Ute Dombrowski

Tabu Liebe verlässt dich nie


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      Am Morgen wachte Katja früh auf. Sie hatte traumlos und fest geschlafen und fühlte sich frisch und ausgeruht. In vielen Nächten vorher war sie hochgeschreckt, denn die Erinnerungen an die prasselnden Flammen meldeten sich oft in ihren Alpträumen. Dann hatte sie Daniel geküsst und sie war wieder eingeschlafen. Nun war Karim wieder da, alles war komplett, also hatte sie wohl auch deshalb so gut geschlafen.

      Sie stand auf, ging in die Küche und bereitete das Frühstück vor. Um neun Uhr wollten sie zusammen in der Firma sein, um die Formalitäten für Karims Arbeitsantritt zu erledigen. Später würde Katja noch ein wenig im Lager arbeiten und die Kisten etikettieren, die heute versandfertig gemacht werden mussten.

      Jeden Nachmittag um zwei Uhr kam Claudine, ihre Sprachlehrerin. Daniel hatte sie für ein halbes Jahr engagiert, um Katja in einem Intensivkurs die Sprache zu vermitteln, die in den nächsten Jahren ihre Muttersprache ersetzen sollte. Katja war mit Elan an die Arbeit gegangen.

      Claudine Bricardeaux war dreißig Jahre alt, hatte lange, blonde Haare, die stets zu einem Dutt gewickelt waren und wog etwa hundert Kilo. Aber sie wirkte nicht dick, denn sie war agil und fröhlich und ihre Lebensfreude drückte sie mit grellen, bunten Kleidern aus. Sie sprach schnell und nahm auch wenig Rücksicht auf Katjas Stottern, wenn diese mal wieder etwas nicht verstanden hatte. Claudine hatte im Gegenzug ein wenig Deutsch gelernt.

      „Musst du dich eilen, damit du kannst sprechen französische Wörter. Darfst du nicht weinen, wenn ich zu schnell“, sagte sie mit diesem unverwechselbaren Akzent zu Katja und lachte.

      Claudines Fröhlichkeit war nicht zu überbieten und nach und nach konnte Katja viel verstehen und auch sagen. Sie hatte Spaß und abends sprach sie immer Französisch mit Marie, um ihre Lernerfolge zu zeigen. Daniel saß daneben und strahlte.

      In dem Moment wurde sie von einem Kuss in den Nacken aus ihren Gedanken gerissen.

      „Guten Morgen, mein Engel. Du bist ja schon auf“, sagte Daniel. „Hast du gut geschlafen?“

      Bei der Frage hatte er wie jeden Morgen die linke Augenbraue hochgezogen. Er machte sich immer noch Sorgen.

      „Ich habe gut geschlafen und es geht mir gut. Das liegt sicher daran, dass wir jetzt wieder alle zusammen sind und dass ich dich liebe.“

      Sie setzten sich an den Tisch und nun kam auch Karim dazu. Marie wollte heute lange schlafen, damit sie am Abend gut ausgeruht war. Danach fuhren sie in die Firma, die Maries Namen behalten hatte: „Le Vin De Marie H.“

      Am Empfang saß Giselle, die bald in Rente gehen würde. Sie war eine wahre Dame, die schon zur Geschäftseröffnung zu Marie gekommen war und man konnte sich darauf verlassen, dass sie hier alles wusste und jeden Menschen kannte. Sie sprach sehr gut Deutsch, begrüßte Daniel und Karim herzlich. Sie hatte Daniels Frau sofort in ihr Herz geschlossen.

      „Bonjour, Madame Hardeg. Ça va?”, fragte sie, denn sie wusste, dass Katja sehr fleißig Französisch lernte.

      „Bonjour, Giselle. Ça va bien, merci. E toi?“

      Giselle war erfreut.

      „Bien. Gut, danke. Das klappt ja schon ganz gut mit dem Sprechen. Ihre Familie kann stolz sein.“

      Nun ging Katja ins Lager und Daniel mit Karim ins Büro. Am Mittag trafen sie sich zum Essen. Später kam Claudine in die Firma und sie lernten.

      *

      So verging die Zeit, Katja war glücklich und lebte mit Daniel das Leben, das sie sich immer erträumt hatte. Er war zärtlich und großzügig wie eh und je. Karim bezog zum Nikolaustag eine eigene Wohnung in der Nachbarschaft der Firma. Ab und zu lieh er sich einen Helikopter.

      „So ganz ohne Fliegen geht es nicht“, sagte er lachend und flog Daniel und Katja an den Wochenenden durch die Gegend. Zu Weihnachten holte er Cora und Michel mit dem Helikopter vom Flughafen in Toulon ab.

      Katja hatte die ganze Zeit in den Himmel gelauscht. Dann sah sie den Helikopter kommen und rannte aus dem Haus. Cora hüpfte heraus und fiel Katja um den Hals. Michel kletterte hinterher und brachte die Taschen mit.

      Tränen der Freude liefen über Katjas Wangen.

      „Meine beste Freundin. Ich freue mich so, dich zu sehen. Das werden tolle Tage, ich verspreche es dir.“

      Cora strahlte und erwiderte: „Gut siehst du aus. Ich glaube, dich hierher zu schaffen, war Daniels zweitbeste Idee. Ich bin froh, dass es dir gut geht.“

      Michel begrüßte Katja auch und dann liefen sie zur Villa, wo Daniel schon wartete.

      „Herzlich willkommen. Fühlt euch wie zuhause.“

      Katja stieß Cora an.

      „Was war denn seine beste Idee?“

      Cora lachte und antwortete: „Dich zu heiraten, du Dummerchen.“

      Nun kamen auch Marie und Karim dazu und sie setzten sich an den Kamin. Es war nicht sehr kalt, aber gegen Abend war es am Kamin einfach gemütlicher und so war es zur Gewohnheit geworden, den Tag auf diese Weise ausklingen zu lassen.

      Cora und Michel erzählten vom Leben in Potsdam, Katja und Daniel vom Leben in Südfrankreich. Als die Männer einen Gang zum Strand machten und Marie sich zurückgezogen hatte, setzte sich Cora zu Katja.

      „Bist du glücklich? Geht es dir wirklich gut? Hast du die Sache mit Maurizio überwunden?“

      Katja antwortete ehrlich: „Ja, es geht mir gut. Mein Leben ist jetzt so, wie ich es mir immer gewünscht habe. Daniel ist der beste Mann, den man sich denken kann. Er bezieht mich in sein Leben mit ein, liest mir jeden Wunsch von den Augen ab und ist jeden Tag für eine Überraschung gut. Und dass nun auch noch Karim da ist, ist das Beste.“

      „Wie ist es denn jetzt zwischen euch? Keine Sehnsucht?“, bohrte Cora weiter.

      Katja schüttelte den Kopf.

      „Er ist unser bester Freund. Alles ist gut. Manchmal …“

      Cora schaute sie an und meinte: „Manchmal fragst du dich, wie es soweit kommen konnte mit Maurizio?“

      „Ja, das ist schon so fern, dass ich manchmal denke, das war nicht ich. Aber dann ist es wieder so präsent, dass ich nur grübeln muss. Hätte ich es wissen können? Habe ich etwas falsch gemacht?“

      Cora zuckte mit den Schultern.

      „Du hast nur falsch gemacht, dass du nicht beim ersten Übergriff gegangen bist. Aber ich weiß nicht, wie ich mich verhalten hätte. Man sagt ja immer, dass einem selbst so etwas nicht passiert. Ich bin mir da jetzt nicht mehr so sicher. Ich kann dich gut verstehen, denn neben den Aussetzern in seinem Verhalten war Maurizio ein toller Mann. Es tut mir leid, dass er tot ist.“

      Katja nickte und sagte: „Ja, das tut mir auch leid, aber ich denke, er wollte sich nicht helfen lassen. Er hat mit so vielen Lügen gelebt. Daran ist er Stück für Stück zugrunde gegangen. Ich bin froh, dass ich aus der Sache lebend herausgekommen bin. Dank Daniel und Bea und Karim und euch, die ihr immer zu mir gehalten habt.“

      Nun flossen ihr doch noch Tränen über die Wangen. Cora nahm sie in den Arm und so hielten sich die Freundinnen fest. Entschlossen schniefte Katja und wischte sich die Tränen ab.

      „Aber nun musst du erzählen. Wie lebt es sich als Michels Frau? Habt ihr Spaß?“

      Cora lachte auf.

      „Oh ja, wir haben viel Spaß miteinander. Wir ergänzen uns einfach prima. Wenn ich mich freuen will, freut er sich auch. Wenn ich streiten will, dann streitet er sich mit mir. Und im Bett läuft es super. Er ist ein aufregender Mann.“

      „Wer ist ein aufregender Mann?“, fragte Daniel, der gerade wieder hereingekommen war.

      Cora meinte nur: „Ihr seid alle aufregend. Dafür haben wir euch ja auch lieb.“

      Sie