Janine Zachariae

Lydia - die komplette Reihe


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es cool.«

      »Das du spannen kannst, wenn ich unachtsam bin?«, sagte sie sarkastisch.

      Er grinste schelmisch. »Nein, dass wir so noch reden können, ohne groß schreien zu müssen.«

      Die Häuser standen nicht mal zehn Meter voneinander entfernt.

      Trotzdem war es schon unangenehm. Tagsüber zog sie sich ja in ihrem Zimmer auch um und nun musste sie aufpassen.

      »Ja, klar. Notiz an mich: Gardinen aufhängen, die blickdicht sind!«, sagte sie laut.

      »Ich guck dir schon nichts weg«, grinste er.

      »Mmh, Männer sind alle gleich!«, konterte sie.

      »Was machst du jetzt, Lydia?« Er beobachtete sie ganz genau und atmete tief durch. Die frische Luft tat ihm gut, denn seine Gedanken wirbelten umher und er konnte sie nicht fangen.

      »Ich will gleich duschen gehen und du?«

      »Meinen Schlafanzug anziehen und dann noch etwas lesen.

      Wie lange duschst du denn?«

      »Da mein Bruder bereits weg ist und nicht mehr drängelt, dass ich mich beeilen muss, weil er noch sein Haar stylen will, kann ich mir Zeit lassen.« Eigentlich hatten sie zwei Badezimmer, aber das andere war nur für Sascha.

      »Ich lass mein Fenster auf, dann kannst du Bescheid sagen, wenn du wieder da bist.«

      »Okidoki!«

      Tom schaute noch einige Sekunden in ihr Zimmer. Dann setzte er sich auf sein Bett und las.

      Eine Viertelstunde später hörte er Pfiffe.

      »Ah, schon fertig?«

      Er hatte in der Zwischenzeit einen blauen Schlafanzug angezogen. Lydia trug einen kurzen Pyjama mit einem Aufdruck, zog aber eine Strickjacke darüber, da es schon frisch war.

      »Schickes Nachtzeug!«, sagte er und lächelte sie dabei an. Da auch ihr Bett am Fenster stand, konnte sie es sich bequem machen und ihre Arme auf dem Fenstersims verschränken.

      »Danke! Was liest du?«

      »Ach, nur eine Sportzeitschrift. Und du die ›Bravo‹?«

      »Das fandest du bestimmt lustig, als ich davon erzählt habe, oder?«

      »Jupp! Aber hey, Aufklärung ist wichtig. Hast du denn alles erfahren, was man wissen muss?«

      Sie zuckte mit den Schultern. ›Typisch Mann‹, dachte sie.

      »Es ging mir ja nicht darum!«, erwiderte sie und lachte etwas nervös.

      Er grinste. »Dachte ich mir. Ich wollte nur einen Witz machen, entschuldige. Ich hab ja auch eine Schwester und diese hat sich oft im Bad eingeschlossen oder lange mit meiner Mutter geredet und mich dabei immer weggeschickt. Besonders schlimm waren ihre Launen.«

      »Ich glaube, Steve musste auch schon oft genug eine Attacke von mir ertragen, wenn ich mal zickig war. Tja, so sind wir Frauen halt. Aber wir haben auch unsere guten Seiten!«

      »Welche denn?«

      Sie schaute ihn mit einem bösen Blick an.

      »In einem Haus voller Männer muss man lernen, sich durchzusetzen. So festigt sich auch ein Charakter. Ich glaube, durch meine Brüder versteh ich euch Jungs besser. Was mein Vorteil ist, denn ich durchschaue schnell was.

      Ich bin aber auch sehr tolerant und übersehe gerne mal irgendwelche Fehler!«, antworte sie und zwirbelte dabei eine noch feuchte Haarsträhne mit ihren Fingern.

      »Das ist sehr gut. Obwohl ich nicht weiß, welche du meinst!«

      »Nein, natürlich nicht.«

      Er wehrte ab. Beide lachten.

      »Was liest du denn zur Zeit?«, wollte Tom nun wissen.

      »Ich war gestern mit Steve im Buchladen und er hat mir zwei Bücher geschenkt, die ich aber noch nicht angefangen habe, zu lesen.« Sie nannte die Titel.

      »Such dir eins aus und lies es vor. So werden wir beide müde, genießen diese schöne Luft und verbringen noch den Abend zusammen.«

      Die Idee gefiel ihr.

      »Okay, aber vorher muss ich noch mal ins Bad.«

      »Ich auch!«

      Wenig später stellte sie eine kleine Lampe so hin, dass sie genug Licht hatte. Obwohl ja die Straßenlaternen hell waren, wollte sie aber ihre Augen nicht unnötig belasten. Dann schlug sie das Buch auf und begann zu lesen. Zum Glück wohnten sie in einer sehr ruhigen Gegend.

      So brauchte sie nicht schreien. Das Zimmer ihres Vaters lag eh auf der anderen Seite und Sam war nicht da. Einmal hatte sie ausprobiert, wie laut sie eigentlich das Radio machen konnte, ohne dass ihr Vater sich gestört fühlte. Sie war mehrfach hin- und hergelaufen. Am Ende war sie zufrieden, denn sie konnte es relativ laut drehen. Auch unten, im Wohnzimmer, hörte man es nicht.

      »Ach, übrigens, bevor ich es vergesse«, fiel ihr zwischen zwei Kapiteln ein, »Steve kommt morgen zu uns. Er will bis Sonntag bleiben und Sam meinte, ich soll dich auf jeden Fall einladen!«

      »Schön, klar, ich komme gerne vorbei. Ich wollte sowieso fragen, ob ich morgen Nachmittag zu dir kommen kann.

      Wie lange musst du eigentlich arbeiten?«

      »Von neun bis zwei oder so. Wundere dich aber nicht, wenn die Jungs mich aufziehen. Ich denke mal, sie werden mich auch mit oder wegen dir necken«, erklärte sie.

      »Alles klar.« Er musste ein Grinsen unterdrücken.

      »Ich denke mal, sie werden nicht glaube, dass wir nur Freunde sind.«

      »Sind wir?«

      Sie zuckte mit den Schultern. »Glaub schon. Wie du schon bemerkt hast, wir schwimmen auf einer Wellenlänge. Und ich nehme an, wir können uns schon als Freunde betrachten, da wir viel übereinander wissen. Ach ja, und du hast mich schon im Pyjama gesehen!«, lachte sie.

      »Dann sind wir auf jeden Fall Freunde«, bestätigte Thomas.

      »Meinst du nicht?«

      »Doch, klar. Ich hätte nur nicht gedacht, dass du das auch schon so siehst.«

      Sie zuckte mit den Schultern. Sie unterhielten sich über die merkwürdigsten Dinge, aber es passte einfach und sie fühlte sich wahnsinnig wohl in seiner Gegenwart.

      »Warum auch nicht.« Lydia musste plötzlich gähnen und Tom sah erschrocken auf seine Wanduhr.

      »Oh, schon kurz vor elf. Du musst langsam schlafen.«

      »Ja, das denke ich auch. Und du? Liest du noch?«

      »Ich werde auch gleich schlafen gehen.«

      Sie lächelte.

      »Gute Nacht, Tom. Bis morgen!«

      »Schlaf schön, Lydia und viel Spaß und Glück morgen.«

      »Danke!« Sie schloss das Fenster. Zog ihre Strickjacke aus, ohne ans Licht zu denken, und machte dann die Jalousie runter, aber nicht ganz.

      Einen Spalt ließ sie offen. Sie schaltete das Licht aus. Schlafen konnte sie aber noch nicht. Sie schaute durch den kleinen Schlitz zu Tom rüber und sah, dass auch er ab und zu zu ihr spähte. Dabei trafen sich ihre Blicke und sofort verkroch sich Lydia unter ihre Bettdecke.

       3. Ein Tag, der alles ändert

      Ihr Wecker klingelte um 7 Uhr 30.

      Lydia machte die Jalousie hoch und öffnete das Fenster, sog die frische und kühle Luft ein und ging schließlich nach unten, um Kaffee aufzusetzen. Ihr Vater schlief am Wochenende immer bis 8 Uhr, während