Michaela Santowski

Ohne dich


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zurück nach Frankfurt genug würde laufen müssen.

      „Alleine für die Fahrt in dem Fahrstuhl würde sich der Tower schon lohnen“, sagte Bea begeistert als sie aus diesem trat. Die 96 Stockwerke hatte er in Null Komma Nix zurückgelegt.

      Patrick schmunzelte. „Ja, das begeistert die Damen, denen ich Chicago zeige, immer am meisten.“

      „So?! Und ich dachte, ich sei die einzige, die in den Genuss dieser besonderen Stadtführung gekommen ist.“

      „Das bist du ja auch. Aber mein Ego lässt nicht zu, dass ich das zugebe.“

      „Verstehe. Dann bin ich jetzt mal total erbost, weil ich anscheinend nur eine von vielen bin.“

      „Das ist lieb von dir. Mein Ego dankt es.“

      Sie betraten die Bar. Bea war überwältigt von dem Anblick. Ganz Chicago lag ihr sozusagen zu Füßen.

      „Gigantisch“, brachte sie schwärmerisch hervor.

      „Wäre schön, wenn du mich auch mal so anschauen würdest wie du die Stadt anschaust.“

      „Hör auf damit.“ Sie knuffte ihn in die Seite. „Das würde deiner Freundin bestimmt nicht gefallen.“

      „Bestimmt nicht, aber sie ist im Moment nicht hier.“

      „Ach so, so einer bist du also“, sagte sie gespielt böse. „Kaum ist deine Freundin nicht in der Nähe, verdrehst du harmlosen Flugbegleiterinnen den Kopf, um sie dann eiskalt im Regen stehen zu lassen.“

      „Nein“, entgegnete er plötzlich sehr ernst werdend. „Es gibt Situationen im Leben, denen bin auch ich völlig hilflos ausgeliefert. Und dazu zählt unter anderem, dass plötzlich eine wahnsinnig faszinierende Frau in mein Leben tritt, die mich dazu bringt nicht mehr an Melanie zu denken. Und ich weiß nicht genau, wo das hinführen soll.“

      „Na ja, erst mal an den Tisch dort drüber, der grade frei wird“, versuchte Bea das Gespräch wieder auf die lockerere Ebene zu bringen.

      Patrick seufzte und folgte ihr. Als der Kellner kam, bestellten sie zwei Kaffee. Bea entspannte sich etwas. Mit der Andeutung von Patrick konnte sie absolut nicht umgehen. Normalerweise wäre sie auf so eine Aussage eingegangen und hätte abgewartet, wo das ganze hinführt. Doch nach weiteren drei Stunden mit ihm, merkte sie, dass sie bereits ihr Herz an ihn gehängt hatte. Und das würde er ihr mit Sicherheit brechen. Also riskierte sie lieber nichts. In folge dessen plätscherte das Gespräch nun so vor sich hin bis es Zeit war, ins Hotel zurückzukehren. Patrick besorgte wieder ein Taxi, da Bea nach einem Blick auf ihre Uhr feststellte, dass sie ziemlich spät dran war. Als sie vor dem Hotel aus dem Taxi stieg, waren auch schon ein paar Kollegen in Uniform dort.

      „Bea. Jetzt musst du dich aber ranhalten, wenn du noch rechtzeitig umgezogen sein willst“, rief ihre Kollegin ihr zu.

      „Keine Panik. Ich schaffe das schon. Ich bin eine von der schnellen Sorte.“

      Patrick begleitete sie bis zum Fahrstuhl.

      „Es war ein sehr schöner Morgen mit dir. Vielen Dank“, sagte sie, während sie auf den Knopf für den Fahrstuhl drückte.

      „Beatrix.“ Er blickte sie an. „Im Flugzeug war diese nervige Blondine, die du gekonnt ausgetrickst hast. Erinnerst du dich?“

      „Selbstverständlich.“

      „Ich hoffe, du hast auch registriert, dass ich ihr nicht meine Karte gegeben habe, sondern mir ihre habe geben lassen.“

      „Ja, auch das ist mir aufgefallen. Ich hätte gerne mit deiner Karte vor ihrer völlig überpuderten Nase rumgewedelt.“

      Er lächelte bei der Vorstellung. „Ich möchte damit auch nur ausdrücken, dass du wirklich etwas Besonderes bist und dass ich nicht jeder Frau Chicago zeige.“

      „Ich weiß. Das hatte ich auch nie angenommen.“

      „Wäre es dann zu viel verlangt, wenn ich dich um deine Telefonnummer bitten würde. Ich bin ab und zu in Frankfurt. Vielleicht könnten wir uns dort mal sehen.“

      Beatrix wollte eigentlich ablehnen. Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Aber als sie in seine Augen blickte, holte sie tatsächlich einen Stift aus ihrer Handtasche und schrieb ihm ihre Nummer auf. Der Fahrstuhl kam und sie reichte ihm die Hand.

      „Nochmal vielen Dank. Jetzt verstehe ich, warum du Chicago so schön findest.“

      „Vielleicht kann ich dir irgendwann mal das Nachtleben zeigen. Das macht die Stadt noch interessanter als sie sowieso schon ist.“

      Er zog sie in seine Arme, hielt sie kurz fest und gab ihr einen leichten Kuss auf die Wange. Dann drehte er sich um und ging.

      Zum Glück für Bea hatte sie auf dem Rückflug so viel zu tun, dass sie nicht dazu kam, sich auch nur eine Sekunde Gedanken um Patrick zu machen. Dazu kam sie erst wieder, als sie im Auto saß. Ich muss unbedingt mit Susanne reden. Vielleicht hat die einen guten Tipp, was ich jetzt machen soll. Allerdings landete ihre Maschine erst morgen Abend aus Johannesburg. Und Tanja war übers Wochenende zu ihren Eltern gefahren. Das bedeutete sie war mutterseelenallein mit ihren Gedanken und Gefühlen.

      „Das halte ich auf gar keinen Fall aus.“

      Sie nahm ihr Handy in die Hand und rief Sven an. Er meldete sich bereits nach dem zweiten Klingeln. „Hallo, Bea. Wieder sicher gelandet?“

      „Hi, Sven. Ja, grad so. Bist du zuhause?“

      „Nein. Ich stehe vor dem Kino und warte auf einen Freund. Warum?“

      „Ich brauche dich jetzt.“

      „Mensch. Das hättest du mir mal vor so ca. zwölf Jahren sagen sollen, dann wären wir jetzt verheiratet und hätten mindestens sechs Kinder.“

      Bea lachte auf. „Aber nur, wenn du die bekommen hättest.“

      „Für dich hätte ich auch das getan. Wie schlimm ist es denn?“

      „Sehr schlimm. Schon mehr als ein Notfall.“

      „Alles klar. Wir treffen uns bei mir. Ich besorge noch eine Flasche Rotwein und Pizza. Brauche ungefähr eine halbe Stunde.“

      „Du bist ein Schatz.“

      „Ich weiß. Bis gleich.“

      Erleichtert, nicht alleine sein zu müssen, ließ Bea den Motor an und fuhr Richtung Svens Wohnung. Sie kamen gleichzeitig dort an. Bea nahm ihren Koffer aus dem Auto und folgte Sven ins Treppenhaus. Mit einem Blick auf den Koffer sagte er: „Also, mein Schatz, du willst über Nacht bleiben. Allerspätestens jetzt mache ich mir sehr sehr große Sorgen um dich.“

      „Ich bin so unglücklich.“ Mit großen Augen blickte sie ihn an.

      „Wirklich? Du siehst eher verwirrt als unglücklich aus.“

      „Haarspalterei. Ich bin beides.“

      Sven schloss die Wohnungstür auf. Sofort stürzte Lucky, Svens riesengroßer roter Kater auf die beiden zu und maunzte kläglich.

      Bea beugte sich runter und kraulte ihn hinter den Ohren. „Arme Katze. Hat Sven dich wieder mal völlig vernachlässigt?!“

      „Wenn der weiter solch jämmerliche Töne von sich gibt, denken das die Nachbarn auch und hetzen mir den Tierschutz auf den Hals. Dabei gibt es in ganz Frankfurt keinen einzigen Kater, der so verwöhnt wird wie Lucky. Ach, in ganz Deutschland gibt es den nicht.“

      Sven ging in die Küche, holte Gläser und Besteck und ging dann zu Bea, die mittlerweile im Wohnzimmer auf der Couch saß. Lucky lag neben ihr und ließ sich genüsslich kraulen.

      „So, Kleine. Dann erzähl mal. Hast du Patrick angerufen?“ fragte er sie, während er den Wein eingoss und die Pizza verteilte.

      Bea nickte: „Er hat seiner Freundin von unserem Flug erzählt. Und er wollte mit mir und ihr abends essen gehen.“

      „Na,