Ana Marna

Fellträger


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gut.“

      Simon war besänftigt. Er roch keine Lüge an ihr. Sara wirkte zwar beunruhigt, aber sie befand sich in einer stressigen Situation. Da war das nichts Ungewöhnliches.

      „Trotzdem haben wir jetzt ein Problem.“

      Er wechselte einen angespannten Blick mit Max. Dieser räusperte sich.

      „Wie du ja schon vermutet hast, gibt es da so eine Regel.“

      „Keiner darf’s wissen“, murmelte Sara. Er nickte.

      „Genau. Und dummerweise wird diese Regel sehr ernst genommen.“

      Er stockte und sah wieder hilfesuchend zu Simon. Sara entging seine Unsicherheit nicht und langsam glaubte sie, dass sie ein weiteres Mal Glück hatte. Die beiden Männer, die da nackt auf ihrer Sitzgarnitur hockten, wirkten auf sie nicht wie reißende Bestien, die mordlüstern über jeden Menschen herfielen. Und selbst in Wolfsgestalt waren beide nicht unbedingt furchterregend gewesen. Ob die gängigen Erzählungen über Werwölfe bezüglich Aggressivität, Blutrünstigkeit und Mordlust wahr waren? Im Moment hatte sie nicht den Eindruck und das erleichterte sie enorm. Die Wölfe rochen das sofort, und Simon gab ein unwilliges Knurren von sich.

      „Sara, nimm das bitte ernst! Wir beide hier sind dir ... äh ... wohlgesonnen. Aber das gilt nicht für andere unserer Art. Die Regel ist ernst. Todernst! Wissende Menschen müssen sterben! Das mag brutal erscheinen, ist aber der beste Schutz, den wir gegen die Menschen haben. Wenn wir dem Rudel von dir erzählen, werden sie dich töten. Und Max und ich können dich nicht davor schützen. Wir sind keine Kämpfer.“

      „Und wenn ihr einfach nicht’s von mir erzählt?“, wagte Sara vorzuschlagen.

      Wieder wechselten die Männer einen Blick. Dieses Mal redete Max weiter.

      „Das haben wir uns auch schon überlegt. Aber das geht nur, wenn du auch wirklich den Mund hältst. Falls jemals bekannt wird, dass du redest, werden unsere Leute nicht nur dich umlegen. Simon und ich gehen damit ein sehr hohes Risiko ein. Zum einen vertrauen wir dir die Sicherheit unserer Gattung an und zum anderen auch unsere eigene.“

      Sara hörte durchaus, dass er nicht „würde“ sagte, und trotz seiner Warnung durchströmte sie wieder Erleichterung.

      „Ich verspreche euch hoch und heilig, dass ich keinem Menschen auch nur ein Sterbenswort von euch erzählen werde“, versicherte sie ernst. Dass sie es ehrlich meinte, verströmte sie mit jeder Pore ihres Körpers, und die beiden Wölfe entspannten sich merklich.

      Einige Zeit herrschte Schweigen. Dann grinste Max plötzlich.

      „Tja, also wenn das geklärt ist, könnten wir den Rest der Nacht doch eigentlich noch nutzen.“

      Sara stöhnte sofort auf.

      „Das meinst du nicht im Ernst! Ich brauche zumindest ein bisschen Schlaf. Morgen muss ich mich etwa dreissig kleinen Monstern stellen, da brauche ich jede Energiereserve, die ich nur kriegen kann.“

      Max erhob sich und langte über den Tisch nach ihr. Da Sara versuchte, ihm auszuweichen, erwischte er nur den Ärmel ihres Bademantels. Den hielt er aber fest. Sara gelang es, aus dem Mantel zu schlüpfen und landete bei ihrem Fluchtversuch direkt in Simons Armen.

      „Keine Sorge, meine Hübsche“, brummte er in ihr Ohr, und presste ihren nackten Körper an sich. „Wir schenken dir so viel Energie, dass du den Rest der Woche locker durchstehst.“

      Und als Maxs Hände sich von hinten über ihre Brüste legten und sein Unterleib sich an ihr rieb, war Sara völlig klar, dass sie in dieser Nacht keine Chance mehr auf Schlaf haben würde.

      In den nächsten Wochen stellte Sara fest, dass „ihre“ Werwölfe mehr als anhänglich waren. Zwar kamen sie nicht täglich vorbei, doch einmal in der Woche stand mindestens einer von ihnen auf der Türschwelle, und der Grund war schlicht und ergreifend: Sex. Noch nie in ihrem Leben hatte sie so oft und intensiv Sex mit Männern ausgeübt. Erst recht nicht mit zweien gleichzeitig. Die beiden forderten ihr einiges ab, aber zu ihrer eigenen Überraschung gefiel es ihr. Nie hatte sie das Gefühl, dass sie zu etwas gezwungen wurde, und ihre anfängliche Furcht war schnell verflogen. Zwar erzählten sie ihr wenig von sich selbst und von ihrer Lebensweise, doch das störte sie nicht weiter. Allerdings war da noch die Sorge schwanger zu werden. Sie wusste nicht, ob Werwölfe und Menschen kompatibel waren, aber sie war nicht unbedingt scharf darauf es herauszufinden. Nach reiflicher Überlegung ließ sie sich eine Hormonspirale legen und hoffte, dass dies für ihren Vampir akzeptabel war. Die Wölfe schien es jedenfalls nicht zu stören.

      Verwundert stellte sie nach besagten Wochen fest, dass sie sich noch nie so ausgeglichen gefühlt hatte, wie jetzt. Selbst bei ihrer Arbeit mit den Kindern war sie geduldiger als sonst. Vielleicht hatte Lydia doch recht, und ihr hatte nur ausreichend Sex gefehlt?

      Einzig ihre Träume verursachten ihr noch Kummer. Immer öfter wachte sie nachts mit Herzrasen und dem Geruch nach Wolf in der Nase auf, und häufig klangen in ihr Bilder von tätowierten Armen und grünen Pupillen nach. Sie war sich ziemlich sicher, dass diese Augen nicht zu Simon oder Max gehörten, auch wenn sie sich sehr ähnlich waren.

      Sie wirkten lange nicht so freundlich.

      9. Freitag, 26. Juli 2013

       Nähe Huntsville, Texas

      Dass nicht nur Träume ein Problem für Sara waren, wurde ihr klar, als sie plötzlich unerwarteten, aber längst überfälligen Besuch erhielt.

      Es war schon einige Tage her seit dem letzten Vorbeikommen der Wölfe, so dass Sara beim Erklingen der Türglocke darauf gefasst war, die beiden vor sich zu sehen.

      Mit Robert Tellerond hatte sie nicht gerechnet. Ihn hatte sie in der letzten Zeit völlig aus ihrem Gedächtnis verdrängt. Um so größer war ihr Schreck, als er vor ihr stand und sie mit einem konzentrierten Gesichtsausdruck betrachtete.

      „Süße Sara“, meinte er schließlich. „Ich glaube tatsächlich, ich habe dich zu sehr vernachlässigt. Es sieht ganz so aus, als hättest du mir einiges zu erzählen.“

      Sara fand ihre Sprache erst wieder, als sie auf dem burgunderfarbenen Sofa sass. Robert Tellerond hatte ohne Rücksicht auf die Etikette direkt vor ihr auf dem Couchtisch Platz genommen und hielt ihre Hände in den seinen. Das vermittelte ihr nicht kein beruhigendes Gefühl - eher im Gegenteil.

      „Also?“

      Die Aufforderung klang sanft, doch Sara hörte die leise Warnung, die in ihr mitschwang, durchaus.

      „Äh, also, ich weiß nicht genau, was Sie meinen ...“, stammelte sie. Der Druck auf ihre Hände erhöhte sich.

      „Sara“, warnte Robert, „keine Spielchen. Du hast etwas an dir, das geradezu nach einer Erklärung schreit. Und wenn du mich nicht überzeugst, dann ist unsere Vereinbarung hinfällig!“

      Saras anfängliches Zögern löste sich sofort in Nichts auf. Diese Drohung konnte sie nicht ignorieren.

      Stockend erzählte sie von ihrer neuesten Bekanntschaft und zu ihrer Erleichterung wirkte der Vampir vor ihr nicht wütend, sondern eher erheitert.

      „Sieh an, sieh an, da hat das Wolfsmädchen ja doch noch seine Bestimmung gefunden.“

      Sara blinzelte irritiert. Wieso nannte er sie Wolfsmädchen?

      „Ich bin kein Wolf“, wagte sie einzuwenden. Robert lächelte.

      „Tatsächlich? Bist du dir da sicher?“ Er beugte sich vor und küsste ihre Lippen. „Süße Sara, glaube mir, du hast mehr von einem Wolf in dir als so manche Wolfsfrau. - Doch jetzt zu Wichtigerem. Hast du ihnen von mir erzählt?“

      Ihr war klar, dass die Frage eher rhetorisch gemeint war. Trotzdem schüttelte sie heftig den Kopf.

      „Gut, und das wird so bleiben!“

      Seine