Janine Zachariae

Lydia - die komplette Reihe


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musste lachen.

      »Ja, ich wollte mir eh einen kaufen. Dann lass uns doch einen Shoppingtag hinlegen. Sieh mal aus dem Fenster!« Es regnete und sah ungemütlich aus.

      »Ich soll dir dabei zu sehen, wie du dir verschiedene Klamotten anziehst?«, schmunzelte er.

      »Ja, du kannst mich ja beraten. Vielleicht brauchst du ja auch neue Sachen.« Sie sah ihn von Kopf bis Fuß an und musste lachen.

      »Du bist gemein«, grinste Daniel.

      Sie mochte es, sich mit ihm etwas zu necken. Sie fand ihn zudem sehr niedlich. Verliebt war sie aber nicht.

      Lydia trug gerne einen sommerlichen Hut und so störte der Regen auch nicht, war aber froh, als sie einen Laden erreichten - der tolle Klamotten hatte, aber nicht teuer war. Sie verdiente ja ganz gut Geld, dafür dass sie kaum Ausgaben hatte. Ihr Vater überwies ihr zudem monatlich eine Summe auf ihr Konto, die nicht zu verachten war, aber sie wusste mittlerweile, dass das Leben nicht vorhersehbar war und von jetzt auf gleich alles anders sein könnte.

      »Lydia, wie kommt es eigentlich, dass du nie von deiner Familie redest?«, wollte Daniel plötzlich wissen.

      »Das stimmt nicht. Ich hab schon von Tom und von Stephen erzählt!«, konterte Lydia.

      »Ja, du hast gesagt, dass Tom eine bescheuerte Freundin hat und dass sich Stephen kaum noch meldet oder gar nicht mehr.«

      Sie zuckte mit den Schultern und wollte nicht darüber nachdenken.

      »Mmh, lass uns gleich mal in die Badeabteilung gehen«,

      lenkte sie - wie immer bei dem Thema - ab. Natürlich mied sie es darüber zu reden. Es schmerzte sie zu sehr.

      Manchmal überrannte sie eine so enorme Welle der Einsamkeit, dass sie sich festhalten musste.

      In ihrem Herzen klaffte ein gewaltiges Loch. Doch sie wollte definitiv keinen Lückenfüller. Sie wollte niemanden ausnutzen, nur um wieder ein Gefühl zu bekommen. Nur, um zu spüren, dass sie gemocht wird. Das konnte und wollte sie keinem antun - schon gar nicht Daniel. Alles, was sie wollte, war Freundschaft.

      Sie sahen sich beide um und er reichte ihr einen Bikini:

      »Der würde dir stehen!«, meinte er.

      »Schon klar, da ist ja gar nichts dran. Das sind ja nur Fäden!«

      Daniel musste lachen.

      »Ja, ich dachte mir, dass du so reagieren würdest. Wie ist es hiermit?«

      »Oh, der sieht gut aus.« Er gab ihr einen schwarzen Bikini mit heißen Schnörkeln. Sie probierte ihn an und war überrascht, dass die Größe stimmte.

      »Und? Hast du ihn schon an?«

      »Ja.«

      »Darf ich gucken?«, fragte er vorsichtig.

      »Ja.«

      Er schob seinen Kopf durch den Vorhang und ihm blieb ihm fast die Luft weg:

      »Und? Was sagst du? Kann ich so was anziehen?« Sie drehte sich. »Wie sieht mein Hintern aus?«

      »Knackig!«, sagte er schelmisch.

      »Daniel!«

      »Sieht gut aus. Der Bikini passt zu dir.« Sie fummelte noch etwas am Oberteil herum.

      »Mmh, ich weiß nicht so recht.«

      »Dreh dich noch mal.« Er ging in die Kabine und schaute es sich genauer an. Sie verschränkte die Arme vor sich.

      »Daniel, ja ich sehe toll hier drin aus. Ich hab’s kapiert.«

      »Oh, entschuldige. Ich wollte nicht so starren. Mmh, ich geh mal zu den Badehosen.«

      Nachdem Lydia sich umgezogen hatte, gesellte sie sich zu Daniel.

      »Also du meinst, ich soll den nehmen?«, hakte sie nach und hielt den Bikini in der Hand.

      »Ja, das meine ich. Er steht dir.«

      »Okay. So schlimm sah es auch nicht aus und das Oberteil hat nicht gestört.«

      »So was kann stören?«, erkundigte sich Daniel irritiert.

      »Klar! Es kann drücken, kratzen, zu eng sein oder zu weit. Bei manchen quillt alles raus, bei andren hält es so, wie es sollte.« Sie antwortete ihm in einem Ton, der ihn etwas aufziehen sollte. Er wurde nicht einmal rot, aber trotzdem wirkte er etwas verunsichert. Er lächelte nun und hielt ihren Blick stand. Seine blauen Augen bohrten sich in ihre und sie musste sich abwenden.

      »Also, hast du schon was gefunden?«, erkundigte sie sich nun bei ihm.

      »Ja. Wie findest du die?«

      »Das ist nicht dein Ernst. Sie ist pink!«

      »Und?«, fragte er schulterzuckend.

      »Warte mal, Daniel.«

      Sie stöberte etwas und fand eine, die Ideal war. Sie war blau-gelb gestreift. Also bunt, aber nicht zu knallig. Er probierte sie an und signalisierte ihr, dass sie ruhig schauen sollte.

      »Sieht gut aus. Dreh dich mal. Hübscher Arsch!« Sie pikste ihn und musste lachen. Das T-Shirt hatte er dabei natürlich anbehalten.

      »Du ziehst mich ja nur auf!«

      »Meinst du, nur Männer kennen Machosprüche?« Sie hob eine Augenbraue und lächelte ihn an.

      »Und die Moral von der Geschichte: Sei nett zu allen Frauen«, erwiderte Daniel.

      »Genau, eine Frau ist schließlich kein Objekt. Wie dem auch sei, die Hose ist dennoch gut. Sie steht dir.«

      Sie verbrachten noch einige Stunden so und probierten nach und nach immer irgendwelche Sachen an und machten einen auf Models. Sie lachten viel und scherzten oft. Beide hatten wirklich Spaß und am Ende waren ihre Einkaufstüten vollgepackt. Er überzeugte sie, dass sie ruhig auch Kleider tragen könnte und da gerade einige im Angebot waren, schlug sie zu. Sie holte sich fünf Sommerkleider, weitere Mützen, Hosen, Tops, Blusen, T-Shirts und Röcke. Insgesamt 100 Euro gab sie aus. Sie war zufrieden und brauchte sowieso neue Sachen, da ihr vieles nicht mehr passte.

      »Magst du noch Schuhe kaufen gehen?«, wollte er wissen. Sie blickte auf ihre Treter und war mit dem Vorschlag einverstanden. Drei Paar holte sie - mit Absatz und auch Sandalen waren dabei. Sie passten zu den Outfits. Dann schaute sie auf die Uhr.

      »Ich muss langsam los. Es war ein wirklich schöner Nachmittag!«, bemerkte sie.

      »Ja, fand ich auch.« Daniel beugte sich zu ihr, seine Haare kitzelten sie bereits und gerade, als er sie küssen wollte, klingelte sein Handy.

      Oh, wie naiv sie doch war.

      SO unglaublich leichtsinnig.

      Sie verabschiedete sich zügig von ihm und er ging schnell ran.

      Erleichtert atmete sie durch. War es abzusehen? War zu erahnen, was er im Sinn hatte?

      Als sie wieder im Haus war, bekam sie gleich einen Brief überreicht. Sie ging zum Essen in den Speisesaal und las ihn, während sie aß.

      *

      »Hi, Lydia!«, begann er.

      ›Hi Lydia? Das passt nicht zu Steve!‹ Sie wunderte sich.

      Zuerst war Toms Verhalten anders und nun noch Steves? Was war nur los? Wurde sie zur ›Bekannte‹ degradiert?

      Sie las weiter:

      »Nun möchte ich dich nicht länger auf eine Antwort warten lassen.

      Die Bücher habe ich fertig gelesen und die Antwort lautet:

      ›Stolz und Vorurteil‹, eine der Schwestern heißt Lydia und ›Mansfield Park‹, der Vater von Edmund heißt Thomas und auch der ältere Bruder heißt so, wird aber eher Tom genannt. Ich habe mir noch mal deinen letzten Brief genommen, es ist ja schon sehr lange her. Den hattest du