Peter Padberg

Tarris


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Gebirges, die zwar nicht die schnellsten, aber dafür sehr ausdauernd und genügsam waren. Maurahs Pferd, das sie Rossa getauft hatte, war eine schwarz-weiß gescheckte Stute, die sehr heißblütig war. Obwohl Maurah sich gut mit ihr verstand, hatte sie schon einige Male ihre magischen Fähigkeiten einsetzten müssen, um Rossa zu beruhigen und um nicht abgeworfen zu werden. Fanir hatte ebenfalls eine Stute bekommen, die schwarz wie die Nacht und sehr umgänglich war. Er hatte sie Ruki getauft und sie bereitete ihm keine Probleme und schien ihn nicht nur zu mögen, sondern zu lieben. Beide Pferde wieherten, als sie Maurah und Fanir erkannten. Sie schienen sich auf den bevorstehenden Ausritt zu freuen.

      Lortir trug dunkle Reitkleidung, hatte aber wie immer auch die Weste aus gehärtetem Leder an, die an einigen Stellen mit Metall verstärkt war und durchaus in einem Schwertkampf etwas Schutz leistete. „Hallo Ihr zwei – seid Ihr bereit für unser Training?“ Er wartete keine Antwort ab. „Wir werden heute einen längeren Ritt unternehmen. Es kann sein, dass wir erst morgen oder noch später zurück sind. Holt Eure gesamte Ausrüstung und packt auch etwas Proviant ein. In einer halben Stunde reiten wir los.“ Während Lortir sich auf die Bank setzte und die Sonne genoss, lief Maurah ins Haus, um zu packen und Reitkleidung und Waffen anzulegen. Fanir schnappte sich Ruki und ritt nach Hause, um sich ebenfalls vorzubereiten.

      „Wir werden den Kaiserweg in Richtung Süden nehmen. Es ist der Anfang des Weges, der zum Vulkan Tarutos führt. Wir werden ihm folgen, bis wir die Berge verlassen haben. Ein Stück in die Ebene hinaus scheint es ein Feuer auf dem Bauernhof von Meister Brum gegeben zu haben. Unser Statthalter hat mich gebeten, dort einmal nach dem Rechten zu schauen und Meister Brum zu helfen. Deswegen kann es auch sein, dass wir länger als einen oder zwei Tage unterwegs sind. Meister Brum liefert einen großen Teil der Lebensmittel, die Hornstadt benötigt. Wir müssen daher unbedingt nachsehen, was passiert ist.

      Sie umrundeten Hornspitze und vor Ihnen begann der Kaiserweg, der sich an den Hängen des Berges ins Tal schlängelte, dann breiter wurde und zwischen einigen Bergen hindurch in die Ebene führte. Es war ein wunderbarer Morgen und Maurah und Fanir freuten sich sehr auf die Reise. Das war doch einmal etwas anderes als das ständige Training Tag aus und Tag ein. Obwohl die Sicht im Nadelwald zu Beginn des Weges durch den Dunst am Morgen noch schlecht war, kamen Sie schnell und ohne Probleme voran. Weiter in Richtung Tal nahm der Morgendunst ab und die Sonne glitzerte in Millionen von feinen Wassertropfen, die sich in der Luft des Waldes befanden. Als sie den Talboden erreicht hatten, folgten Sie dem nun breiteren Königsweg. Lortir ließ Sie mit den Schwertern während des Rittes Übungen gegen eingebildete Feinde durchführen. So verging die Zeit bis zum Mittag, während die Berge kleiner wurden.

      „Zeit für eine Pause und ein wenig Training mit dem Bogen“, meinte Lortir und führte die beiden zu einem kleinen Teich, der, umgeben von Wald und Wiesen, am Hang eines kleinen Berges lag. Aus ihm sprangen Fische, die die Mücken jagten, die über der Oberfläche flogen. „Da springt unser Mittagessen! Nehmt Eure Bögen und besorgt jedem von uns eine Forelle.“ Maurah und Fanir gingen zum Teich, während Lortir schnell und geschickt ein Feuer entfachte. „Du zuerst“, forderte Maurah Fanir heraus. Fanir nahm seinen Jagdbogen und einen Pfeil, band einen dünnen Faden, den Lortir Ihnen mitgegeben hatte an das Ende des Pfeils, spannte den Bogen und zielte lange. Mit einem Sirren raste der Pfeil auf eine Forelle zu, die gerade aus dem Wasser sprang und – flog unter ihr hindurch. „Verdammt, wie soll ich die denn treffen? Eine Angel wäre mir lieber.“ Maurah schmunzelte und sah ihn herausfordernd an. Fanir zog den Pfeil zurück und schoss erneut. Wieder vorbei. Das Schmunzeln von Maurah wurde breiter. „Ich habe Hunger. Lass es mich einmal versuchen“, sagte sie, nahm den Pfeil, legte ihn auf die Sehne ihres weißen Bogens und beobachtet den Teich. Plötzlich riss sie den Bogen hoch, spannte dabei die Sehne und fast im gleichen Moment raste der Pfeil dem Fisch entgegen. Er flog so schnell, dass er kaum zu sehen war, durchbohrte den Fisch direkt hinter dem Kopf und traf eine zweite Forelle, die ebenfalls gesprungen war. Maurah schenkte Fanir einen triumphierenden Blick. Auch den dritten Fisch erlegte Maurah in Windeseile. Das Mittagessen war gesichert. „Wie machst Du das?“, wollte Fanir wissen. „Der Bogen spricht in Gedanken zu mir. Er scheint vorher zu wissen, wann das Ziel wo ist. Gut schießen muss ich zwar trotzdem, aber es wird einfacher durch die Hilfe von meinem Bogen. Auch fliegen die Pfeile viel schneller, wenn ich es wünsche und ihm dies mitteile. Leider klappt es nicht immer. Es fühlt sich dann immer an, als wenn etwas fehlt. Glücklicher Weise passiert dies nicht oft.“ Obwohl Fanir von der magischen Verbindung wusste, die der zu seinem Schwert ähnlich war, verwunderte es ihn immer wieder von neuem, wie sicher Maurah traf. Sie hatte ihm den Bogen schon gegeben, aber er bekam die Verbindung nicht hin. Bei ihm funktionierte es nicht. Verhungern würde er nicht – er konnte den Fischen schließlich befehlen, zu ihm schwimmen, aber es grämte ihn schon ein wenig, dass Maurah Dinge konnte, die er einfach nicht hinbekam.

      Bereits vor einer halben Stunde hatten Sie ihre Mahlzeit beendet und befanden sich wieder auf dem Kaiserweg, als Lortir plötzlich stoppte und ihnen ein Zeichen gab, ebenfalls anzuhalten. Seine Hand ruhte auf seinem Schwert, als er die Umgebung genau betrachtete. Maurah und Fanir wurden unruhig, da sie nicht wussten, was passiert war. Nach kurzer Zeit entspannte sich Lortir ein wenig und wandte sich den beiden zu. „Seht Ihr dahinten die Lichtung auf der rechten Seite des Weges?“ Sie folgten seinem Blick und sahen nun sofort den Homuae, der am Rande der Lichtung im hohen Gras und im Schatten der hohen Laubbäume lag. „Ihr wartet hier! Haltet Eure Bögen bereit!“, befahl er ihnen und ritt langsam auf die Lichtung zu. Dabei beobachtete er den Waldrand – seine Hand lag noch immer auf dem Heft des Schwertes. Es war ein abgenutztes Bastardschwert, das zwar nicht so lang wie ein Zweihänder, aber doch ein gutes Stück länger als ein normales Einhandschwert war. Obwohl man ihm ansah, dass es häufig gebraucht worden war, war es in einem perfekten, sehr gefährlichen Zustand.

      Lortir schaute auf die Leiche, die wohl schon länger dort lag. Fliegen stoben zu Hunderten auf, als er sich näherte. Es war ein junger Mann, der gequält und ermordet worden war. An seiner rechten Hand waren alle Finger abgerissen worden, seine Augen fehlten und sein Körper war von Schnitten übersät. An diesen war er aber nicht gestorben. Der Grund für seinen Tod war ein Schnitt durch seine Kehle, der bis zum Rückgrat reichte. Es stank erbärmlich und die Fliegen, die sich nicht weiter um Lortir kümmerten, hatten sich bereits wieder auf der Leiche niedergelassen. Lortir winkte Fanir und Maurah zu, näher zu kommen, band sich ein Tuch vor Nase und Mund und begann, den Toten zu untersuchen. Ihm viel auf, dass der Geldbeutel noch am Gürtel der Leiche befestigt war. Auch eine Halskette mit einem goldenen Amulett lag auf seiner Brust und die Ringe waren noch an zwei Fingern der linken Hand – es war kein Raubmord. Lortir wollte sich schon wieder abwenden, da fiel sein Blick erneut auf die Ringe. Eine schreckliche Vermutung kam in Lortir hoch und um seine Vermutung zu prüfen, drehte er den Kopf der Leiche, so dass das Gesicht nach oben zeigte. „Es ist Lannar, der Knecht von Brum. Sucht die Lichtung ab, ob Ihr Spuren findet.“

      Sie untersuchten zu dritt die Lichtung und fanden einen Jagddolch und einen einfachen Bogen – Lannars Jagdwaffen. Lortir hatte einige tiefe Spuren entdeckt, die auf mehrere große Homuae hindeuteten. Sie waren aber schon zu alt, um selbst einem so erfahrenen Spurenleser wie Lortir genaueres Preis zu geben. Er wandte sich an Maurah und Fanir: „Lasst uns den Jungen begraben und dann eilig weiter gehen. Hier können wie kaum etwas herausfinden. Aber wir sollten schnell auf dem Hof nach dem Rechten sehen. Wir bedecken ihn mit Steinen.“ Als sie das Grab des Jungen bereitet und ein kurzes Gebet gesprochen hatten, wandten sich Fanir und Lortir ab, um zu den Pferden zu gehen. Maurah zögerte.

      „Wartet! Vielleicht können wir doch noch etwas herausfinden. Fanir und ich können versuchen, Kontakt zu Tieren hier in der Nähe aufzunehmen. Vielleicht können wir etwas in ihrer Erinnerung erkennen!“ In der Erinnerung von Tieren lesen? Ich glaube nicht, dass ich dies kann.“, meinte Fanir. Maurah beachtete ihn nicht, sondern setzte sich mit überkreuzten Beinen in die Mitte der Lichtung und begann, sich zu konzentrieren.

      Ihr Gesicht nahm einen abwesenden Ausdruck an und Maurah kam es so vor, als wenn ihr Verstand sich von ihrem Körper löste und sich auf die Suche nach Lebewesen machte. Als sie dies das erste Mal in Begleitung von Karameen versucht hatte, wäre sie beinahe nicht zurück in ihren Körper gekommen, jedoch hatte sie mittlerweile viele Übungsstunden