Annalies A. Beck

Nachhaltig wirksame Kollaboration in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit


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      2.2.3.2.2 Reziproke Beziehungen zwischen Nutzern von Video-Telefonie-Diensten, Instant Messaging und sozialen Netzwerken

      Social-Media-Anwendungen, die von Organisationsmitgliedern eingesetzt werden, die persönlich oder virtuell bereits miteinander bekannt sind (vgl. Kietzmann et al., 2011), bergen ein hohes Reziprozitätspotenzial.{91} Mit dieser Beziehungsvoraussetzung ist ein gewisses Reglement verbunden, was die Funktionen von Video-Telefonie-Diensten, Instant Messaging oder sozialen Netzwerken gleichermaßen betrifft.

      Video-Telefonie

      Insbesondere für Organisationen, deren Mitglieder räumlich getrennt zusammenarbeiten und in Echtzeit miteinander kommunizieren möchten, bieten sich Video-Telefonie-Services wie z. B. Skype{92} oder Facetime{93} an (vgl. Gronau, 2016; Gabriel/Röhrs, 2017: 31f). Diese Dienste können auch für die Kommunikation mit organisationsexternen Personengruppen eingesetzt werden. Für die Kontakt- bzw. Verbindungsdaten greift der Initiator des Video-(Konferenz)-Anrufs auf einen bereits erfolgten Informationsaustausch zurück, worin sich die wesentliche und zunehmende Stärke der Beziehung manifestiert.

      Instant Messaging

      Instant Messaging ermöglicht eine direkte, „synchrone computervermittelte Kommunikation“ (Gronau, 2016). Anders als beim Chat, den Gabriel & Röhrs (2017: 30) als „öffentliche Form der Unterhaltung über das Internet mit einer im Prinzip beliebigen Anzahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern“ definieren, kommunizieren beim Instant Messaging jeweils ausgewählte Personen(gruppen) miteinander (vgl. Beck, 2014: 5). Zwischen diesen lassen sich dauerhafte, starke Beziehungen herstellen und mittels regelmäßiger virtueller Unterhaltungen aufrechterhalten. Als Software dienen sog. Instant Messenger{94}. Zu den bekanntesten, ursprünglich hauptsächlich für private Zwecke genutzten, gehört „WhatsApp “.{95} Inzwischen wird der Messaging-Dienst zunehmend zur organisationsinternen Abstimmung unter Mitarbeitern{96} und in der organisationsexternen Kommunikation, bspw. im Kundenservice (vgl. Kreutzer/Land, 2018) eingesetzt.

      Soziale Netzwerke

      Kietzmann et al. (2011: 246) beschreiben die Situation der Akteure, die im Rahmen sozialer computergestützter Netzwerke (engl. social networks; auch Netzwerkplattformen, social networking sites) miteinander in einer Beziehung stehen und betonen den Aspekt der Strukturorientierung{97}: “By ‘relate,’ we mean that two or more users have some form of association that leads them to converse, share objects of sociality, meet up, or simply just list to each other as a friend or fan.” Die Funktionsweise wird von Kaplan & Haenlein (2009: 63) wie folgt beschrieben: „Applications that enable users to connect by creating personal information profiles, inviting friends and colleagues to have access to those profiles, and sending e-mails and instant messages between each other.“ Preusse & Schulze (vgl. 2018: 329) bestätigen, dass der Austausch in sozialen Netzwerken zwar im Vordergrund steht, diese aber primär zur Kontaktpflege genutzt werden. Indem sich „Menschen selbst darstellen, mit Gleichgesinnten kommunizieren“ (Stocker/Tochtermann, 2008: 62) sowie „miteinander Kommunikationsbeziehungen aufbauen und diese nutzen“ (Gabriel/Röhrs, 2017: 6), entsteht eine Gemeinschaft im virtuellen Raum. Braasch (2017: 6) beschreibt die Charakteristika sozialer Netzwerke wie folgt: „Netzwerkeigenschaften realer ebenso wie virtueller Netzwerke betreffen die Reichweite und Größe (d. h. Anzahl der Mitglieder), Dichte (Grad der Vernetzung), Gebundenheit (d. h. der Geschlossenheit wie Familie, Arbeitsumfeld oder Nachbarschaft) und die Homogenität der Mitglieder.“

      Das meistgenutzte soziale Netzwerk weltweit ist Facebook{98} mit über zweieinhalb Milliarden durchschnittlich aktiven{99} monatlichen Nutzern (vgl. Zephoria, 2020). In Bezug auf die externe Kommunikation einer Organisation kann ein soziales Netzwerk wie z.B. Facebook dazu genutzt werden, eine Fan-Seite zu erstellen, Kontakt- bzw. Fan-Listen zu generieren und mit anderen Facebook-Nutzern in Interaktion zu treten (vgl. Bruhn/Herbst, 2016: 618). Zur Interaktion kommt es bspw., wenn Statusmeldungen, die eine Organisation als Neuigkeit zu einem bestimmten Thema im Rahmen ihrer Fan-Seite publiziert, von anderen Social-Media-Nutzern kommentiert werden (s. Abb. 17).

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      Abbildung 17: Beispiel für die Nutzerinteraktion innerhalb des sozialen Netzwerks Facebook (Screenshot){100}

      Als integrierte Anwendungen bieten „Social networking services“ (dt. soziale Netzwerk-Dienste; vgl. Richter, 2010) Organisationen die Möglichkeit, via E-Mail, Instant Messaging und Blogs zu kommunizieren (vgl. Beck, 2014: 21). Gabriel & Röhrs (2017: 81) führen dies weiter aus und weisen auf die Besonderheit organisationsinterner Social-Networking-Plattformen wie z.B. Slack{101} hin, die informellen synchronen Informationsaustausch im Rahmen reziproker Nutzerbeziehungen ermöglichen: „So können sich interne Social Networks bilden, die neben formellen auch sehr häufig informelle Kommunikationsprozesse beinhalten, die sowohl über fest installierte Rechnernetze als auch über mobile Systeme{102} ablaufen können.“ Auch Moqbel & Nah (2017: 264) heben den Nutzen des intraorganisationalen Einsatzes von Social Media, die Relevanz für die Beziehungspflege sowie für die Generierung und den Austausch von Wissen hervor: „Enterprise Social Media can help knowledge workers use informal networks and personal relationships to find information and share knowledge that contributes to performance improvement.“

      Insgesamt lässt sich feststellen, dass fünf Social-Media-Anwendungen die Funktion des Beziehungsaufbaus bzw. der -pflege erfüllen. Drei davon – Video-Telefonie-Dienste, Instant Messaging und soziale Netzwerke – zielen darauf ab, reziproke Beziehungen zu generieren. Der Einsatz von Blogs und Wikis hingegen bewirkt eher einseitige Beziehungen zwischen den einzelnen Anwendern innerhalb einer Organisation.

      Auf welchen Nutzen Organisationen mit dem Einsatz von Social Media abzielen und welche Herausforderungen sich durch die einzelnen Anwendungen und ihre Funktionsweise ergeben können, wird im folgenden Kapitel dargelegt.

      2.2.4 Nutzen und Risiken des Social-Media-Einsatzes

      Nachdem die besonderen Funktionen, die ausgewählte Social-Media-Anwendungen im organisationalen Kontext erfüllen können, dargelegt wurden, werden nun die damit verbundenen Auswirkungen im Sinne der Vor- und Nachteile des Einsatzes von Social Media im Kontext von Organisationen betrachtet. Basierend auf dem aktuellen Forschungsstand liefert Tab. 5 eine zusammengefasste Gegenüberstellung der positiven und negativen Aspekte, die mit Social-Media-Anwendungen, sowohl den intra- als auch den interorganisationalen Einsatz betreffend, verbunden werden. Hierbei werden vor allem jene berücksichtigt, die für NGOs und NPOs von Bedeutung sind.{103} Somit werden jeweils drei entscheidende Nutzenvorteile und Risiken identifiziert, die im Folgenden näher beschrieben werden.

      Tabelle 5: Gegenüberstellung von Nutzen und Risiken beim Einsatz von Social Media in Organisationen

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      Zunächst wird auf die positiven Aspekte, die mit Social-Media-Anwendungen einhergehen und die im Rahmen vorausgegangener Studien identifiziert werden konnten, eingegangen (vgl. Tab. 5).

      Durch den Einsatz von Social Media lassen sich die Arbeitsproduktivität und Effizienz von Arbeitsprozessen steigern, wie Moqbel & Nah (2017: 272) bestätigen: „Enterprise social media [...] can induce higher levels of collaboration and socialization into work processes to create greater human capital and performance.“ Mack & Vilberger (2016: 28) teilen diese Meinung und konkretisieren die Feststellung: „Man kann schneller seine Tätigkeiten durchführen, reduziert Fehler bzw. erhöht die Ergebnisqualität.“ Neben Skaržauskiené et al. (vgl. 2013) sehen ebenso Chui et al. (vgl. 2012) den Mehrwert von Social Media darin, die Produktivität zu verbessern, indem die Zusammenarbeit sowie die Effektivität der organisationsinternen und -externen Kommunikation gesteigert werden. Dies beeinflusst wiederum auch die finanzielle Planung: „Moderne IKT{104} haben zu erheblichen Kostensenkungen im Bereich der Kommunikation und Interaktion geführt“ (BMZ, 2013: 8).

      Wurden Informationen innerhalb einer Organisation bisher eher