A. Wolkenbruch

Schmetterlinge im Kopf


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      „Ich bin Nora, Adrians Freundin.“

      „Schön, daß ihr da seid!“, sie zwinkerte Adrian zu, „Bedient euch gleich selbst bei den Getränken und dem Essen!“

      Die Klappbänke vor den Tischen waren nun fast voll besetzt. Die meisten der Besucher waren Nachbarn oder Freunde von Judith und Paul. Nora saß neben einer älteren Dame. Sie war sehr geschmackvoll gekleidet und ihre hellen Augen strahlten Nora freundlich an. „Sie sind bestimmt die Freundin von Adrian.“

      „Mhmmm“, Nora kaute gerade an einem Brötchen und nickte, um ihr Gemurmel zu unterstützen.

      „Da hat Adrian aber Glück, so hübsch und nett wie sie sind.“

      Nora hatte ihren Bissen herunter geschluckt. „Entschuldigung. ...Und danke...“ Das klang schüchtern.

      „Ich bin Pauls Mutter. Sagen sie ruhig Annegreth zu mir.“

      „Nora.“

      Sie gaben sich die Hände.

      In Anegreths Gesellschaft überkam Nora ein Gefühl von Geborgenheit. Sie betrachtete die Blumengestecke. Auf jedem der Tische stand eines. Nora musterte jenes, das vor ihr stand genauer. Die Steckmasse war geschickt mit Frauenmantelblättern abgedeckt. Darüber schoben sich locker Margariten und Ringelblumen.

      „Diese Blumengestecke sind sehr schön.“

      „Gefallen sie ihen? Das ist alles aus meinem Garten. Ich habe auch Rosen, Zinnien, Nelken...Im Laufe der Jahre sammelt sich so einiges an. Judith hat da leider nicht so viel für übrig. Aber jeder ist halt anders“,sie zwinkerte Nora zu.

      „Hallo Adrian, was machen die Bullen?“

      „Alle gesund.“

      „Nettes Mädel hast du da. Wird Zeit, daß ich wieder nach ünster gehe, hier bin ich ja bald der einzige Junggeselle“, Lars tat, als ob er schluchzte und tat, als wische er sich rnen aus einem Auge.

      „Du bist ja auch ein paar Jährchen jünger als Paul und ich“, sagte Adrian ungerührt zu Pauls kleinem Bruder. Aus den Augenwinkeln sah er, daß sein Vater bereits das siebte Schnapsglas geleert hatte. Er sah auch, wie seine Mutter sich zu seinem Vater herüber beugte und ihm etwas ins Ohr flüsterte.

      Eine sehr groß gewachsene, üppige alte Dame, eine entfernte Nachbarin, hatte sich zum vierten mal an dem Buffet bedient. Sie hatte keine Stelle des Tellers ausgespart und in der Mitte türmte sich das Fleisch auffällig hoch. Sie walzte auf ihren Platz zu, der sich neben Maria Eichhof- Dinker befand. Prustend setzte sie sich. Maria meinte die Bank knatschen zu hören. Der Teller wurde abgestellt und das volle Gesicht wandte sich Maria zu und raunte: „Was sacht man so schön? Jeder Gang macht schlank!“ Die Schweinsaugen der Fremden leuchteten und senkten sich dann gierig zum Teller hinab. „Nein, was habenwir damals gehungert“, schmatzte sie. „Ich kenne die Zeit“, antwortete Maria. Die Fremde schien die Pause lediglich zum Schlucken genutzt zu haben und lehnte sich nun vor, um in das Blickfeld Willhelms einzufallen. „Wissen sie noch“, schallte ihre Stimme über den schmalen Tisch, „Was wir damals gegessen haben?! Das kennt man heute gar nicht mehr!“ „Wollen wir die Plätze tauschen?“, bot Maria ihr an. Sie hoffte, daß ihr Mann durch die Frau etwas vom Alkohol abgelenkt würde. Die Gäste, die Kinder mitgebracht hatten, verabschiedeten sich allmählich. Judith und Paul saßen bei einem Päarchen, das zu der Gruppe gehörte, mit der sie sich regelmäßig zum Kegeln trafen. „Warum trinkst du eigentlich nur Wasser, Judith?“ „Ach, Markus... ich wollte dir schon den ganzen Abend sagen, du sollst deine Männlichkeit mal etwas effektiver einsetzen ! Dann könnten Britta und ich zusammen zur Schwangerschaftsgymnastik gehen!“ Paul zuckte deutlich zusammen. „.....Judith...“ Man konnte deutlich merken, wie schockiert er war. „Ach Paul, ich hätte es dir sowieso heute gesagt.“ Paul griff nach seiner Bierflasche und nahm einen großen Schluck. Markus stieß mit seiner Bierflasche an Pauls und nahm ebenfalls einen Schluck. „Auf uns Männer, die es mit Fassung tragen, wenn sie mal wieder etwas zuletzt erfahren.“ Judith lachte und gab Paul einen Kuss auf die Wange. Dann prostete sie Britta zu. „Auf uns Frauen, die so bezaubernd sind, daß ihnen immer wieder verziehen wird!“

      Adrian war aufgestanden um das gemietete Toilettenhäuschen aufzusuchen. Lars war aufgerückt und saß nun neben Nora. „Endlich lerne ich die Freundin von Adrian kennen! Ich bin Pauls Bruder Lars.“

      „Ich bin Nora.“

      „Hat meine Mutter sie direkt unter ihre Fittiche genommen? Das sieht ihr ähnlich“, lachte er.

      „Sieht das so aus?“ Nora lächelte und nahm noch einen Schluck Rotwein. Ihr war wohlig und heiter zumute.

      „Nein, dann hätte sie so gemacht..“, Lars nahm Nora in seine Arme und sie lachte. Adrian stand hinter ihnen. „Ihr amüsiert euch ja bestens ohne mich“, brummte er beleidigt.

      „Willst du Nora wieder ganz für dich allein haben? Schade sie war gerade so gut gelaunt.“

      „Ach, mach doch, was du willst.“ Adrians Augen funkelten wütend. Lars hob seine Hände, als wolle er beteuern, nichts Falsches getan zu haben. Da wurde Adrian von einem Nachbarn begrüßt. Es entwickelte sich ein Gespräch über Saatgut.

      Die korpulente Fremde hatte sich auf die Tanzfläche gewalzt und Willhelm hinter sich her gezogen. Der hatte einen hochroten Kopf und schwankte leicht bei jedem seiner Schritte. Seine Gespielin hielt ihn nun aber fest umklammert, so daß es- während sie ihn langsam über die Tanzfläche schob- genügte hin und wieder einen Fuß zu heben oder abzusetzen.

      Lars fragte Nora, ob sie auch tanzen wolle. Sie überlegte, ob dies eine Anspielung auf das seltsame Paar war, das dies bereits tat, oder , ober es ernst meinte. „Ich kann nicht so gut tanzen“, sagte sie mit einem Nicken in Wilhelms Richtung. Der Wein zeigt seine Wirkung, dachte sie und mußte lachen.

      „Sollen wir mal an die frische Luft gehen. Es ist bestimmt schön draußen, mild und sternenklar..“

      Nora nickte und begleitete Lars nach draußen. Lars hatte recht. Man hörte die Grillen zirpen und der Mond leuchtete klar und war fast ganz rund.

      „Es ist schön hier“, sagte sie.

      „Findest du? Ziemlich wenig los. Aber für Landwirte und Jäger ideal. Bist du Landwirt oder Jäger?“

      „Joa,...das könnte man fast sagen. Immerhin habe ich ein Frettchen und könnte damit Kaninchen jagen.“

      Lars schüttelte den Kopf „Echt?“

      „Nein, das ist zu faul dafür.“ Sie gluckste vergnügt.

      Er lachte. Nora torkelte ein wenig und Lars hakte seinen Arm um ihren Arm. „So besser? Jetzt hast du mehr Halt.“ Nora nickte und kicherte. Adrian stand plötzlich neben ihr. Seine Augen blitzten Lars wütend an. „Kannst du das nicht lassen?!“

      „Dieser netten Dame war nach einem Gespräch zumute.“ Lars war sich keiner Schuld an irgend etwas bewußt.

      So plötzlich, daß es für alle Beteiligten unwirklich und wie die Szene aus einem Drama oder Krimi wirkte, passierte das nun folgende. Adrians Faust schnellte hervor und traf Lars hart am Kinn. Der taumelte, so daß Nora, die immer noch bei ihm eingeharkt war, ihn nun zu festzuhalten versuchte. Lars hielt sich aber auf den Beinen und als ihr das bewußt wurde, zog Nora ihren Arm von dem seinigen weg. Etwas gebeugt stand Lars nun da und seinen Unterkiefer mit der einen Hand. „Bist du bescheuert?!“

      Adrian war ,selbst erschrocken über seine Tat, einen Schritt zurück getreten. „Scheiße!....Das.. das wollte ich nicht.“

      „Du bist doch sonst nicht so schlagfertig“, nuschelte Lars.

      „Mußt du ins Krankenhaus“, erkundigte sich Nora mit etwas schwerer Zunge bei ihm.

      „Das wollte ich nicht. Es tut mir leid.“ Adrian ging einen Schritt vor und streckte Lars die Hand hin. Lars nickte noch etwas benommen. „Blöde Situation.“

      „Entschuldigung, Lars.“

      Dann