Janine Zachariae

Lydia - die komplette Reihe


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      »Steve bedeutet dir sehr viel, oder?«

      »Er ist für mich da. Die andren sind ihre eigenen Wege gegangen, aber Steve besucht mich immer noch, sooft es geht und wir telefonieren jeden Tag.«

      »Das ist schön. Ich rede wenig mit meiner Schwester. Jenny geht lieber auf Partys. Sie ist eben eine richtige Studentin.«

      »Sag mal«, meinte Lydia nach einer kurzen Pause, »ist es nicht eigenartig, dass wir uns so gut unterhalten können und scheinbar auch verstehen?«

      »Du meinst, weil wir uns erst seit heute Morgen kennen?«

      »Jupp!«, bestätigte Lydia.

      »‹Eigenartig‹ würde ich es nicht nennen, aber ja, schon seltsam«, sagte Tom.

      »‹Seltsam‹ ist nichts anderes wie ›eigenartig‹!«, lachte sie.

      »Gut, ja. Vielleicht liegt es daran, dass wir beide Jane Austen Romane lesen und eine Laktoseintoleranz haben!«

      »Das wussten wir aber heute Morgen noch nicht, Tom, und da haben wir uns auch schon unterhalten!«

      »Vielleicht liegt es ja trotzdem an der Denkweise. Wenn man Austen liebt und viel gelesen hat, dann denkt oder redet man auch fast in dieser Sprache. Automatisch schwimmt man auf einer Wellenlänge.«

      Sie machte große Augen. Flirtete er mit ihr?

      »Wir schwimmen also auf einer Wellenlänge?«

      Beide erröteten.

      »Ich denke schon.« Er lächelte sie schüchtern an.

      »Ich sag ja, es ist eigenartig«, meinte sie nachdenklich.

      »Wäre es aber nicht, wenn es in einem Roman stünde!«, bemerkte der dunkelblonde Junge.

      »Nein, das nicht«, sagte sie seufzend und ignorierte den Wunsch, ihre Hand durch seine kurzen vollen Haare gleiten zu lassen. Sie glänzten und würden sicherlich herrlich duften. Sie errötete bei dem Gedanken, was Tom lächeln ließ.

      »Was ist denn schon dabei? Ich bin jedenfalls froh, gleich jemanden gefunden zu haben, mit dem ich mich gut verstehe. Hätte ich nicht geglaubt. Grad hergezogen, meine Freunde in Köln gelassen, und schon lerne ich jemanden kennen, mit dem ich mich unterhalten kann.«

      »Das stimmt. Und wenn du magst«, sie sah auf die Uhr, »kannst du mit zum Abendbrot zu uns kommen und dann lernst du noch Sam kennen.«

      »Das ist nett, aber ich denke mal, du hast genug zu tun mit der Vorbereitung für morgen.«

      Stimmt!

      Lydia musste ja Probearbeiten. Sie freute sich total darauf.

      »Da hast du recht. Ich will im Internet lesen, was es so alles für Bücher gibt. Damit ich schon mal auf Kundenfragen oder auf Fragen von Madlen vorbereitet bin.

      Ich kenne zwar einige Autoren und Verlage, aber nicht die komplette Bestsellerliste. Das will ich noch ändern. Ich bin immer gerne vorbereitet. Schön, dass du das erwähnt hast. Dir geht es wohl auch so?«

      »Ja! Vorbereitung ist immer alles. Ich mache es nicht anders. Ich werde heute auch Bewerbungen schreiben. Noch ist Zeit, haben ja erst April.«

      »Weißt du schon als was beziehungsweise wo? Ich kann mir gut vorstellen, dich in einem Buchladen zu sehen oder in einem Musikladen, oder das du auf eine Fachoberschule gehst, Tom.«

      »Fachoberschule? Welche Richtung?«

      »Ich hab gelesen, nicht weit von hier, gibt es eine Schule, bei der man mit Sprachen zu tun hat: Deutsch, Englisch,

      Französisch und natürlich auch mit Literatur. Wenn ich keine Lehrstelle finde, würde ich mich da bewerben.«

      »Dann werde ich mir das Mal ansehen.«

      »Tue das und ich mach mich los.«

      »Es ist doch noch nicht sechs«, bemerkte Tom.

      »Ja, aber Sam hasst es, den Tisch zu decken«, erwiderte sie lachend.

      Tom brachte sie zur Tür. Lydia verabschiedete sich auch von der Mutter, die das Telefon hinter ihrem Rücken versteckte.

      Sie brauchte nur wenige Sekunden, dann war sie schon zu Hause.

      »Na, Schwesterchen, wie war die Prüfung?«, erkundigte sich Sam.

      Sie verzog ihr Gesicht. »Doof. Ich glaube, ich hab es verhauen«, sagte sie geknickt und erinnerte sich an die ein oder andere Aufgabe, die ihr irgendwie total merkwürdig und vollkommen unlogisch erschienen.

      »Ja, es kann halt nicht jeder ein Genie in Mathe sein.«

      »Ha ha! Sehr witzig, Sam.« Sie lachten beide. »Ist Papa noch nicht da?«, fragte sie dann.

      »Mmh? Nein, er kommt aber sicher gleich. Du kannst ja schon mal das Abendessen kochen.«

      »Hast du noch nicht?«

      »Nein. Ich weiß, ich weiß«, er hob seine Hände, als er ihren Blick entdeckte, »ich bin eigentlich die Woche an der Reihe, aber sorry, ich hatte so viel zu tun gehabt.« Lydia blähte ihre Nasenflügel auf, doch dann schüttelte sie nur den Kopf. »Ich übernehme nächste Woche für dich, versprochen. Steve kommt übrigens morgen vorbei. Er will übers Wochenende bleiben.«

      »Super! Dann lernt er ja Tom kennen!«, sagte sie freudestrahlend.

      »Ach, unseren Nachbarn. Stimmt ja, Vater meinte, bevor er ging, dass du drüben wärst. Wie ist er so?«

      »Ich sage es dir, wenn du mir beim Kochen hilfst!«

      »Na gut, Schwesterchen«, seufzte er.

      Es sprudelte schließlich einfach aus ihr heraus und sie berichtete ihm, was alles Geschehen war - auch wie das Haus ausgesehen hat und wie cool Toms Zimmer war.

      »Ach herrje, du bist ja verknallt.« Sammy betrachtete seine kleine Schwester und musste schmunzeln. Sie wirkte niedlich, wenn sie sich so verhielt.

      »Was? Nein!«, wehrte sie ab und wurde rot dabei.

      »Warum hast du ihn nicht zum Abendessen eingeladen?«

      »Hab ich. Er erinnerte mich, dass ich morgen im Buchladen arbeiten werde und dass ich mich sicherlich vorbereiten will. Und da hatte er Recht. Aber er kommt morgen zu uns und will dich auch unbedingt kennen lernen«, sagte sie sehr schnell.

      »Schön. Mal sehen, ob er wirklich ein solcher Traumprinz ist.«

      »Was, wie? Traumprinz? Das hab ich nicht behauptet!«, stammelte Lydia.

      »Musstest du nicht. Es ist schön, wenn du dich verliebt hast.«

      Er ärgerte sie immer weiter und dabei vergaß er ihr beim

      Kochen zu helfen, doch freute er sich wirklich für sie. Manchmal fragte er sich, wann sie überhaupt so alt geworden war, dass sie sich für Jungs interessierte, aber er würde es sich für sie wünschen.

      Sie brutzelte einige Schnitzel in der Pfanne, Pommes hatte sie zuvor in den Ofen gemacht, und bereitete einen Salat vor.

      Nachdem sie auch ihrem Vater beim Abendessen von der Familie Hafe erzählt hatte, ging sie in ihr Zimmer.

      Doch während sie berichtete, entging ihr der Gesichtsausdruck ihres Vaters und dieser wirkte nicht gerade glücklich ...

      Sie erkundigte sich im Internet und machte sich Notizen.

      Als Lydia die Jalousie in ihrem Zimmer runter machen wollte, sah sie aus dem Fenster und blickte genau in das von Tom. Er war gerade dabei sich umzuziehen, als auch er sie bemerkte. Er öffnete das Fenster und sie tat das gleiche.

      »Hey, ich wusste gar nicht, dass unsere Zimmer gegenüber liegen«, staunte er.

      »Ich auch nicht und es hätte