Janine Zachariae

Lydia - die komplette Reihe


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in der Sonne liegen war nicht ihr ›Ding‹.

      Ihre Gedanken mussten stets Beschäftigung haben, denn sonst würde sie in ein tiefes Loch fallen. Ein Loch, welches sie nie mehr hochklettern könnte.

      Sie schlief nach wie vor sehr schlecht.

      *

      Und während sich Lydia verstoßen und einsam fühlte, wühlte auch bei Stephen ein ziemlicher Sturm. Sooft schon wollte er ihr Schreiben, sooft schon ›simsen‹. Doch nie konnte er sich dazu durchringen. Es war einiges passiert - in seinem Leben.

      Und immer wieder rang er mit sich selbst.

      *

      Schon recht früh begann der Tag für Lydia - sie war wach, noch bevor die Sonne aufging oder zur selben Zeit.

      Ihr Praktikum bei der Zeitung war sehr interessant. Sie lernte viel. Diese Tätigkeit dort war wichtig, damit sie bei der Schülerzeitung mitmachen konnte. Schon am ersten Tag durfte sie einige Kurzmitteilungen erarbeiten und schreiben und ab 14 Uhr war sie noch Sekretärin. Somit konnte sie auch das als Referenz später angeben. Am zweiten Tag sollte Lydia zu einem Sommerfest. Sie machte Fotos und notierte sich alles, was sie erlebte. Mittwoch hatte sie sehr viel zu erarbeiten. Die Praktikantin schrieb das, was am Wochenende an Aktivitäten war und noch vieles anderes. Zudem lernte sie alles über das Layout.

      Der Tag darauf war wieder interessant für sie. Sie durfte mit dem Chef wegfahren und Termine wahrnehmen, die außerhalb waren. So sah sie auch etwas von der Gegend und dazu konnte sie den Dialekt etwas besser erfassen. Am Freitag fuhr sie mit dem Fotografen mit, der eine Fotoserie machen wollte. Sie schaute ihm zu und sollte sogar selbst mit aufs Bild.

      An Lydias freien Wochenenden las sie die Bücher, die sie bis zum Schulbeginn lesen sollte. Sie kam gut voran. Auch unter der Woche schlief sie erst ein, wenn sie eine Weile gelesen hatte.

      Mittlerweile bewohnte sie das Zimmer alleine. Julie war über Sommer weggefahren. Lydia war eigentlich froh darüber, denn so konnte sie tatsächlich aufstehen, wann sie es wollte und nicht Rücksicht nehmen.

      An einem Samstag wurde ihr ein Päckchen überreicht, als sie gerade das Gebäude betreten hatte.

      »Dankeschön.«

      Sie nahm es mit nach oben. Es war von ihrem ... na ja, von Sascha:

      »Hallo, Lydia! Lange ist es her, nicht wahr? Ich möchte auch nicht viel schreiben. Uns geht es allen gut, du fehlst uns allerdings. Damit dir der Sommer nicht allzu langweilig wird, schicke ich dir deinen Fernseher. Habe viel Spaß damit. Sascha.« Es war nur ein kleiner, der tatsächlich nicht sonderlich schwer war.

      Lydia dachte nach. Sie schaute auf die Uhr und ging in einen Gemeinschaftsraum.

      »Hallo, ich bin’s, Lydia.«

      »Hallo.« Ihr Vater war dran.

      »Ich wollte mich für den Fernseher bedanken. Wie geht’s dir?«

      »Freut mich, dass er schon angekommen ist. Mir geht’s gut und dir?«

      »Wenn ich ehrlich bin, bin ich etwas geschafft.« Sie musste lachen. »Ich hab meine erste Praktikumswoche hinter mir.«

      »Oh, wirklich. Was hast du gemacht?«

      »Ich arbeite bei einer Zeitung. Dort bin ich immer unterwegs und schreiben darf ich auch. Ich hebe alle Artikel auf und wenn ihr wollt, kann ich sie euch schicken. Und falls ihr die Zeitung von hier findet, könntet ihr am Montag ein Bild von mir drinnen sehen.« Lydia erklärte es.

      »Schön«, sagte ihr Vater spürbar stolz.

      »Lydia das Supermodel ...«, hörte sie im Hintergrund jemanden lachen.

      »Ist Steve etwa da?«

      »Ja, genau. Willst du ihn sprechen?«

      »Du hast ja sicherlich Lautsprecher an. Ich wollte mich mal wieder bei dir melden. Es ist wirklich schon etwas her.«

      »Warte, Stephen will dir noch was sagen. Ich verabschiede mich mal.«

      »Okay, mach’s gut, Sascha.«

      Sie hörte einen Seufzer am anderen Ende.

      »Hi, Lydia!«

      »Hi. Na, wie geht’s?«, fragte sie und wusste nicht, wieso sie auf einmal so aufgeregt war.

      »Alles bestens. Tom ist noch nicht zum Antworten gekommen - er musste so viel lernen in letzter Zeit. Aber er will es nachholen. Seinen Abschluss hat er ja jetzt in der Tasche. Er hat übrigens eine Freundin und diese nimmt ihn sehr in Anspruch!«, meinte er schmunzelnd.

      »Wirklich? Wen?«

      »Svenja.« Lydia hätte beinahe den Hörer fallen gelassen. »Ja, er weiß, dass du sie nicht leiden kannst - ich mag sie auch nicht. Aber sie scheinen sich ganz gut zu verstehen.«

      »Mmh. Wenn er meint. Aber irgendwie dachte ich mir das schon. Ach herrje, Svenja ist seine Freundin«, sagte Lydia und versuchte nicht ganz so missbilligend zu klingen.

      »Noch kommen sie gut zurecht.«

      »Ja, klar. Ach, eigentlich ist sie ja auch ein nettes Mädel, sie hat nur ihre Nettigkeit für einen Jungen aufgehoben und es nie anderen gezeigt.« Steve musste lachen.

      »Und du Lydia, wie sieht es bei dir aus?«

      »Stevie, im Internat sind 120 Mädchen. Es wäre schockierend, wenn ich hier jemanden fände«, erzählte sie im Scherz.

      »Ich hab damit kein Problem«, konterte er. Lydia auch nicht, aber sie mochte nun mal Jungs.

      »Nein, sicherlich nicht. Was ist mit dir?«

      »Nein, bei mir gibt’s da nichts. Ich hab zu viel auf Arbeit zu tun. Du kennst das ja mittlerweile, du arbeitest ja selbst bei einer Zeitung.« Ganz entsprach das allerdings nicht der Wahrheit. Lydia spürte es, aber sie wollte ihn nicht zu sehr drängen.

      »Wie sieht es eigentlich mit meinem Rätsel aus?«

      »‹Kloster Nordhanger‹, ›Emma‹ und ›Überredung‹ hab ich gelesen. Aber da kam nichts vor.«

      Lydia musste lachen. »Wie fandest du sie?«

      »Interessant, hätte ich nicht gedacht.« Dann machte er eine kleine Pause. »Sag mal, hast du eigentlich Internet?«

      »Ja, hab ich.«

      »Auch in deinem Zimmer?«

      »Ja, warum?«, fragte sie skeptisch.

      »Wollen wir nicht mal irgendwann chatten?«

      »Chatten? Magst du keine Briefe mehr schreiben?«

      »Natürlich will ich dir schreiben - wenn ich endlich mal dahinter käme, was du meintest - aber ich vermisse dich einfach. Also ich vermisse unsere Gespräche, unsere stundenlangen Telefonate und dass wir oft gechattet haben. Das war immer toll und hat Spaß gemacht.«

      »Selbstverständlich können wir mal wieder chatten. Ich muss die Tage eh ins Internet und vielleicht bist du ja dann zufällig online.« Sie hörte, wie er den Lautsprecher ausmachte.

      »Lydia, als du am Sonntag ...«, wollte er ansetzen, aber sie ließ ihn nicht ausreden.

      »Steve, hast du das noch nicht überwunden. Mensch, das muss ja ein grässlicher Anblick gewesen sein.«

      Stephen kicherte leise und meinte dann:

      »Ich hoffe, ich habe bald die Bücher alle durch, die ich deinetwegen lese.«

      »Tut mir leid.« Sie merkte plötzlich, dass sie etwas von ihm verlangte, was vielleicht zu viel war.

      »Was denn?«

      »Du liest etwas nur meinetwegen. So viele Bücher. Sie sind alle nicht gerade dünn und dann noch dieser Stoff. Muss echt schlimm für dich sein. Du musst sie nicht lesen. Es ist schön, dass du dir die Mühe gemacht hast. In der