Ana Marna

Fellträger


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und vergrub wieder sein Gesicht in den blonden Locken.

      Simon stieß grollend den Atem aus und betrachtete die Frau vor ihm.

      Sie war ausgesprochen hübsch. Seine Nase verriet ihm ihre Anspannung und ihre Angst.

      Irritiert horchte er in sich hinein. Sie fürchtete sich – zweifellos – aber überraschend wenig.

      Dafür, dass ihr offenbar bewusst war, wer oder besser, was vor ihr stand, wirkte sie erstaunlich gefasst.

      Außerdem war da noch etwas anderes. Irgendetwas an ihr roch seltsam. Es war schwach, aber wahrnehmbar. Aber vor allem duftete sie umwerfend gut.

      Er hockte sich vor ihr nieder, und sie erwiderte gefasst seinen Blick.

      „Wissen Sie, wir haben da jetzt ein kleines Problem.“

      „Ach“, Sara schluckte. „Lassen Sie mich raten. Da gibt’s wahrscheinlich so eine Art Gesetz. Nach dem Motto – keiner soll’s wissen.“

      „So ist es“, nickte Simon und überlegte, wie erstaunt er jetzt sein müsste.

      „Scheiße, Simon.“ Maxs Stimme klang ärgerlich. „Sie hat mir den Pelz gerettet.“

      „Zweifellos“, bestätigte Simon trocken und ließ Saras Mienenspiel nicht aus den Augen.

      Diese fragte sich, wie hoch die Wahrscheinlichkeit war, dass ihretwegen drei nichtmenschliche Kreaturen dieses dämliche Gesetz brachen. Sie kam zu keinem beruhigenden Ergebnis.

      Ob sie von Robert erzählen sollte? Aber der war in diesem Punkt mehr als deutlich gewesen.

      Simons Augen hielten ihren Blick weiterhin fest, als wollte er ihre Gedanken lesen.

      „Was sollen wir jetzt nur mit ihr machen?“

      Seine Stimme war nicht unfreundlich, was Sara ein wenig hoffen ließ.

      „Also wir könnten ja erstmal ganz entspannt was trinken“, schlug sie vor. „Was ... äh … ist denn bei euch so angesagt?“

      Simon grinste bereitwillig.

      „Oh, ein Bier wäre nicht schlecht.“

      Sie versuchte, sich hochzustemmen, aber Maxs Hände ließen es nicht zu.

      „Er soll’s selber holen“, knurrte er. Dann zog er sie halb hoch und zerrte ihr ungeduldig den Bademantel vom Leib.

      Simon sah interessiert zu, wie sein Freund über die Frau herfiel.

      Maxs Erregung war für ihn deutlich zu riechen – und ansteckend. Der nackte Frauenkörper war so verlockend nah und verströmte in zunehmendem Maße betörende Duftstoffe aus.

      Sara kam sich vor wie in einem Traum. Ihre Sinne waren vernebelt von den Gerüchen und Geräuschen, der Erregung, die über sie zusammenschlug. Schon einer dieser Männer war überwältigend, aber als sich plötzlich auch Simon an sie drängte, verlor sie völlig die Kontrolle über sich.

      Es ging nicht nur ihr so.

      Die beiden Männer verfielen in einen wilden Rausch, der kein Ende zu nehmen schien.

      Als Sara wieder in der Lage war, klar zu denken, lag sie auf dem Boden, unter und über sich Arme und Beine.

      Ächzend schob sie die schweren Gliedmaßen von sich und richtete sich auf.

      Aufgewühlt sah sie auf die beiden Männer herunter, die mit geschlossen Augen und ineinander verknäuelt am Boden lagen.

      Dann seufzte sie leise und tappte ins Badezimmer.

      Zwei Augenpaare folgten ihr unter halbgeschlossenen Lidern.

      Kurze Zeit später drangen Duschgeräusche aus dem Bad.

      Simon schob seinen Freund zur Seite, so dass er sich aufrichten konnte, und hockte sich in einen der burgunderfarbenen Sessel.

      „Wir haben da ein verdammt großes Problem!“

      Max folgte seinem Beispiel und nahm auf der Couch Platz.

      „Ich weiß“, seufzte er. „Aber ehrlich. Das war alles andere als geplant.“

      „Schon klar, aber was machen wir jetzt mit ihr?“

      „Ich hab keine Ahnung“, gab Max zu. „Ich weiß ja, dass wir sie zumindest dem Rudel melden müßten, aber ... ach verdammt, ich will nicht, dass ihr etwas passiert. Frag mich nicht wieso, aber das geht mir dermaßen gegen den Strich, dass es beinahe wehtut.“

      Simon betrachtete seinen Freund mit einer Spur Mitleid. Aber er verstand ihn genau. Diese Frau war etwas Besonderes, auch wenn er nicht erfassen konnte, woran das lag. Klar war, dass sie verdammt gut roch. Irgendwie nach Wolf, obwohl sie eindeutig keiner war. Und genauso wie Max verspürte er den deutlichen Drang, sie zu beschützen.

      „Sie wirkte nicht wirklich überrascht über die Existenz von Werwölfen“, meinte er nachdenklich. „Zumindest war sie erstaunlich cool. Ob sie schon wissend war?“

      Max zuckte die Schultern.

      „Kann ich nicht sagen, aber sie roch erschrocken, als sie mich in Menschengestalt sah. Damit gerechnet hat sie nicht unbedingt. Obwohl ...“ Er überlegte. „Na ja, als ich als Wolf vor ihr stand, hat sie, glaub ich, sofort gerafft, dass ich kein gewöhnliches Tier war. Zumindest hat sie mich nicht so angesprochen.“

      „Das sollten wir auf jeden Fall klären!“

      „Und dann?“

      Simon schloss die Augen und lauschte auf die Geräusche, die aus dem Badezimmer drangen.

      „Wir müssen ihr klar machen, dass es sehr ungesund für sie enden wird, wenn sie mit anderen über Wölfe quatscht.“

      „Na toll, und wie willst du das anstellen? Drohst du ihr, sie zu zerreißen?“, spottete Max. „Ehrlich Simon, ich bezweifle, dass du das überzeugend rüberbringst. Keiner von uns hat jemals einen Menschen angegriffen, und ich für meinen Teil habe das auch nicht vor.“

      „Das weiß sie aber nicht“, beharrte Simon. „Außerdem will ich ihr nicht vor uns Angst machen, sondern vor den anderen. Womit ich ja auch nicht falsch liege. Die Ältesten weisen einen ja ständig darauf hin, dass Wissende sterben müssen.“

      Die Tür klapperte und Sara trat ins Zimmer, eingehüllt in ihren Bademantel. Als sie die Männer nackt vor sich sitzend sah, blieb sie stehen. Keine Frage, der Anblick war beeindruckend. Beide Männer waren muskulös, gut gebaut und wirkten auf Sara ausgesprochen anziehend. Zu ihrer eigenen Überraschung empfand sie die ungewöhnlich ausgeprägte Körperbehaarung der beiden sogar als attraktiv.

      Langsam trat sie zu dem leeren zweiten Sessel und ließ sich darauf nieder. Zwei grüne Augenpaare fixierten sie.

      „Du wirst uns was erklären müssen“, begann Simon. Sara ahnte, was da kommen würde. Schon unter der Dusche hatte sie sich eine Erklärungsstrategie zurechtgelegt.

      „Und was?“, fragte sie, ohne ihre Besorgnis zu verstecken.

      „Wie es kommt, dass du nicht überrascht über unsere Existenz bist. So cool wie du reagiert niemand, der vorher keine Ahnung hatte!“

      Sara schluckte. Sie hatte also richtig vermutet.

      „Na ja“, meinte sie zögernd. „Da war vor einigen Monaten so ein Kerl bei mir. Der hat behauptet, dass er übernatürliche Geschöpfe jagt, und er hat mir einiges über Hexen, Vampire und Werwölfe erzählt. Eigentlich hab ich ja gedacht, das wäre ein Spinner, aber was er da so erzählt hat, war irgendwie ziemlich überzeugend.“

      „Wer war der Kerl und wo ist er jetzt?“ hakte Simon alarmiert nach.

      „Äh, der hieß Nils Bogart oder so, aber ich glaube, er ist tot.“

      „Glaubst oder weißt du’s?“

      „Äh, ich weiß es. In der Zeitung stand da so ein Artikel. Irgendjemand hat ihn wohl getötet. Die Polizei hielt