Michaela Santowski

Ohne dich


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einfallen lassen.“

      „Weißt du, dass ich dich gar nicht gefragt habe, ob du eine Beziehung hast?“

      „Ja, ist mir aufgefallen.“ Sie versuchte gleichzeitig zu telefonieren und sich die Jacke auszuziehen, da ihr mit einem Mal doch sehr warm wurde. Susanne und Tanja beobachteten das Schauspiel immer noch staunend.

      „Das liegt allerdings nur daran, dass ich davon ausgehe, dass eine so tolle Frau wie du wahrscheinlich nicht mehr alleine ist.“

      Beatrix schwieg erst mal.

      „Allerdings hast du mir ohne zu zögern deine Telefonnummer gegeben“, stellte Patrick weiter fest.

      „Ja, aber nicht meine Adresse. Das schließt aus, dass du einfach so vor der Tür stehen kannst.“

      Sie hörte Patrick wieder auflachen.

      „Das habe ich wohl mal wieder verdient.“

      „Es war jedenfalls eine gute Vorlage von dir.“ Endlich hatte Bea ihre Jacke ausziehen können und schmiss sie vor sich auf den Boden.

      „Bist du im Moment in einer Beziehung?“, fragte Patrick ernst.

      Bea überlegte einen Moment lang, ob sie einen Freund erfinden sollte. Andererseits, was sollte das bringen? Um sich vor den Gefühlen zu Patrick zu schützen, war es ein bisschen zu spät. Und sie war sich ziemlich sicher, dass Patrick sie durchschauen würde. Sie konnte noch nie gut lügen. Und das war erst recht peinlich.

      „Nein“, gab sie ehrlich zu. „Als Stewardess ist es sehr schwer, Beziehungen gebührend zu pflegen. Die meisten Männer brauchen eine Frau, die abends und an den Wochenenden regelmäßig zuhause ist. Und die Männer, die das nicht brauchen, sind meistens Piloten. Und darüber haben wir uns ja schon unterhalten.“

      „Beatrix. Du bist wirklich einmalig. Ich muss jetzt leider los. Ich würde mich sehr freuen, wenn du mir eine E-Mail schicken würdest, damit ich deine Email-Adresse habe. Meine steht auf der Karte, die ich dir gegeben habe. Dann kann ich dir demnächst meine Flugdetails zukommen lassen. Ich muss bald nach Hamburg. Und da fliege ich über Frankfurt. Vielleicht ist der Transfer lang genug, dass wir uns kurz sehen können.“

      Beatrix, die plötzlich heftiges Herzklopfen bekam, antwortete mit zittriger Stimme: „Das wäre schön. Ich werde dir eine Mail schicken.“

      „Bis hoffentlich bald.“ Mit diesen Worten legte er auf.

      „Er hat tatsächlich angerufen“, sagte Bea erstaunt, während auch sie den Hörer langsam auf die Gabel zurücklegte.

      „Erde an Beatrix. Hier stehen zwei Mitbewohner von dir, die absolut keine Ahnung haben, was dir in den letzten 72 Stunden so widerfahren ist. Und die dir deswegen auch nicht wirklich folgen können.“

      „Er hat angerufen“, wiederholte sie als hätte Susanne nichts gesagt.

      „Das sagtest du schon. Aber wer genau ist denn dieser Patrick? Und wieso ruft er aus Chicago an? Und warum hast du deinen Koffer fallen lassen und bist wie von der Tarantel gestochen ans Telefon gerast? Und wo wir grade beim Fragen sind: wo zum Geier hast du seit gestern gesteckt?“

      Bea blickte ihre zwei Freundinnen an. „Patrick ist der Mann meines Lebens. Und ich muss jetzt erst mal dringend um die Ecke, sonst mache ich mir in die Hose. Ich muss schon seit ich von Sven weggefahren bin.“

      „Tanja, kannst du mir sagen, was hier passiert?“

      „Susanne. Wenn du mit 27 Jahren noch nicht weißt, was Beatrix meint, wenn sie sagt, dass sie um die Ecke muss, dann möchte ich nicht wissen, wie du das die letzten 27 Jahre erledigt hast.“

      „Blöde Kuh. Du weißt genau, was ich meinte.“

      „Und du weißt genau, dass ich mindestens so ratlos bin wie du.“

      „Es muss auf jeden Fall was ernstes sein. Sonst wäre sie nicht gestern zu Sven gefahren und heute erst wiedergekommen.“

      „Das war echt dringend“, sagte Bea als sie wieder ins Wohnzimmer kam.

      „Nachdem du das jetzt erledigt hast, kommen wir nochmal auf die Stelle mit dem Mann deines Lebens zurück.“

      „Ich schlage euch folgenden Deal vor: ich packe erst mal meinen Koffer aus und ziehe mir was anderes an. In der Zwischenzeit könntet ihr uns was zu Trinken hinstellen, mir aber bitte nichts alkoholisches, und ich erzähle euch dann in aller Ruhe wie traumhaft Chicago war.“

      „Na gut. Dann gedulden wir uns eben noch etwas.“

      Eine Viertelstunde später setzten sie sich zusammen in die Küche und Bea berichtete. Als sie geendet hatte, sagte Tanja: „Wow. So habe ich dich wirklich noch nie erlebt. Mein ganzes Weltbild bricht zusammen. Du warst immer so vernünftig und realistisch. Nicht so wie Susanne, die das Wort Chaos erfunden hat.“

      „Hey!“ Susanne warf Tanja einen wütenden Blick zu. „Ich würde es nicht Chaos nennen.“

      „Sondern?“ fragte diese herausfordernd.

      „Das Leben genießen.“

      Tanja lachte spöttisch auf.

      „Und er hat tatsächlich eine Freundin?“ fragte Susi an Bea gewandt und Tanja ignorierend.

      „Ja, ich habe sie selber gesehen. Sie ist das absolute Gegenteil von mir. Sie ist groß, blond und hat lange Haare.“

      „Lass einfach auf dich zukommen, was immer nun auch passieren wird.“ Tanja nahm einen Schluck von ihrem Latte Macchiato.

      „Was ist denn das für eine bekloppte Aussage?! So was kann auch nur von einer Studentin kommen“, regte Susanne sich auf.

      „Ach ja? Und was soll Bea sonst machen? Sich den Kopf darüber zerbrechen, was wäre wenn? Ist doch Blödsinn.“

      „Im Grunde hat Tanja tatsächlich recht“, mischte Bea sich ein. „Ich kann gar nichts tun. Meinen Verstand habe ich eh schon ausgeschaltet. Insofern bin ich nicht mehr in der Lage mir zu überlegen, was wäre wenn. Also kann ich nur hier sitzen, Emails schreiben und auf einen Anruf von ihm warten.“

      „Und ihn uns vorstellen, wenn er in Frankfurt ist. Den Mann, der dich so durcheinander bringt, dass du deinen Verstand völlig abschaltest, würde ich tatsächlich sehr gerne kennenlernen.“ Tanja grinste schelmisch.

      „Dem kann ich mich nur anschließen“, warf Susanne ein.

      „Wer weiß, wann er mal wieder hier ist“, sagte Bea leise. „Und dann wahrscheinlich auch nur für ein paar Stunden, die lediglich für einen Kaffee am Flughafen reichen.“

      „Wenn er doch ursprünglich aus Deutschland kommt, dann hat er doch bestimmt auch noch Familie hier.“

      „Das habe ich ihn gar nicht gefragt“, sagte Bea erstaunt.

      „Was?! Das hätte eines der ersten Dinge sein soll, die du ihn fragst. Dann kommt er nämlich bestimmt drei bis vier Mal im Jahr für ein bis zwei Tage hierher.“

      „Hi, hi, du warst wohl wirklich völlig durch den Wind“, meinte Susanne und nahm sich eine Weintraube.

      „Das habt ihr nun schon oft genug festgestellt.“ Bea stand auf und ging in der Küche auf und ab. Irgendwie war sie unruhig.

      „Ich finde es schön, dass du dich verliebt hast.“

      „Hallo, hast du nicht zugehört? Er hat eine Freundin.“ Sie blieb stehen und warf Susi einen bösen Blick zu.

      „Und?“ fragte Susanne.

      „Klar, dass du damit keine Probleme hast“, stellte Tanja fest. „Sehen wir ja an Andy. Aber Bea will sich nicht nur amüsieren. Wie du schon richtig bemerkt hast, spielt da in so kurzer Zeit sehr viel Gefühl mit rein.“

      „So habe ich das ja auch gar nicht gemeint. Bea ist sowieso nicht der Typ, der sich just for fun auf einen Mann einlassen würde. Nein, ich sehe das ganz anders. Patrick hat seiner Freundin