A.E. Eiserlo

Fanrea Band 2


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und kann keine Rücksicht auf eine einzelne Person nehmen.“

      So schnell wollte Ben nicht aufgeben: „Ich verstehe, was Sie meinen. Aber wir müssen doch nach Hydraxia, um uns das Zauberbuch von Xaria zurückzuholen. Kaum jemand ist bisher die Flucht von dort gelungen. Jede Information über ihr Schloss ist kostbar und deswegen brauchen wir Henk.“

      Anerkennend nickte Magor: „Du bist ein schlauer Bursche, Ben. Gut, wir ziehen das durch und holen Henk da raus.“

      Ben konnte sich ein zufriedenes Grinsen kaum verkneifen und sie besprachen den Ablauf der Flucht. Da Magor Aufgaben nicht lange vor sich herschob, sollte die Rettungsaktion am nächsten Tag stattfinden.

      Eigentlich hatte Emma mit Magor wegen Sidney sprechen wollen, aber Ben war ihr leider mit seinem Anliegen zuvor gekommen. Länger mochte sie Sid nicht leiden sehen und wollte dem Zauberer unbedingt von Sids Leidenschaft zur Malerei erzählen. Jetzt musste sie nach einer anderen Gelegenheit suchen, um Magor alleine zu sprechen.

      Am Abend saßen die vier Elemente zusammen und es gab nur ein Thema: Die Entdeckung ihrer magischen Kräfte. Viele unbeantwortete Fragen und Ideen schwirrten in ihren Köpfen herum.

      Emma beschäftigte eine Frage ganz besonders: „Ich fühle mich überrumpelt. Welche Verpflichtung ist mit dem ganzen Elementekram verbunden? “

      „Tja, das ist noch ungewiss.“ Mit einer anmutigen Geste strich Nala ihre Haare nach hinten. „Ich bin sehr gespannt, wann Magor uns das verraten wird.“

      John rückte ein Stück näher zu Emma, so dass sich ihre Beine berührten. „Emma, du solltest deine Magie als Geschenk ansehen, es ist eine Gabe. Verändere deine Sichtweise und dein Gefühl ändert sich ebenfalls.“

      Überrascht drehte Emma sich zu John und sah in seine dunklen Augen. Die Berührung an ihrem Bein war ihr nicht entgangen und es fiel ihr schwer, sich auf seine Worte zu konzentrieren. „Wie meinst du das?“

      „Es ist oft eine Frage der Betrachtungsweise. Stell dir vor, du gehst um die Figur eines Bildhauers herum, die Figur bleibt immer dieselbe und doch sieht sie immer wieder anders aus. So ist es auch mit einem Problem. Verändere deinen Blickwinkel, geh sozusagen um das Problem herum. Vielleicht wird dadurch deine Gabe zu einem Geschenk für dich und du nimmst es gerne an.“

      Ben klinkte sich in das Gespräch ein: „Das ist wie mit dem Glas. Ist es halbvoll oder halbleer? Eigentlich ist es dasselbe, aber halbvoll hört sich doch viel besser an.“

      Erstaunt musterte Emma die beiden Jungen, Emmas angespannte Schultern lockerten sich und sie fühlte sich erleichtert. „Stimmt, ihr habt Recht.“ Ein spitzbübisches Lächeln umspielte Emmas Lippen. „Mann, bin ich froh, zwei solche Schlaumeier um mich zu haben.“

      Nalas Augen funkelten: „Ich finde es total cool, dass ich die Luft bewegen kann. Das macht mich stärker und ich kann mich besser wehren. Stell dir vor, Emma, du donnerst Xaria eine Ladung Wasser ins Gesicht, das würde dir doch gefallen, oder?“

      Weit weg von der Erde, in einer fremden Galaxie, auf dem kargen, dunklen Planeten Hydraxia, stand die Hexe Xaria vor ihrem Setzkasten und fingerte einige der winzigen Figuren heraus, um sie nebeneinander aufzustellen. Ein süßes, kleines Mädchen mit dunklen Locken, daneben zwei seltsame Wesen, beide halb Walross und halb Bär und eine Elfe mit Flügeln standen auf einem grob behauenen Steintisch. Xaria schob sie nach Belieben hin und her, fand das Ganze jedoch schnell langweilig und murmelte: „Ach, ich werde euch ein paar Minuten Leben schenken.“

      Als sie ihren Wachzauber sprach, kam sofort Bewegung in die Figuren, sie versuchten, zu fliehen und schrien wild durcheinander. Das machte der Hexe schon mehr Spaß und sie lachte ihr bösartiges Lachen, besonders dieses kleine, niedliche Mädchen bereitete ihr Freude.

      Plötzlich verspürte die Hexe ein starkes Ziehen in ihrem Hinterkopf, das kurz danach in einen starken Schmerz überging. Eine Eingebung kündigte sich damit an, sie wartete ungeduldig und schloss die Augen. Jählings hatte sie tatsächlich einen Einfall.

      Schnell stülpte sie eine Glasglocke über die tobende Meute kleiner Figuren und erhob sich: „Da gibt es ein Geheimnis, das ich lüften werde.“

      Voller Vorfreude rannte sie in ihr Schlafzimmer zu einem hölzernen Kasten und öffnete ihn, um ein Haar daraus zu entnehmen. Mit ihrer filigranen Beute lief sie zurück zur Glocke, hob sie erneut an, schnappte sich das kleine Mädchen und riss ihr ein Haar aus. Die Kleine schrie auf und schimpfte wütend, Xaria stülpte die Glasglocke zurück über die Figuren.

      „Gleich werde ich es wissen“, flüsterte Xaria. Sie nahm die beiden Haare und beschwörte sie: „Revelana misterio sumatra kasas.“ Gleichzeitig entzündete sie ein magisches Feuer. Danach schüttete sie eine bernsteinfarbene Flüssigkeit aus einer Ampulle gleichmäßig über die beiden Haare sowie in das Feuer und wartete. Das Feuer veränderte seine Farbe: Es wurde lila.

      „Ah, lila! Das scheint interessant zu werden.“ Fasziniert beobachtete Xaria das Feuer und die beiden einzelnen Haare. Auf ihrer Stirn bildeten sich oberhalb des Nasenrückens zwei tiefe Falten, die bei ihr äußerste Konzentration verrieten.

      Nach schier endlos erscheinenden Minuten kam langsam Bewegung in die Haare. Zunächst ringelten sie sich hin und her, dann schlängelten sie sich wie zwei Schlangen zögernd aufeinander zu. Sie umwanden sich wie Aale, um sich schließlich miteinander zu verknoten. Eng verstrickt blieben sie nach ein paar Sekunden leblos liegen.

      „Ja!“, zischte die Hexe aufgewühlt. „Ich habe es geahnt, sie sind miteinander verwandt.“

      Die Falten auf ihrer Stirn verschwanden und ihr Gesicht nahm einen aufgeregten Ausdruck an. „Das gefällt mir, das wird spannend.“

      Xaria griff nach den miteinander verbundenen Haaren und warf sie ins Feuer. Es zischte und eine Stichflamme entstand. Gebannt starrte die Hexe hinein und wartete. Buchstaben bildeten sich in der Flamme und Xaria notierte sie. Das entstandene Wort war in einer uralten, mystischen Sprache geschrieben und sie musste es erst mühsam übersetzen.

      „Dargansala“, flüsterte Xaria und rief dann nach ihrem gefügigen Diener: „Mazrar! Bring mir das Buch der alten Sprachen!“

      Der Gerufene erschien nach einer Weile und reichte ihr ein altes, abgegriffenes, in Leder gebundenes Buch. Ergeben schaute er seine Herrin an und wartete auf weitere Befehle.

      „Du kannst gehen. Ach, nein, warte. Bring mir einen Becher frisches Blut von unserem Neuzugang, dem gutaussehenden Handwerker. Das hilft mir beim Denken.“

      Mazrar nickte und schlurfte kopfschüttelnd davon.

      Xaria sprach zu sich selbst, was sie gerne tat, wenn sie blendender Laune war. „Gut, dass ein paar Haare an dem Buch hängen geblieben sind. Haare sind etwas wunderbares, sie offenbaren so viele Geheimnisse.“ Sie lächelte tiefgründig. „Ich glaube, ich sehe einmal in meinen eigenen Aufzeichnungen unter dem Kapitel Haare nach. Als ich noch jung war, habe ich mich eine Zeitlang intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Mazrar, wo bleibt mein Blut?“

      Kleine und große Drachen

      In der Höhle von Bernsteinauge starrten Ilian, Orell und Glenn auf das Drachenei. Zum wiederholten Male behauptete der Pegasus: „Ich bin mir sicher, dass das Ei seine Farbe verändert hat. Nicht viel, aber dennoch.“

      Glenn verneinte: „Wir würden Melvin zu früh hierhin bestellen. Es ist noch nicht so weit. Orell, sag du doch einmal deine Meinung.“

      Der Angesprochene tippelte unschlüssig von einem Huf auf den anderen. „Ich weiß nicht, ich weiß nicht. Ich bin mir nicht sicher.“

      Ungeduldig wieherte Ilian: „Wir müssen uns entscheiden! Wenn das Ei tatsächlich seine Farbe verändert haben sollte, muss Melvin kommen, er darf auf gar keinen Fall das Schlüpfen verpassen. Es ist besser, er kommt zu früh, als zu spät.“

      Die drei schauten erst sich und dann das Ei unschlüssig an. Orell entschied: „Ilian hat Recht. Besser