Tonda Knorr

Totenwache 2.Teil


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Es wäre schade, wenn diese Sachen nach so langen Jahren wieder in irgendeinem Privatsafe verschwinden würden.

      „Banque pour l’art…, noch nie gehört. Was es alles gibt?“

      „Also, so interessiert, wie du mir zugehört hast und jetzt neugierig dreinschaust, solltest du da mitfahren.“

      „Quatsch!“

      „Ich frage mich bloß, was das noch alles mit Kuntz’ Sonderkommission zu tun hat? Vor allem frage ich mich, was das alles mit mir zu tun hat?“

      Lisa riss erstaunt die Augen auf.

      „Na das ist doch genau dein Ding. Sei ehrlich, ganz tief in dir drin rattert es doch schon. Es brennt doch in dir.“

      „Na eben deshalb. Ich will ja.“

      „Aber die wollen dich nur zu ihren Bedingungen.“

      „Oh Mann, was denkst du, wie oft ich das heute schon gehört habe?“

      Skeptisch zuckte Lisa mit den Schultern. Was sollte sie auch sagen. Auf der einen Seite ihre beste Freundin, mit einem unbändigen Elan und auf der anderen Seite, Kuntz- der Polizeidirektor, seine Vorschriften und ärztliche Gutachten, die vielleicht sachlich richtig sind, aber mit der Realität nicht viel zu tun haben.

      „Auf alle Fälle braucht dich Frank da.“

      „Ach Frank. Der hat die ganze Zeit nur dagesessen, mich angestarrt und kein Wort gesagt. Der hätte Kuntz doch sagen können, dass es ohne mich nicht geht.“

      „Na meinst du, das hätte was geändert?“

      Sarah schien ihr Gesagtes zu überdenken.

      „Na logisch hätte das nichts geändert. Aber ich hätte das Gefühl gehabt, dass er zu mir hält.“

      Lisa verdrehte die Augen, erwiderte aber nichts.

      „Ganz im Gegenteil, er hat mich auch noch zurückgehalten als ich Büttner eine reingehauen hab.“

      „Was? Büttner? Dem Büttner?“

      „Ja! Genau dem. Der stand da im Foyer wie so ein Vollpfosten rum und hat einen auf Mitgefühl gemacht.“

      „Und da hast du dir gedacht, haust du ihm erstmal Eine rein. So einem Zwei-Meter-Kerl, mir nichts, dir nichts, Eine gelangt? Ich traue mich gar nicht zu fragen…, aber hat Kuntz das gesehen?“

      Sarah antwortete nicht. Musste sie auch nicht. Lisa sah es ihr an.

      „Na das war’s ja dann. Das hat den Alten bestimmt an den Gutachten zweifeln lassen.“

      „Na toll! Auch das konnte ich mir heute schon anhören. Ich habe einfach nicht erwartet, dass Frank sich da so raushält.“

      „Also wie gesagt, ich verstehe ihn. Gut, vielleicht hätte er dich vorwarnen können, aber sich dann zwischen die Fronten stellen, das geht nie gut.“

      „Er soll sich ja nicht zwischen die Fronten stellen. Er soll sich auf meine Seite stellen.“

      Lisa ließ das Gesagte so im Raum stehen, drehte sich ab um sich genussvoll eine Zigarette anzumachen. Sie nahm zwei drei Züge, pustete den Qualm quer durchs Zimmer und verfolgte wie sich die Rauchschwaden gleichmäßig verteilten. Sarah war irritiert.

      „Was? Hat‘s dir die Sprache verschlagen? Ich denke du rauchst nur noch auf dem Balkon?“

      Langsam drehte sich Lisa ihr zu. Sie musterte Sarah kurz und ihr Gesichtsausdruck verhieß, dass es wohl gleich eine ernste Ansage gibt.

      „Willst du auch eine?“

      „Lieber nicht. Ich krieg doch jetzt bestimmt was zu hören.“

      „Kriegst du. Jetzt hör mir mal zu, Puppe. Ich habe gesagt, dass ich immer öfter auf den Balkon gehe, nicht immer. Außerdem ist Philipp ja jetzt nicht da. Und Frank…, wer sagt dir denn, dass er deiner Meinung ist?“

      „Äh…“

      „Kein Äh! Bloß weil er dich liebt, muss er doch nicht immer deiner Meinung sein. Ich will es ja nicht beschreien, es muss ja auch nicht stimmen, aber hast du ihn schon mal gefragt, wie er das sieht?“

      Sofort fiel Sarah ihr Gespräch mit Frank ein, bei dem er ihr seine Bedenken bezüglich ihrer zwar seltener gewordener, aber zugegebenermaßen doch noch regelmäßigen Schwindelanfälle mitteilte. Auch Kuntz seine Andeutung auf ihre Aktion mit Büttner untermauerte die Fragwürdigkeit ihrer Selbsteinschätzung.

      „Vor allem würde mich mal interessieren, ob du dir selber die Frage gestellt hast?“

      „Na klar!“

      „Klar? Klar ist nur, und dafür liebe ich dich, dass du dein Herz gefragt hast. Aber was sagt dir dein Verstand? Versuche doch mal, aus dir rauszugehen. Einen Schritt zurückzumachen und dir die Sache im Ganzen zu betrachten. Aus Sicht von Kuntz zum Beispiel. Würdest du dich wieder einstellen? Alle Gutachten über den Haufen werfen? Eine Vergewaltigung einfach so vergessen, die dir ohne den Job vielleicht nie passiert wäre?“

      „Vergessen? Vergessen werde ich das mein Lebtag nicht. Im Leben vergisst man nicht, man verdrängt. Aber ich habe gelernt damit umzugehen.“

      „Was? Du hast gelernt damit umzugehen? Zwei Jahre nachdem das passiert ist, haust du jemanden um, der nicht mal direkt damit zu tun hatte. Jemanden, der zwar ein Lappen ist, sich aber an die Vorschriften gehalten hat. Das nennst du, damit umgehen?“

      „Das ist doch ganz was anderes. Scheiß auf die Vorschriften. Ich hätte ihn da nicht alleine reingehen lassen. Auch wenn es nicht den Vorschriften entspricht, ich hätte ihn nicht im Stich gelassen.“

      Lisa starrte Sarah an. Sie ließ das Gesagte kurz wirken.

      „Wer hat da jetzt geredet, dein Herz oder dein Verstand?“

      „Das kann man doch nicht immer trennen.“

      „Siehst du, und Kuntz muss das trennen. Und Frank, Frank geht es vielleicht ähnlich. Hör mal, ich finde es echt cool, dass du, trotz dem was dir da passiert ist, mit einem Mann, mit Frank zusammen bist und ich hoffe auch, dass ihr richtig geilen Sex habt. Aber das, was dir da passiert ist, das ist da. Du kennst doch den Spruch, was man auch sagt, was man auch tut, was einem auch passiert, es wird nie wieder ungeschehen. Das kann man nicht löschen und wie du schon sagst, das wirst du dein Lebtag nicht vergessen. Und auch für dein direktes Umfeld wird es immer da sein. Man wird nicht drüber reden, aber jeder wird es irgendwie, irgendwo im Gedächtnis haben.

      Finde dich damit ab und akzeptiere, dass es für Kuntz eine wichtige Rolle in der Beurteilung deiner Dienstfähigkeit spielt. Akzeptiere, dass er nicht sein Herz fragt, sondern auf seinen Verstand, oder besser gesagt, den Verstand der Gutachter hört. Du darfst auch nicht vergessen, wenn so was einmal passiert ist, denkt jeder, was ist, wenn es nochmal passiert?“

      „Das heißt also, dass ein normales Leben für mich nicht mehr möglich ist?“

      „Sag mir, was ein normales Leben ist? Du bist gesund, hast was in der Birne, einen geilen Arsch, zwei ordentliche Titten…, das einzige, was anders ist, dass du einen kleinen Knacks in deiner Seele hast. Das heißt doch aber nicht, dass du kein normales Leben führen kannst. Es steht dir ja nicht auf der Stirn, was dir passiert ist.“

      Sarah schwieg. Ihre Gedanken versuchten das Gesagte zu verarbeiten.

      „Na, doch ne Zigarette?“

      Wortlos griff Sarah zu, während sie von Lisa keinen Augenblick aus den Augen gelassen wurde. Sie lehnte sich langsam zurück. Was konnte sie dem erwidern. Ihr fiel nichts Gescheites ein und so wie Lisa sie anstarrte, konnte sie wahrscheinlich noch was nachlegen.

      „Und was mach ich jetzt?“

      Lisa erhob sich, ging um den Tresen herum und kramte in ihrer Handtasche.

      „Hier.“

      „Deine Autoschlüssel? Wo soll ich denn nun schon wieder hin?“

      „Wir