Christian Brondke

Der Gipfel


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würde. Die gesamte Korrespondenz lief über ein Handy, dass nach Angaben des Auftraggebers nicht zurückverfolgt werden konnte. Es gab keine Anrufe, sondern er bekam lediglich SMS-Nachrichten, auf die er nicht antworten durfte. Als er an diesem Morgen aufgestanden war, machte er sich zunächst einen Kaffee und schaute im Computer nach, ob die Aktion bereits begonnen hatte. Er sollte zunächst nichts anderes tun, als das Geschehen zu verfolgen und wenn es soweit war, dann würde er die Kontrolle übernehmen. Was auf seinem Computer zu sehen war, war nicht besonders spektakulär. Er konnte lediglich die Desktop-Oberfläche sehen, auf der ein paar kleine Programme abgelegt worden waren. Mehr passierte hier nicht. »Gut, ich habe noch Zeit.«, dachte er sich und ging erst einmal unter die Dusche. Das Wasser war sehr heiß, genauso wie er es mochte. Die Strahlen stellte er so ein, dass sie seinen Rücken richtig durchmassierten. Seine Muskeln taten weh, denn die Nacht auf diesem Bett war nicht das, was er normalerweise gewohnt war. Doch der Gedanke an die bevorstehende Bezahlung entschädigte ihn für diese Nacht. Nach der Dusche genoss er seinen Kaffee und setzte sich wieder zu seinem Computer. Er konnte warten. Es war ja nicht so, dass er unter Zeitdruck stand. Der Abschluss seiner Aufgabe hing von der Schnelligkeit der anderen Beteiligten ab, auch wenn diese noch keine Ahnung davon hatten, dass sie an dieser großen Sache überhaupt beteiligt waren. Er lächelte. Er dachte darüber nach, dass an diesem Tag die Welt verändert werden könnte, wenn die Leute, die die großen Entscheidungen trafen, nicht dazu bereit sein würden, ihm und den anderen zuzuhören. Und selbst wenn sie es taten. Das Ende dieses Tages war bereits festgeschrieben. Was passieren sollte, würde passieren. Die Zeit der Diskussionen und das Fällen von Entscheidungen, die keinerlei weitreichenden und vor allem ausreichenden Einfluss hatten, war vorbei. Heute würde endlich gehandelt werden. Dann blickte er auf seinen zweiten Laptop, der direkt neben dem ersten stand und schaute sich den Videostream an. Er war begeistert. Der Auftraggeber hatte es tatsächlich geschafft, seine Leute in sämtliche Bereiche, die nötig waren, einzuschleusen. »Heute schreiben wir Geschichte.«, flüsterte er leise vor sich hin. »Die Welt gehört uns.«

      6. Kapitel

       14 Stunden und 55 Minuten bis zur Ewigkeit

       Ort: Mount Weather Emergency Operations Center, Virginia Zeit: 09:35 Uhr EST

       Der Flug verlief ohne Komplikationen – wie immer. Doch auch dieses Mal kam John Todd über ein mulmiges Gefühl in der Magengegend nicht herum. Als er auf dem Hochsicherheitsgelände landete wurde er bereits erwartet. Der Helikopter landete auf dem vorgesehenen Platz und der Pilot fuhr die Turbine herunter und ließ die Rotorblätter auslaufen.

       Als die Tür von außen geöffnet wurde begrüßte die persönliche Mitarbeiterin und Beraterin in allen Belangen, Katherine Bennings ihren Vorgesetzten mit einem Handschlag und einem Lächeln im Gesicht.

       »Sir, willkommen in Mount Weather.«

       »Vielen Dank, Katherine.«, antwortete John und stieg aus dem Heli.

       »Sind die Vorbereitungen abgeschlossen?«

       »Ja, Sir. Alles ist so, wie die Planungen es vorgesehen haben. Die Sicherheitschecks sind abgeschlossen, das Sicherheitspersonal ist instruiert und auf alles vorbereitet.«

       »Sehr gut, Katherine.«, sagte John. »Wann kommen die Gäste?«

       Katherine Bennings schaute in ihren Unterlagen nach, um John Todd eine präzise Antwort geben zu können. Sie wusste, dass ihr Boss ein linear denkender Mensch war und immer großen Wert auf präzise Antworten legte. Ausflüchte und das sprichwörtliche Gerede um den heißen Brei duldete er bei niemandem.

       »Die ersten Gäste werden in circa zwei Stunden erwartet. Wir haben also noch etwas Zeit.«

       »In welcher Reihenfolge werden unsere Gäste erwartet?«

       Katherine Bennings schaute ihren Vorgesetzten verdutzt an.

       »Sir, das wissen Sie doch. Sie selbst haben erst vor wenigen Tagen angeordnet, dass die Staatschefs alle zusammen hier eintreffen und nicht jeder einzeln vorgefahren wird. Diese Anordnung wurde zu einhundert Prozent umgesetzt, auch wenn sämtliche Sicherheitsbehörden dagegen protestiert haben.«

       »Sehr gut.«

       Der Sprecher des Repräsentantenhauses nickte anerkennend und beide gingen vom Hubschrauberlandeplatz in Richtung Gebäudekomplex, wo in den nächsten drei Tagen die Konferenz stattfinden sollte. John Todd blickte sich auf dem Gelände um. Er war erst einmal in dieser Anlage gewesen und nachdem, was vor zwei Wochen geschehen war, musste diese Anlage provisorisch auf die Konferenz vorbereitet werden.

       »Mount Weather war eine gute Idee von Ihnen, Katherine. Hier gehen uns die Demonstranten nicht so auf die Nerven.«, meinte John als er die Umgebung musterte.

       »Danke, Sir. Es war die naheliegendste Entscheidung. Aufgrund des Verlustes des Präsidenten mussten wir uns kurzfristig eine Alternative einfallen lassen und Mount Weather erfüllt alle Sicherheitsvoraussetzungen von Haus aus. Es musste nichts verändert werden und das Gebiet ist weiträumig abgeriegelt.«

       »Sehr gut. Wie wird das Gebiet von außen geschützt?«

       »Das FBI hat mit mehreren hundert Agenten Stellung an den Straßen und im Wald bezogen. Jede Person, die sich in diesen Gebieten aufhält und nicht nachweisen kann, dass sie eine Zutrittsberechtigung besitzt, wird des Platzes verwiesen und mit einer Eskorte weggebracht. Natürlich kann auch das FBI keine hundertprozentige Garantie dafür übernehmen, dass es nicht zu Ausschreitungen kommen wird.«

       Mount Weather lag innerhalb eines großen Waldgebietes. Es handelte sich um eine militärische Anlage, die bereits seit den Sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts genutzt wurde und die Menschen, die hier arbeiteten, waren vierundzwanzig Stunden am Tag, an sieben Tagen in der Woche einsatzbereit und auf alles vorbereitet.

       Normalerweise war hier die Katastrophenhilfe der Vereinigten Staaten untergebracht. Doch für die nächsten drei Tage wurden hier die Regierungschefs der größten Wirtschaftsländer der Welt erwartet. Und dementsprechend war die Anspannung der Menschen, die hier arbeiteten, zu spüren.

       Doch selbst bei allen Sicherheitsvorkehrungen und allen Maßnahmen, die die Lehrbücher vorsahen, konnte niemand garantieren, dass nicht doch etwas passieren würde. Die Vergangenheit der Konferenz zeigte, dass immer etwas unvorhergesehenes passieren konnte und dass sich niemand auf alles vorbereiten kann.

       Doch womit die Gipfel-Teilnehmer an diesem Tag noch konfrontiert werden sollten, konnte nicht nur niemand rechnen, es war auch unmöglich sich im Vorfeld auf diese Bedrohung vorzubereiten, da es für den gesunden Menschenverstand unvorstellbar war, dass es jemals zu einer Bedrohung von dieser Größenordnung kommen könnte.

       Die Gefahr schlich sich auf leisen Sohlen an, doch sobald sie da war, würde sie sich in einem Ausmaß ausbreiten, gegen das niemand einen Plan ausarbeiten konnte, der das Leben der Betroffenen nicht nachhaltig prägen und verändern würde. Und betroffen sollten an diesem Tag etwa sieben Milliarden Menschen sein.

      7. Kapitel

       14 Stunden und 55 Minuten bis zur Ewigkeit

       Ort: National Aeronautics and Space Administration (NASA), Washington, D.C. Zeit: 09:35 Uhr EST – zur selben Zeit

       Als Aaron Hundley im Konferenzraum ankam, stand der Kaffee, den Mike ihm besorgt hatte, bereits auf seinem Platz. Er setzte sich und nahm einen kräftigen Schluck. Mike saß ebenfalls zusammen mit dem Leiter der Abteilung am Tisch und konzentrierte sich auf seine Arbeit.

       Beide blickte kurz auf und nickten Aaron zu, als er sich an den Tisch setzte. Danach konzentrierten sie sich wieder auf die Unterlagen, die vor ihnen auf dem Tisch lagen.

      »Guten Morgen.«, sagte Aaron und zeigte seinen beiden Kollegen damit, dass er nicht nur körperlich, sondern auch geistig anwesend war.

      »Guten Morgen, Aaron.«, sagte sein Vorgesetzter Charles Kepler. »Wie geht es Ihnen?«

      »Ich kann nicht behaupten, dass ich nicht nervös bin, Sir. Ich denke, heute entscheidet sich der Verlauf meiner weiteren Karriere,