Heike Möller

Auch Vampire brauchen Liebe


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Mann, der die Dinge auf den Punkt bringt. Sehr gut!< Nicole setzte sich hin und Pumuckel trabte sofort wieder heran und legte erneut seinen Kopf auf ihren Schoß.

      „Ja, sehr gern, Herr Graf. Was möchten Sie wissen?“

      „Zum Einen möchte ich Sie inständig bitten, mich nicht ständig mit meinem Titel anzureden. Das ist mir irgendwie unangenehm. Mein Majordomus und einige Diener auf der Burg machen das und ich bekomme das nicht aus ihnen heraus.“

      >Sympathisch!

      „In Ordnung, Herr Cerný.“ Sie hörte ein zufriedenes Brummen am anderen Ende der Leitung.

      „Sie haben also einen Hund?“

      „Ja.“

      „Was für eine Rasse, wenn ich fragen darf?“

      „Irischer Wolfshund. Pumuckel ist ein absolut friedliches und sanftes Tier. Ich bin regelmäßig in der Hundeschule mit ihm und er gehorcht mir wirklich.“ Nicole ärgerte sich, dass sie mehr gesagt hatte, als sie eigentlich wollte.

      „Sagten Sie >Pumuckel<?“

      Jetzt musste Nicole grinsen. „Rotes Fell. Als Welpe fast karottenrot. Deshalb der Name.“

      Es folgten einige Sekunden des Schweigens. Adolar Cerný schien nachzudenken. Nicole überlegte, ob sie zu viel von ihrem etwaigen zukünftigen Arbeitgeber erwarten würde.

      „In Ordnung, Frau Sanders. Bringen Sie Ihren Pumuckel mit. Aber leinen Sie ihn außerhalb der Burg immer an. In den Wäldern hier gibt es Wölfe und vereinzelt Bären. Und Jäger gibt es hier auch. Wann darf ich Sie erwarten?“

      >Mann, der hat´s aber eilig!< „Ich denke so in zwei Wochen, wenn es Ihnen Recht ist.“

      Wieder ein kurzes Schweigen, sie hörte das Blättern eines Kalender.

      „Mir wäre es am Wochenende des 22. März Recht. Am Wochenende davor muss ich an einer Tagung teilnehmen. Und ich würde Ihnen gern persönlich die Bibliothek zeigen und Ihre Meinung hören, wie lange Sie in etwa für eine erste Übersicht benötigen.“

      >Drei Wochen also!<

      „Ja! Sehr gern. Sondra sagte, dass Sie das mit dem Dekan klären wollen, Herr Cerný?“

      „Morgen Vormittag werde ich mit ihm telefonieren. Aber Sie sollten vielleicht auch gleich Morgen mit ihm reden.“

      „Selbstverständlich. Ich freue mich schon auf Tschechien, Herr Cerný.“

      >Verdammt! Warum hast du das jetzt gesagt?<

      „Das ist schön, Frau Sanders. Ach, noch etwas. Kommen Sie mit dem Zug oder mit dem Auto?“

      „Ich komme mit meinem Auto. Ich denke, ich werde Freitag früh, den 21. losfahren, dann bin ich, wenn es Ihnen passt, abends da.“

      „Ja. Sehr gut. Also dann, auf Wiederhören, Frau Sanders.“

      „Wiederhören.“

      Nicole brauchte einen Moment, bis ihr der Ton der getrennten Leitung aus dem Telefon bewusst geworden war. Dann legte sie auf.

      „Pumuckel, wir machen demnächst eine Reise in die Äußeren Karpaten. Also benimm dich bitte anständig, in Ordnung?“ Nicole ergriff den klobigen Kopf des Hundes und drückte ihre Stirn an seine.

      Kapitel 3: Was für ein Empfang!

      Jannik Cerný saß in der Schenke und sprach mit dem Bürgermeister des Ortes. Das heißt, der Bürgermeister redete und trank dabei sein Gambrinus, während Jannik zuhörte.

      Oder zumindest so tat, als hörte er zu.

      In Gedanken war Jannik bei der jungen Frau in Ostrava, mit der er in der vorherigen Nacht geschlafen und sich von ihr genährt hatte. Die Kleine war heiß, willig und sehr anziehend gewesen; blond, dunkelbraune Augen und Sommersprossen, ein kleiner Busen und wirklich gut schmeckendes Blut.

      Aber sie war nichts, was er wiederholen wollte. Schon in wenigen Wochen würde ihr Gesicht im Strudel der Geschichte vor seinen Augen verblassen und irgendwann würde er sich gar nicht mehr an sie erinnern.

      „Was meinen Sie denn, Herr Cerný? Glauben Sie, dass Ihr Cousin das vielleicht machen würde?“

      Jannik zuckte kurz zusammen und blinzelte den Bürgermeister an. Dessen rote schwielige Nase war ein Zeugnis dafür, dass der Mann nicht nur dem Bier seinen Zuspruch gab, sondern auch stärkeren Alkoholika.

      „Verzeihung, Herr Bürgermeister. Ich war eben kurz in Gedanken und habe Ihnen nicht folgen können. Was haben Sie gesagt?“ Jannik hatte eine ziemlich offene und direkte Art an sich, war dabei aber immer höflich, weshalb niemand ihm krumm nahm, wenn er mal unaufmerksam war.

      „Ich fragte, ob der Herr Graf sich mit der Idee einer Bauchtanzgruppe zum Sommerfest anfreunden könnte. Das ist jetzt überall angesagt.“

      „Nun, ich kann mich mal mit Adolar hinsetzen und ihn fragen. Ich finde die Idee sehr reizvoll, vielleicht kann ich ihn überreden.“ Jannik lächelte den Bürgermeister mit seinen strahlend weißen und geraden Zähnen gewinnend an. Dazu die blonden Locken und die warmen braunen Augen und jeder Mensch war ihm fast augenblicklich verfallen.

      Jannik Cerný hatte das Gesicht eines Renaissance-Engels.

      „Na da brat mir doch einer ´nen Storch!“, entfuhr es dem Mann, der neben dem Bürgermeister saß und die ganze Zeit die Eingangstür der Schenke im Blick hatte. Auch der Bürgermeister sah jetzt in die Richtung und Jannik erkannte an dem Blick, dass etwas Außergewöhnliches geschehen sein musste. Da er mit dem Rücken zur Tür saß, drehte er sich um.

      Jannik lebte schon zu lange, um noch von irgendetwas oder irgendjemanden wirklich überrascht zu werden, aber auch er vergaß kurz das Atmen.

      Eine junge Frau hatte die Schenke betreten und ging zielsicher und ohne zu zögern zu dem Tresen. Die Frau war eher durchschnittlich groß, etwa einen Meter siebzig. Flache weiße Sportschuhe von KangaROOS, eine weiße sieben-achtel Leinenhose mit Zierbändern an den Beinen, ein dunkelblaues, kurzärmeliges Poloshirt, welches den Busen vorteilhaft zur Geltung brachte. Die kastanienbraunen Haare waren lang und glatt und die Frau trug sie offen. Um den Hals hatte sie ein marinefarbenes Halstuch mit Motiven aus der Seefahrt.

      Jannik machte diese Beobachtung innerhalb einer Sekunde. Allerdings konnte er seinen Blick nicht von dem Hintern der Frau abwenden. Die Frau war schlank, sportlich durchtrainiert, aber ihr Hintern war kurvig. Er mochte es nicht, wenn Frauen im heutigen Schönheitswahn auf einem flachen Hinterteil bestanden.

      Diese Frau war definitiv einladend gebaut.

      „Entschuldigen Sie bitte. Können Sie mir vielleicht weiterhelfen?“ Die Frau legte den linken Arm auf den Tresen und beugte sich ein wenig zum Wirt. Den rechten Fuß stellte sie leicht auf die Spitze.

      Jannik hatte sehr gute Ohren und normalerweise hätte er in der vollen Schenke versucht, die Stimme der Frau aus der Geräuschkulisse um ihn herum herauszufiltern. Das war aber nicht nötig.

      Als die Frau die Schenke betreten hatte, verstummten sämtliche Gespräche schlagartig und alle Gäste, überwiegend Männer, starrten die fremde Frau an.

      „Das hoffe ich doch, gnädige Frau. Was kann ich für sie tun?“ Der Wirt, ein Mann Mitte fünfzig, schmiss sich regelrecht in die Brust und zog seinen Bauch ein. Er wollte der jungen Frau offensichtlich imponieren.

      „Ich fürchte, ich habe mich ein wenig verfahren. Können Sie mir sagen, wie ich zur Burg der Cernýs komme?“

      Nach dieser Frage verstummten auch die Fliegen, die die Lampen in der Schenke umflogen.

      Jannik fiel die Kinnlade herunter. >Sie will zu uns?<

      Bevor der Wirt sich wieder gefangen hatte oder Jannik hilfreich aufspringen und sich dazu gesellen konnte, war plötzlich ein hochfrequentes Gezeter aus dem hinteren Teil