Tonda Knorr

Totenwache 2.Teil


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warte…, ich bin also dein Eigentum?“

      „Klar. Habe ich dir das nicht gesagt? Ich habe schon genug damit zu tun, dass ich so eine verdammt hübsche Freundin habe. Eigentlich haben hübsche Frauen immer eine hässliche Freundin. Noch besser ist, wenn sie noch ein bisschen pummelig ist. Das sind dann die, die in der Disko immer die Handtaschen halten müssen. Aber bei mir ist das nicht so, Ich habe leider eine hübsche Freundin. Da muss man immer auf der Hut sein, wo der eigene Macker hin stiert. 36% aller Liebschaften gehen kaputt, weil die beste Freundin mit dem eigenen Mann vögelt.“

      „36%? Woher weißt du das?“

      „Habe ich mir ausgedacht. Klingt doch imposant. Ist auch egal. Wenn es mich betrifft, ist mir schon 1% zu viel.“

      Frank schien nachzudenken. Erst für sich und dann laut.

      „Lisa…, hm…, habe ich so noch gar nicht gesehen. Aber eigentlich…“

      „Was?“

      Zärtlich strich Frank über Sarahs Gesicht.

      „Mach dir mal keine Sorgen. Dass ich ein zweites Mal so ein Glück habe, ist für mich schon Erfüllung genug. Ich bin ein ganz altmodischer Mann. Ich mach so was nicht. Vielleicht mal ein bisschen gucken, aber mehr auch nicht. Nur ab und zu, ein bisschen.“

      Sarah küsste Frank, ließ ihn los und lehnte sich zurück.

      „Dein Glück.“

      Mit einem Kopfschütteln und einem Lächeln im Gesicht wollte Frank losgehen, drehte sich aber dann doch nochmal zu Sarah.

      „Lisa? Hm…, warum ist mir das noch nicht eingefallen?“

      „Hör auf jetzt!“

      Frank schien sich zu amüsieren.

      „Glaubst du wirklich, ich würde mich mit Philipp anlegen? Zwei Meter menschgewordener Granit! Ich bin doch nicht wahnsinnig!“

      „Ach du, wir Frauen mögen zwar nicht, wenn ihr Männer euch prügelt. Aber wenn ihr euch um uns prügelt, dann…“

      „Auf alle Fälle sollten wir auf der Hut sein.“ Franks Ton wurde skeptischer.

      „Vor dieser Frau?“

      „Vor dieser Frau, vor diesem Chauffeur, vor dieser Bank…. Wer weiß, was uns hier noch alles erwartet?“

      „Na auf alle Fälle ein Leihwagen, der so um die 80 Riesen kostet, mit dem du bestimmt klarkommst. Lass uns das Beste draus machen. Du bist bei mir, ich bin bei dir, was soll uns schon passieren?“

      Während die beiden langsam in Richtung Eingangstür gingen, grübelte Frank vor sich hin.

      „Was? Was hast du?“

      Frank blieb stehen und starrte Sarah an.

      „Woher wusste der Mann am Flughafen, dass ich derjenige bin, dem er das Foto zustecken muss?“

      Sarah ließ die Frage unbeantwortet, schon deshalb, weil sich der alte gediegene Mann mit Nickelbrille, Zylinder, weißen Handschuhen und sogar einer Uniform höflich an sie wandte.

      „Bitte…, folgen Sie mir.“

      Frank nutzte die Gelegenheit. Schaute sich nochmal um und fragte nach.

      „Sagen sie, was heißt: il etait la?“ „Er war da.“

      *

      Während Sarah und Frank von vorne bis hinten hofiert wurden, ging ihr Franks letzter Satz nicht aus dem Kopf. Woher wusste der Mann, dass Frank derjenige ist, dem er das Foto zustecken musste? Sie drehte sich nach allen Seiten, um die Umgebung zu mustern. Ehrlicherweise musste sie zugeben, dass sie keinen richtigen Nerv hatte, das ganze Ambiente der Hotellobby und den ihnen zukommenden Service zu genießen. Es fiel ihr schwer, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Nein, mit Urlaub hat das hier nichts zu tun, aber es war angenehm, wenn sich jemand um alles kümmert. Sie kam ja nicht mal dazu, ihre Tasche selber zu tragen, geschweige denn eine Frage zu stellen. Der Page, der schon fast wie ein Butler agierte, machte alles richtig. Er tat das, was wohl zu seinen Aufgaben gehörte, ohne aufdringlich zu sein. Er hielt Abstand, aber war aber trotzdem immer zugegen. Im Fahrstuhl stand er dezent so, dass man denken könnte, er gehört nicht dazu. Wahrscheinlich hätte er auch diskret weggehört, wenn denn Frank und Sarah sich unterhalten hätten. Aber man weiß ja, dass genau das die Kunst der Bediensteten ist. Zuhören, wenn man eigentlich weghören soll. Und später, wenn die Rente dann nicht reicht, kommt das große Enthüllungsbuch. Mein Leben als Page im Hotel..., Scheiße, Sarah wusste nicht mal wie das Hotel heißt, indem sie hier abgestiegen sind. Sie drehte sich zu Frank. Auch der schien das ganze Brimborium nur beiläufig mitzukriegen. Ein kurzes Augenzwinkern bestätigte Sarah aber darin, dass er sie wenigstens noch zur Kenntnis nahm.

      Es kam natürlich wie es kommen musste. Ihr Zimmer war kein Doppelzimmer auf irgendeinem Flur in der irgendeiner Zwischenetage. Der Page öffnete in der obersten Etage eine etwas größere Doppeltür zu einer etwas größeren Suite. Natürlich könnte es sein, dass das ganze Hotel aus solchen Suiten bestand. Wahrscheinlich war dem auch so. Sarah wollte es aber nicht glauben. Das hier war extra für sie, die Präsidentensuite! Das innerliche Wow kam genau bis zu ihrer Zunge, aber ihr Mund weigerte sich es herauszulassen, auch weil wie durch Zauberei Monique Devuille bereits in der Suite auf sie wartete. Sarah tat gleichgültig, als wäre es das normalste der Welt, in so einer Suite abzusteigen.

      Mit einem „Herzlich Willkommen“ wurde sie aus ihren Gedanken gerissen.

      „Ich hoffe es ist Ihnen so recht. Dort drüben stehen, wie versprochen, ein paar Snacks und ansonsten bedienen Sie sich. Der Kühlschrank ist voll, alles zu Ihrer freien Verfügung. Wenn es Ihnen wider Erwarten an etwas fehlen sollte, sagen Sie Bescheid.“

      Sarah musterte Monique Devuille. So recht konnte sie die Frau, die ihr da gegenüberstand, nicht einordnen. Welche Rolle spielte sie in dem Ganzen? War sie wirklich nur die Tochter vom Chef, oder spielt sie eine doch ernster zu nehmende Rolle in der ganzen Angelegenheit? Vor allem konnte Sarah nicht durchschauen, warum eine Frau, die mit Kunst und vermutlich auch mit Geldgeschäften zu tun hat, sie hier persönlich in einem gebuchten Hotel schräg gegenüber von ihrer Bank in Empfang nahm. Auf alle Fälle nahm sich Sarah vor, auf der Hut zu sein und ihr Gegenüber nicht zu unterschätzen, schon deshalb, weil diese Monique Devuille ihrem Blick keine Sekunde lang auswich, als könnte sie ihre Gedanken erraten. Vielleicht fragte sie sich aber gerade jetzt genau dasselbe. Wie auch immer, wenn ihre berufliche Zukunft ins Stocken gerät, würde sie eine 1A Hotelmanagerin abgeben. Sie wusste genau, was sie wann und wie zu sagen hat, damit der Gast erst gar nicht auf die Idee kommt, dass es ihm an irgendetwas fehlen könnte.

      „Alles gut“, entgegnete ihr Sarah. An ihrer Stimmlage konnte auch der letzte Idiot merken, dass Sarah beeindruckt war. Das ganze Brimborium, wie Kuntz es nannte - es wirkte!

      „Gut, dann lass ich Sie jetzt alleine, und wenn Sie dann bereit sind, erwarte ich Sie drüben in unserer Bank. Lassen Sie sich Zeit, aber denken Sie bitte an die Unterlagen.“

      „Machen wir! Ununterbrochen, deshalb sind wir ja hier.“

      Scheiße, schon wieder im Ton vergriffen. Sarah ärgerte sich über das, was sie da von sich gab, und vor allem, wie sie es von sich gab.

      „Ich meine, selbstverständlich und vielen Dank. Ich vermute mal…“, Sarah hielt kurz inne und musterte die Suite. „Sie werden nicht Jedem so viel persönliche Fürsorge zukommen lassen? Oder doch?“

      Ein kurzes Lächeln war Monique Devuilles Reaktion.

      „Ich muss Sie enttäuschen. Doch, bei uns wird jeder so hofiert, aber falls es Sie beruhigt, das Level, in dem wir uns bewegen, ist schon oberste Kategorie. Also dann, bis später.“

      Sprach es, drehte sich auf dem Absatz um und entschwand. Alles war gesagt. Professionalität- volle Punktzahl. Jetzt war Sarahs großer Augenblick gekommen. Der Page stand wie in Stein gemeißelt an der Tür, um diese dann auch gleich schließen zu wollen. Sarah berührte zaghaft seinen Arm, um