Tonda Knorr

Totenwache 2.Teil


Скачать книгу

dass da nichts zu finden sei. Sie drehte sich Frank zu, der das ganze genüsslich vom Fenster aus beobachtete.

      „Frank? Hast du mal…?“

      Und wieder war auf ihn Verlass. Ein kurzer Griff und er zerrte einen zerknitterten Geldschein aus seiner Hosentasche.

      „Hier, ist aber leider nur in Euro. Wir konnten noch nicht…“

      Er kam gar nicht dazu weiterzureden, da sich der Page mittlerweile in eindrucksvoller Weise mit einem ablehnenden Handzeichen und einem Lächeln auf den Lippen - in einer dezent gebückten Körperhaltung die Türflügel gleichzeitig mit beiden Händen schließend - zurückgezogen hatte.

      Da standen sie nun. Sarah starrte mit ausgestreckter Hand fassungslos auf die geschlossene Zimmertür.

      „Hast du das gesehen?“

      „Was, dass er das Geld nicht haben will?“

      „Hast du gesehen, wie er die Tür zugemacht hat? Ich habe noch nie gesehen, wie so ein Dreikäsehoch so elegant eine Tür zu machen kann.“

      „Na dann solltest du ihn bei jeder möglichen Gelegenheit anfordern, dann kannst du dich daran sattsehen, wie er jedes Mal die Tür schließt.“

      „Warum sind die Hotelpagen dieser Welt bloß alle so klein?“

      „Ganz einfach, damit sich der Gast größer fühlt, und wenn du so eine kleine stinkreiche Oma bist, dann muss der Page halt noch kleiner sein.“

      „Ist das dein Ernst.“

      „Klar!“

      „Und warum hat der das Geld nicht genommen? Was hast du da? War ihm das zu wenig?“

      „Ein Zehner.“

      „Ein Zehner? Der hat doch nur meine Tasche hochgetragen und die Tür aufgemacht.“

      „Und…, zugemacht! Vielleicht trainiert der dafür und so wie du das bewunderst, ist das wahrscheinlich der Bringer. Ich glaube aber vielmehr…, wer weiß…, vielleicht hätte er das Geld genommen, wenn deine neue Freundin nicht argwöhnisch im Flur gewartet hätte?“

      „Meinst du? Das kann ihm doch egal sein, ob die da im Flur wartet.“

      „Naja, vielleicht hatte er Angst, es abgeben zu müssen. Ist mir aber eigentlich scheiß egal. Ich gebe es ihm später, wenn es dich beruhigt.“

      Während für Frank die Sache erledigt schien, hakte Sarah nochmal nach.

      „Neue Freundin? Was meinst du mit neue Freundin?“

      „Na, neue Freundin halt. Ich habe doch Augen im Kopf. Ich denke ihr werdet tolle Freundinnen. Wenn man euch so beobachtet…, warum seid ihr Frauen eigentlich so?“

      „Wie sind wir denn?“

      „Na so!“

      Sarah tat sich schwer, mit dem was Frank da von sich gab. Aber wie es schien, war es genau das was er wollte. Sein lausbübisches Lächeln deutete jedenfalls darauf hin.

      „Na so? Wie denn?“, hakte Sarah nochmal nach.

      „Machen wir! Ununterbrochen, deshalb sind wir ja hier.“

      „Na man, was hätte ich denn sonst sagen sollen? Als ob wir nicht wüssten, dass wir die Unterlagen mitbringen müssen. Deshalb sind wir doch hier.“

      „Ja, aber die nimmt uns wahrscheinlich nicht für voll. Der ganze Zirkus hier…, die wollen uns einlullern und da dachte sie sich, wird sie uns lieber nochmal dran erinnern, weshalb wir eigentlich hier sind.“

      „Aber da hat sie sich geirrt“, kommentierte Sarah schnippisch. „Du magst sie also auch nicht?“

      „Siehst du, da ist es wieder. Das meine ich. Wieso seid ihr Frauen so?“

      „Wie denn?“

      „Stutenbissig!“

      „Stutenbissig? Ich bin doch nicht eifersüchtig…? Oder sollte ich?“

      „Darum geht’s doch gar nicht…“

      „Doch, doch, sag schon.“

      Sarah tat gleichgültig, schlenderte zum Fenster, riss die Vorhänge auf, aber eigentlich brannte sie auf eine Antwort.

      „Sie ist nett, höflich, versucht uns jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Sie hat doch noch gar nichts falsch gemacht.“

      „Oh doch! Sie hat schon ne Menge falsch gemacht. Das habe ich dir doch schon gesagt. Sie ist jünger als ich…, hat vermutlich auch noch was in der Birne…, sieht gut aus und das schlimmste ist…“

      Sarah hielt inne während sie am offenen Fenster den Blick über den Marktplatz von Bern streifen ließ und tief einatmete.

      „…sie hat noch nichts falsch gemacht!“

      „Was? Ist das Frauenlogik? Alles was sie falsch gemacht hat ist, dass sie noch nichts falsch gemacht hat?“

      „Ja genau! Das strengt an. Wir Frauen stehen im ewigen Wettkampf.“

      „Also doch stutenbissig?“

      Sarah schmiegte sich an Franks Schulter während sie ganz leise ein Ja hauchte.

      „Hast du gerade Ja gesagt?“

      „Ich?“

      „Ja du! Sarah Fender gibt ihre Stutenbissigkeit zu?“

      „Na sage mal, ist das jetzt dein Lieblingswort?“

      Frank umschlang dabei Sarahs Hüfte, um sie dann problemlos auf den Arm zu nehmen. Sie genoss es, kuschelte sich an seinen Hals, während er sie hinüber zum Bett trug und vorsichtig in die Kissen legte.

      Ohne ein Wort zu sagen legte er sich zu ihr, schlang seine Arme um sie und küsste ihren Hals ohne auch nur eine Stelle auszulassen. Sie schloss die Augen, genoss die Liebkosungen bis ihr ein leiser Seufzer über die Lippen kam. Frank hielt inne.

      „Was machen deine Hände da?“

      Sarah riss die Augen auf.

      „Meine Hände?“

      „Ja! Deine Hände!“

      „Du meinst die hier…“

      „Ja! Die da an meiner Hose rumfummeln.“

      „Ach die…, na die fummeln an deiner Hose rum.“

      „Jetzt?“

      „Jetzt! Vermutlich wollen die das Revier der Stute markieren.“

      „Ausgerechnet jetzt?“

      „Die Natur ist zeitlos. Wann denn sonst?“

      „Später…, vielleicht?“

      „Oh nein! Jetzt und hier! Du hast doch gehört was meine neue Freundin gesagt hat, wir sollen uns Zeit lassen.“ „Das hat sie doch nur so gesagt.“ „Und das wiederum, ist mir jetzt scheißegal. Jetzt ist noch alles schön und frisch. Wer weiß, was uns hier noch alles erwartet? Du hast doch gesagt, ich soll es nur machen, wenn es sich gut anfasst, und das hier, das fasst sich gut an.“

      „Aber das ist weder mein Arsch, noch sind es meine Arme.“

      „Schon klar, aber ich wollte dir in Berlin auch nicht aufzählen, was sich alles an dir gut anfasst. Dann würden wir nämlich jetzt noch dastehen.“

      „Und du bist dir ganz sicher, dass du das jetzt hier willst?“

      Sarah wackelte gespielt unschlüssig mit dem Kopf.

      „Na ja, wir können auch erst noch eine Supervision abhalten.“

      „Ach…, kommt jetzt auch noch das Psychosoziale in dir durch?“

      „Ja genau, ich komme jetzt meinen psychosozialen Pflichten nach. Davon abgesehen, wenn meine neue Freundin dich da drüben in der Bank um den kleinen Finger wickelt, dann habe ich ihr eins auf alle