E.R. Greulich

Keiner wird als Held geboren


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Hindernis zu jammern. Dann freut man sich über ein Hemmnis, und zum Schluss trägt man sie alle auf einen Haufen zur riesenhaften Barriere. An dieser Barriere beweist man nun sich und den andern Schlappgewordenen, dass sie unmöglich zu überwinden ist."

      Helmut lachte das erste Mal, verlegen und von dem Beispiel überrascht. "Genau wie mit mir und den beiden Letzten."

      "Wenn man deinen Bericht ein bisschen auseinanderpolkt", Jule griente verschmitzt, "dann ist er gar nicht so tragisch. Von sieben Leuten ist in Wirklichkeit einer abgefallen. Die beiden, die noch im Betrieb sind, meutern doch bloß, weil sie sich verlassen vorkommen und weil sie den Nichtangriffspakt nicht verstehen."

      "Sie werden sich wieder fangen, wenn man ihnen zeigt, wie die Lage wirklich ist", ergänzte Anton.

      "Gegen den einen Abgefallenen steht nun aber etwas ganz Positives", dozierte Jule weiter. "Du hast doch das Geld gehütet wie einen Schatz, Helmut, und so lange gesucht, bis du über sieben Ecken auf Anna gekommen bist, die das Geld endlich dem richtigen Zweck zuführen konnte. So hast du wieder Verbindung bekommen und machst heute eine Partie in die Müggelberge."

      "Ihr habt euch um Helmut zu wenig gekümmert", sagte Anton.

      "Es war auch meine Schuld", bekannte Helmut, "ich hab' mich manchmal gedrückt, weil nur immer was verlangt wurde. Eine richtige Aussprache, so wie heute, hat es nicht gegeben."

      "Sag mal, Helmut", Anton konnte seine Ungeduld, aufs Praktische zu kommen, kaum noch zügeln, "seid ihr nie auf den Gedanken gekommen, selbst Material herzustellen, wo ihr gewissermaßen an der Quelle sitzt?"

      "Das sieht nur für den Laien so aus", erwiderte Helmut. "Wie willst du zum Beispiel ein Flugblatt setzen, ohne dass es dein Gassengespan merkt? Genauso steht die Frage für den Drucker."

      Anton blieb hartnäckig. "Streuzettel sind manchmal wirksamer als Flugblätter. Farbige Papierabfälle gibt's in jeder Druckerei. Und eine einzige Losung lässt sich bestimmt mal heimlich absetzen."

      "Und wer druckt sie?" Helmuts Frage drückte weniger Abschätzigkeit aus, als gespannte Erwartung, was der andere für Ideen haben würde.

      "In den meisten Druckereien werden die Korrekturabzüge auf sogenannten Nudeln gemacht - eine mit Papier bespannte Eisenrolle, die über den Satz rollt, der auf einem Eisenfundament steht."

      "Und du meinst, da kann man unbemerkt ein paar tausend Stück abziehen?"

      "Natürlich nicht in der Druckerei. Solch eine Nudel müsste an einem sicheren Ort stehen."

      Helmut lachte nachsichtig. "Eine Nudel klauen? Die kleinsten von der Sorte wiegen ein paar Zentner. Die kann man nicht in der Aktentasche nach Hause tragen."

      "Messerscharf gefolgert, Genosse Fachmann. Aber stell dir mal vor, was solch eine Nudel oder gar eine Handtiegeldruckpresse, so ein Boston, für die Berliner Partei bedeuten würde. Wissen, wo so ein Ding steht, und dann muss man Mittel und Wege finden, es zu kaufen. Ein Abziehapparat ist zwar leichter zu transportieren, aber Druck bleibt Druck, und das bestechendste wäre die Irreführung der Gestapo. Sie müsste sämtliche Druckereien als mögliche Druckstätte annehmen und hätte trotzdem falsch getippt."

      "Dass man nicht schon selbst auf so was gekommen ist", sagte Helmut, ehrlich erbost über sich, "na ja, wenn man so allein rumkrebst. Vor Verzweiflung sieht man nicht, was sich trotzdem alles gegen die anstellen lässt. Aber ihr könnt Gift drauf nehmen, ich schaue mich um."

      "Hand drauf!" Anton streckte Helmut begeistert die Hand hin, und der Jüngere schlug ein.

      Anton war in glänzender Stimmung. "Und nun zum Eigentlichen: Text für ein Flugblatt zum deutsch-russischen Nichtangriffspakt. Jule, was hast du für Nachrichten?"

      Jule wurde verlegen. "Wenn man selbst kein Radio hat, ist das 'ne schwierige Kiste. Die Zeit war zu kurz, ich habe nichts."

      "Mir ging's ähnlich", bekannte Anton. "Du siehst, wie wichtig es ist, planmäßigen Empfang zu organisieren. - Ich denke, wir lagern uns ein bisschen."

      An einer Wegkreuzung streckten sie sich ins Moos. Anton zog ein Notizbuch aus der Tasche. "Ich habe schon ein bisschen vorgearbeitet", sagte er und las dann einen Entwurf vor, den er nach der ersten Unterhaltung mit Jule angefertigt hatte.

      "Junge, Junge", staunte Jule, "du hast wohl 'ne Sonderverbindung zum ZK?"

      "Kritik, Genossen", scherzte Anton, "keine Loblieder."

      Wort für Wort wurde nun der Entwurf unter die Lupe genommen. Besonders Helmut machte - von seinen Erfahrungen im Betrieb ausgehend - Vorschläge, die sein Bemühen zeigten, alles so einfach wie möglich zu sagen. Die beiden Älteren sahen sich mehrmals anerkennend an. Anton strich und korrigierte, bis sie alle drei zufrieden waren. Dann schrieb er den Text in sauberer, kleiner Schrift ab. Es wurde ein Notizzettel voll. Er riss ihn heraus, kniffte ihn mehrfach und gab ihn Jule. "Wenn Gefahr ist, musst du ihn runterschlucken."

      Sie verabredeten, Helmut bei Zusammenkünften von Jules Gruppe regelmäßig hinzuzuziehen. Anton gab darauf Jule die Adresse einer Autofahrschule. "Trag die immer bei dir, ebenfalls als Alibi. Und beruf dich dort auf Sendler, dann wirst du gut bedient."

      Sie wanderten weiter, badeten später und kosteten den Sonnentag aus. Am frühen Abend fuhren sie mit dem Bus von Müggelheim nach Köpenick. Als Helmut in der Schlange vorm Schalter der S-Bahn stand, um für alle drei die Karten zu kaufen, fragte Jule Anton: "Wird er sich fangen?"

      Anton sah den Freund nachdenklich an. "Auf jeden Fall weiß er jetzt: Die Partei lebt."

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