhig, beinahe schon bedächtig an. Er schnurrte friedlich; als es ihm mit mir zu langweilig wurde, ließ er sich auf dem Geröll nieder und leckte sein Fell.

      Irgendwo in der Nähe hörte ich Affen herumtoben. Auch den Gesang der Vögel nahm ich wieder wahr; es beruhigte mich ein klein wenig. Ich starrte noch immer gebannt auf die Raubkatze, während unzählige Gedanken mein kleines Gehirn marterten. Die Übelkeit wurde schlimmer: Ich musste mich krampfhaft übergeben. Ich würgte bittere Magensäfte herauf, die mir dabei den Rachen verätzten. Schweiß tropfte mir von der Stirn, ich konnte nicht aufhören, zu würgen. Meine aufgeschürften Hände hielten sich verkrampft an den losen Steinen fest, die sie gerade fanden. Da konnte ich plötzlich deutliche Schritte nebst meinem Würgen hören, die von hinten näher kamen, und mein Herz schlug noch schneller. Onkel Salvatore! Dachte ich so erschrocken, dass ich aufhörte, zu würgen. Ich zog mich ein wenig unter die Trümmer zurück und lauschte einem kaum hörbaren Klatschen. Die Wildkatze reagierte nicht darauf, pflegte weiter ihr Fell, als wäre niemand sonst hier.

      „Catori! Ito mi“, sprach eine männliche Stimme in einem mir fremden Akzent, und ich schrak wiederholt zusammen.

      Ich verstand kein Wort davon, wusste nicht, ob sie an mich gerichtet waren. Aber Onkel Salvatore war es nicht, glaubte ich jedenfalls, obschon der Klang der Worte fast derselbe war.

      Statt meiner schien die Großkatze die fremden Worte zu verstehen und erhob sich gemächlich von den Trümmern. Sie sperrte ihre Schnauze auf und ließ müde die Zunge herausrollen. Schließlich glotzte mich der Puma noch einmal schnurrend an, drehte sich um und verschwand aus meinem Blickfeld.

      Ich lauschte steif den sich von mir entfernenden Schritten, dem matten Klatschen, welches immer schwächer wurde. In meiner Nase kitzelte es plötzlich; ich nieste ungewollt heraus. Worauf ich lautstark den Rotz aus meinen Nasenlöchern pusten musste. Es kitzelte noch immer; ich nieste wieder und wieder. Mir wurde dabei schwindelig, mir liefen Tränen aus den zusammengekniffenen Augen. Als der Niesanfall endlich vorbei war und ich meine Augen öffnete, guckte ich in das dunkle Gesicht eines Yukpa-Indios.

      Er glotzte mich verdutzt an, ohne einen Ton von sich zu geben. Er besaß tiefliegende, dunkle Augen, ähnlich denen von General Morillias, mit einer Güte darin, wie ich sie bei Schwester Lucia gesehen hatte. Seine Lippen waren voll und fleischig, sie bewegten sich, als ich sie gebannt fixierte. „Mmmhh …, kann ich dir … helfen?“, fragte er mit etwas schleppendem Akzent, während hinter ihm der Puma auftauchte und neugierig zu mir herunterblickte. Sein Gesicht war groß, und irgendwie … flach, ebenso seine Nase. Der Indio streckte mir, nach einem Augenblick reiflichem Überlegens, helfend seine kräftigen Arme entgegen und hievte mich ohne Mühe aus den Trümmern heraus. Er achtete sehr darauf, mir dabei nicht weh zu tun.

      Der Mann war riesig! Er stellte mich behutsam auf den Schutt neben die Großkatze und verneigte sich lächelnd vor mir. Er schob seine lederne Tasche, die er umgehängt hatte, hinter seinen Rücken, während er sich noch immer vor mir verneigt hielt. Die Sonne kroch gerade über die mächtigen Steilhänge der Ostkordilleren, als er erneut zu sprechen begann: „Ischo nem Tabbenoca!“, dabei nickte er und entblößte mir seine löchrigen Zähne. Sein schwarzes, langes Haar hing ihm ins Gesicht; er schob lachend eine Strähne beiseite. Danach wies er auf den Puma neben mir und meinte ernst werdend: „Catori! Catori!“, schließlich zeigte er zum Morgenhimmel hinauf, „Catori mmmhh, pa o`hah!“

      Der Puma machte sich derweil unbekümmert daran, mein Erbrochenes zu fressen. Dabei schmatzte er zufrieden, blickte zu mir hoch und fraß weiter.

      Der Indio zog seine Stirn kraus, als er registrierte, dass ich nicht reagierte.

      „Mein Name ist Tabbenoca“, er zeigte auf den Puma, „das Catori! Catori … mmmhh heilig!“ Er beobachtete die Raubkatze einige Zeit, ehe er sich schmunzelnd dem unwirtlichen Gebirge zuwandte.

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