Tonda Knorr

Totenwache 2.Teil


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wir gerade hier stehen…“, wurde Frank aus seinen Gedanken gerissen. „dort drüben, das ist unsere Bank, die Banque pour l’art.“

      „Unscheinbar…, alt…“, kommentierte Sarah.

      „Was haben sie erwartet? Einen Glaspalast? Lassen Sie sich nicht täuschen, dass Äußere ist nicht immer maßgebend.“

      Aha, ein bisschen zickig, die junge Dame. Gerne hätte Sarah sie gefragt, warum sie sich denn dann so aufgetakelt hat. Ehrlicherweise musste sie aber zugeben, dass diese Monique Devuille einen bleibenden Eindruck machte. Trotz der streng nach hinten gekämmten Frisur und des dunkelblauen spießigen Blazers, der natürlich farblich absolut mit dem für ihr Alter viel zu langen Rock abgestimmt war, sah diese Frau, die wahrscheinlich noch nicht mal 30 war, einfach mal umwerfend hübsch aus.

      „Ich würde vorschlagen, dass Sie sich erst mal ihre Zimmer ansehen. Dort haben wir für Sie Getränke und ein paar Snacks vorbereitet. Wenn Sie es wünschen, können Sie sich gerne frisch machen und so in ca. ein zwei Stunden treffen wir uns dann in der Lobby der Bank. Wir würden Ihnen dann gern die Schreiben vorlegen, die unsere Bank dazu berechtigen, die von uns erwarteten Unterlagen einzusehen. Falls Sie die Schreiben noch einmal nach Berlin schicken müssen, auf Ihrem Zimmer befindet sich alles was sie brauchen, unter anderem auch ein Faxgerät. Aber eigentlich liegen Berlin diverse Abschriften und Unterlagen durch unsere Anwälte bereits vor, sonst wären Sie vermutlich auch nicht hier. Wenn Sie dann einigermaßen angekommen sind, würde ich mit Ihnen gern den Ablauf der nächsten Tage besprechen.“

      „Den Ablauf der nächsten Tage? Sollen wir die Unterlagen, die Sie einsehen wollen, gleich mitbringen?“

      „Ja, das wäre sehr gut. Wir wollen keine Zeit verlieren. Der Maître Devuille und die Vertreter der Ruben Compagnie bzw. deren Anwälte würden die Unterlagen dann umgehend in Empfang nehmen wollen.“

      „Maître Roman Devuille? Ihr Vater?“

      Ein kurzsilbiges Ja und der Gesichtsausdruck der Bankerin ließ Sarah erahnen, dass das wohl ein wunder Punkt bei Miss Makellos ist. Wer ist beruflich schon gerne die Tochter vom Chef. Einen wollte Sarah aber noch nachlegen, obwohl sie die Antwort ja dank Lisa schon kannte.

      „Ich vermute mal, er ist der Chef?“

      Wider dieses kurzsilbige Ja. Für Sarah ein innerlicher Durchmarsch. Ein kleiner, aber immerhin. Trotzdem hatte Sarah ein Einsehen.

      „Machen Sie sich nichts draus, mein Vater ist auch so ein reicher Geldsack. Ich bin auch die Tochter von. Da gewöhnt man sich dran.“

      Ungläubig musterte die Bankerin Sarah. Ein kurzes Räuspern und das Thema war für sie beendet.

      „Gut, also sehen wir uns dann. Sagen Sie dem Concierge Bescheid, man wird Sie dann zu uns hinüber begleiten. Vielleicht bin ich auch noch hier, dann werde ich Sie…“

      „Oh, bloß keine Umstände“, unterbrach sie Sarah. „Ich denke mal von hier nach da drüben…“, Sarah holte tief Luft um dann mit voller Inbrunst den Satz zu beenden: „…das schaffen wir.“

      „Gut, wie Sie wollen. Ach noch was. Hier, das sind Ihre Autoschlüssel. Dort drüben, das ist Ihr Wagen für die Zeit, in der Sie unsere Gäste sind.

      So sind Sie mobil, können sich die Gegend anschauen…, falls Sie wollen. Ihnen soll es an nichts fehlen. Sie können dort auch parken.“

      Sarahs Blick folgte den Fingerzeig der jungen Frau.

      „Wow…, wieder so ein schwarzes Ungeheuer? Geht’s bei Ihnen auch mal eine Nummer kleiner?“

      „Was hätten Sie gerne, einen Polo? Tut mir Leid, wir haben nur die. Ich denke mal, Herr Wagner wird damit zurechtkommen.“

      Aha. Retourkutsche. Als ob sie so ein Ding nicht fahren könnte. Na das kann ja was werden.

      „Sagen Sie mal, Sie reden von Tagen, geben uns einen Wagen…“

      „Machen Sie sich keine Sorgen. Sie sind unsere Gäste“, wurde Sarah unterbrochen. „Genießen Sie Ihren Aufenthalt. Den Rest besprechen wir nachher. Wenn ich Sie dann bitten darf.“

      „Geben Sie uns noch einen Moment.“

      Mit einem kurzen zustimmenden Nicken entschwand Monique Devuille. Sarahs Blick folgte ihr. Scheiße, von hinten sieht die genauso gut aus. Sie drehte sich wieder Frank zu. Auch er schaute ihr - wieder mit diesem verfluchten Lächeln - hinterher.

      „Hey? Was machst du da?“

      „Ich? Was meinst du? Ich schau doch nur.“

      „Dein Gesicht. Was ist das da?“

      „Was meinst du?“

      „Deine Augen…, steck sie wieder rein. Das Lächeln…, was soll das?“

      „Na ich lächle halt. Was ist so schlimm daran? Ich denke du magst mein Lächeln?“

      „Ja eben! Das ist mein Lächeln. Nicht vergessen, warum wir hier sind!“

      Frank ließ sich nicht beirren. Sarah musterte ihn. Sie versuchte seine Gedanken zu lesen, was ihr nicht besonders schwerfiel. Sie musste sich durchaus widerwillig eingestehen, dass sie in dem Jahr, solange sie sich mittlerweile kennen, nie auf den Gedanken gekommen ist, dass es ja noch andere Frauen auf diesen Planeten gibt. Und schon gar nicht, dass denen der Kerl, der ihr da gegenüberstand, auch noch hinterherstiert. Jüngere Frauen, hübschere Frauen und vor allem einfachere Frauen. Wie hatte Gustav gesagt, Männer wie der, liegen nicht am Straßenrand. Sie war die Erste nach der langen Zeit seiner Trauer, aber das heißt doch nicht automatisch, dass sie auch die Letzte sein muss. Vielleicht hatte er durch sie ja wieder Blut geleckt. Scheiße! Schon wieder kämpfen. Sarah war sich nicht sicher, ob sie noch ganz dicht war. Fünf Minuten mit dieser Tussi und sie wird…, nein, sie ist eifersüchtig.

      „Na, die gefällt dir wohl? Jung, knackig, schlau, bildschön…“

      „Die Schönheit einer Frau besteht in dem Verlangen, dass sie in einem Mann auslöst.“

      „Und? Hast du Verlangen?“

      Mit einem verschmitzten Grinsen strahlte Frank sie an, während Sarah sich erwartungsvoll auf das Autodach lehnte.

      „Nach dir, ja. Nach ihr…, weiß nicht? Der erste Eindruck…, mich fröstelst ein bisschen, wenn ich ihr zuhöre.“

      „Spinner. Für Frauen, die so aussehen, wurden Wörter erfunden. Stell dir mal vor, du kommst nach Hause und so eine Frau steht da am Kühlschrank, schön zurecht gemacht, das kleine Schwarze an, die Strapse lugen ein bisschen vor, vielleicht noch ein eiskaltes Bier in der Hand…? Was dann?“

      Franks Grinsen wurde immer breiter. Wie es schien, stellte er sich die Sache bildlich vor.

      „Dann…, dann bin ich in der falschen Wohnung. Du kannst mich aber gerne mal vom Gegenteil überzeugen.“

      „Aber du musst zugeben, dass sie äußerlich auf alle Fälle makellos ist. Ich habe gesehen wie du sie beobachtet hast.“

      „Keiner ist makellos. Perfektion ist unerreichbar. Ich glaube die Menschen haben Angst, ihre Makel zu zeigen, merken aber nicht, dass das bereits einer ist. Doch du hast nicht Unrecht, bei ihr muss man wahrscheinlich eine ganze Weile suchen.“

      Sarah machte sich daran, der Bankerin ins Hotel zu folgen, hielt aber kurz noch mal inne.

      „Glaub mir mal, die sucht morgens auch die Katze.“

      „Welche Katze?“

      „Na die ihr in den Mund geschissen hat.“

      Mit einem Lachen wollte es Frank Sarah gleichtun und ihr folgen. Während sie versuchte mit einem überlegenen Blick Frank wieder auf den Boden der Realität zurückzuholen, amüsierte er sich noch immer über ihre Bemerkung.

      „Sag mal, bist du eifersüchtig?“

      Sarah blieb stehen, zog Frank mit einem Griff an sein Jackenrevers zu