Tonda Knorr

Totenwache 2.Teil


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leise zu reden.

      „Naja, was soll ich sagen. Ich verstehe auch nicht alles, was ihr hier in Deutschland so treibt. Es gibt Wichtigeres als einen Flughafen schließen zu wollen. Vielleicht solltet ihr den anderen da draußen erst mal bauen, dann könnt ihr den hier immer noch schließen. Aber die Geschichte…, die Geschichte die der hier ausstrahlt…, die könnte ihr nicht woanders hin transportieren.“

      Skeptisch drehte Kuntz sich ab. Sein Blick schweifte suchend über den Vorplatz. Er schien nervös und übermüdet. Die halbe Nacht sind sie durchgefahren, um rechtzeitig vor Ort zu sein. Er wollte es sich aber nicht nehmen lassen, hier zu sein. Und er wollte seinen Freund Waschkow nicht im Stich lassen. Ganz davon abgesehen, dass er neugierig war, wie Sarah sich denn nun entschieden hat.

      „Ich hätte das auch alleine geschafft.“

      „Weiß ich Boris, weiß ich.“

      Kuntz drehte sich zu seinem Chauffeur.

      „Philipp? Hast du ne Zigarette?“

      Philipps Kopfschütteln und sein verschmitztes Lächeln erinnerte ihn daran, dass Philipp Nichtraucher war und er ihn öfter daran erinnern musste, dass er ja eigentlich aufgehört hatte.

      „Nee Chef, ist ungesund. Vor allem so früh am Morgen.“

      Kuntz winkte beiläufig ab.

      „Ihr mit eurem Gesundheitswahn. Wollt immer aussehen wie spartanische Krieger. Euer Fitnessgepumpe ist genauso ungesund.“

      „Ja, ja. So ein Zweimeterschlaks mit Klingeldrähten bis zu den Kniekehlen und einer Hornbrille wäre auch genau der richtige für meinen Job.“

      Philipps lapidare Bemerkung ließ erahnen, dass die beiden Männer diesen Dialog scheinbar nicht das erste Mal führten. Trotzdem konnte sich Kuntz ein Schmunzeln nicht verkneifen.

      „Da kommen sie“, wies Waschkow den Polizeidirektor auf die Ankunft von Sarah und Frank hin. Kuntz schien immer noch nervös.

      „Und? Sitzt sie drin?“

      „Ja! Sieht ganz so aus. Du hast Recht gehabt.“

      „Das ist gut, echt gut. Ich habe fast selber nicht dran geglaubt. Was mach ich denn jetzt?“

      Ungläubig drehte sich der alte Waschkow zu Bernhard.

      „Was? Mein alter Freund weiß nicht, wie er sich verhalten muss? Dass ich das noch erlebe. Sag ihr Guten Tag, wie man das so macht. Oder Guten Morgen. Auf alle Fälle sage ihr nicht, dass du wusstest, das sie kommt.“ „Wusste ich ja gar nicht“, unterbrach ihn Kuntz.

      „Das klang vor zwei Tagen aber anders.“

      „Na ja, sicher war ich mir aber nicht. Das war mehr Zweckoptimismus. Mir sind die Alternativen ausgegangen.“

      Waschkow amüsierte sich über Bernhards kurzzeitige Unbeholfenheit.

      „Benimm dich so, als wäre es das normalste der Welt, dass sie hier ist.“

      „Ja, genau. So machen wir das.“

      „Und vor allem hör auf, so rumzuzappeln. Ist ja nicht mit anzusehen. Du solltest wieder mit dem Rauchen anfangen.“

      „Na haste doch gehört, hat doch keiner eine da“, echauffierte sich Kuntz.

      Behäbig stieg Sarah aus dem Auto. Letzte Chance einen Rückzieher zu machen. Sie verweilte an der offenen Autotür und musterte ihre Tasche auf der Rückbank. Frank lehnte mittlerweile ihr gegenüber die Arme abgestützt auf dem Autodach und beobachtete sie. Langsam atmete Sarah aus, richtete ihr Augenmerk der Reihe nach auf Philipp, Waschkow, Kuntz, um dann schließlich bei Frank zu verharren. Frank war sich nicht sicher, ob sie immer noch mit sich haderte oder ob ihr genau im falschen Augenblick vielleicht wieder ihr Gesundheitszustand einen Streich spielte.

      „Geht’s dir gut?“

      „Ich bin mir nicht sicher. Sag du es mir.“

      „Also ich muss dahin. Du hast noch die Wahl. Aber eins solltest du wissen, wenn du jetzt einen Rückzieher machst…“

      „Dann?“

      Frank machte eine kurze Pause ohne seinen Blick von ihr zu lassen.

      „Dann werde ich das akzeptieren. Ich liebe dich und ich will, dass es dir gut geht. Mach nicht das, was andere für richtig halten. Mach das, was für dich richtig ist. Mach’s nur, wenn sich das für dich gut anfasst.“

      „Dein Arsch und deine Oberarme, die fassen sich gut an. Das hier, nein, dass fasst sich nicht gut an.“

      „Du weißt doch wie ich es meine. Pass auf, ich gehe da jetzt rüber zu Kuntz, es wird nämlich Zeit, und ich werde ja sehen, ob du mir folgst. Wenn du mich zurückhältst um dich noch zu verabschieden, dann weiß ich Bescheid.“

      Sarah schaute Frank hinterher, wie er sich langsam in Richtung Kuntz davonmachte.

      „Frank! Warte.“

      Ohne sich umzudrehen blieb Frank stehen in Erwartung dessen, was denn nun kommen werde.

      „Ich muss Philipp noch die Autoschlüssel geben.“

      Innerlich erleichtert drehte er sich Sarah zu.

      „Gib mir deine Tasche. Ich warte bei Kuntz.“

      Noch während Sarah ihm die Tasche in die Hand drückte, küsste sie ihn. Mit einem behutsamen Lächeln im Gesicht bewegte sie sich rückwärtslaufend, den Blick nicht von Frank lassend, in Philipps Richtung.

      „Pass bloß auf. Nicht das du mir noch hinknallst.“

      „Keine Angst. Ich habe mich entschieden. Dann musst du mich eben im Rollstuhl durch Bern schieben.“

      Danach drehte sie sich zu Philipp um, der sie schon erwartete. Frank und Philipp verabschiedeten sich mit einem kurzen Wink und einem angedeuteten Kopfnicken, wie Männer sich halt verabschieden. Sarah dagegen nahm sich mehr Zeit. Sie küsste ihn, umarmte ihn und flüsterte ihm, während sie ihm den Schlüssel in die Hand drückte, ins Ohr.

      „Sag Lisa schönen Dank und pass mir auf das Mädel auf. Die is ne Verrückte, aber du hast ihr den Kopf verdreht. Nicht das der noch schwindlig wird. Tu ihr nicht weh. Sie wird gerade vernünftig.“

      Philipp konnte nicht viel mit Sarahs Bemerkung anfangen.

      „Weh tun? Vernünftig?“ Sein Blick wanderte in Richtung des wartenden Polizeidirektors. „Vernünftig muss ich schon den ganzen Tag durch die Stadt chauffieren. Die soll nicht vernünftig werden!“

      Sarah löste sich aus der Umarmung und machte sich davon, nicht ohne sich nochmal umzudrehen.

      „Sag’s ihr.“

      Der Gang in Richtung Bernhard Kuntz fiel Sarah merklich schwerer, als sich von Philipp zu verabschieden. Nun gab es kein Zurück mehr. Ihre Tasche stand unweit seiner Füße. Das riesige Flughafengebäude zog sie förmlich zu sich heran. Flucht ausgeschlossen.

      „Da hast du dir ja was eingebrockt“, säuselte sie vor sich hin. Jetzt nahte der Augenblick, wo sie klein beigeben musste. Egal was Lisa sagte. Kuntz hatte gewonnen. Die Nervosität, das Gezappel bei ihm schien verflogen. Staatsmännisch stand er da und erwartete sie. Gesäumt von Waschkow, der sie freundlich wie immer anlächelte und Frank, dem die Erleichterung immer noch anzusehen war.

      „Ich will nichts hören. Kein Wort. Ich bin hier und das muss erst mal reichen“, begrüßte sie Kuntz, den Polizeidirektor, den Freund der Familie, etwas anders als von ihm vielleicht erwartet. Auch Boris Waschkow reichte sie mehr förmlich die Hand. Eine kurze Verlegenheit machte sich bei Kuntz breit.

      „Na los!“, stichelte ihn Waschkow.

      „Äh ja, guten Morgen.“

      „Na siehst du. Geht doch ganz einfach.“

      Sarah war irritiert.

      „Habt ihr das geübt?“

      „Äh,