Inge Elsing-Fitzinger

Perlen vor die Säue…


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Antwort abzuwarten, hastet die Person Richtung Tresen zurück, plärrt die neue Bestellung durch die schmale Durchreiche in die Küche.

      Gedankenverloren blättert Jürgen völlig unnötiger Weise in der Speisekarte. In seiner Jugend in Berlin hat er das letzte Mal ein billiges Mittagsmenü gegessen. Damals war er ein armer Schlucker, der jeden Pfennig zusammenkratzen musste, um etwas in den hungrigen Magen zu bekommen. Entsetzt erblickt er sein Spiegelbild an der gegenüberliegenden Wand. Er sieht tatsächlich armselig aus. Offener Hemdkragen. Die Krawatte hat er im Lauf des Gesprächs am Vormittag wütend heruntergerissen, in eine Ecke geschleudert. Das fahle Gesicht, die vor Wut aufgequollenen Augen. Kein Wunder, dass man ihn in die unterste Schublade hievt. Die kreischende Person, kehrt zurück. Einen Teller mit Suppe in der einen Hand, in der anderen ein halbvolles Bierglas, an dem der Schaum abtropft. Lieblos knallt sie beides auf den Tisch. Friss oder stirb.

      „An guadn Appetit wünsch i, aber machns schnell. Andere Gäst wolln a no die kurze Mittagspause nutzn.“

      Diese schmucklose Person, mit dichtem Haarschopf und einer missbilligend gerümpften Nase hat kein Erbarmen. „Eine geschlechtslose Jungfer mit schmalen Lippen und dickem Hintern. Humorlos aber bestimmend“, grunzt er verärgert in sich hinein.

      Ein Lichtblick

      Während er der unfreundlichen Person nachstarrt, streift sein Blick ein weibliches Wesen an einem der angrenzenden Tische. Sie ist bildhübsch. Ihre kräftig geschminkten Lippen schenken ihm ein freundliches Lächeln. Das Haar weich zurückgekämmt. Eine sandfarbene Bluse, um die Taille mit einem breiten Gürtel gerafft. Ein kurzer Blick unter die Tischplatte. Wohlgeformte Knie und Unterschenkel. Zierlichen Füße stecken in schwarzen Wildlederpumps, wippen ein klein wenig hin und her. Auf dem Stuhl neben ihr liegt ein dicker Ordner. Die Sekretärin von Buhlmann, einem der härtesten Verhandlungspartner von heute Morgen, schießt es ihm durch den Kopf. Ohne weiter zu überlegen ignoriert er das billige Essen, geht flott zu ihr hinüber und deutet auf den noch leeren Sessel.

      „Ich darf doch Fräulein…?“

      Eine etwas überraschte, einladende Geste.

      „Wir sind uns auf dem Flur im Büro von de Breest begegnet, erinnern sie sich noch? Ihr Chef hat sie ordentlich herunter gemacht, weil sie vergessen haben ein Schriftstück zu kopieren“, grinst er charmant.

      „Ja so sind die Chefs eben. Glauben alles selber machen zu müssen, damit es auch seine Ordnung hat.“ Die hübsche Blondine schaut ihn unverwandt an.

      „Haben sie den Ausgang der ersten Verhandlung mitbekommen?“, bohrt er weiter, während sie mit zierlichen Fingern in ihrem Gemüseallerlei herumstochert.

      „Einiges schon“, erwidert sie kurz, kaut dann weiter an einem Salatblatt.

      „Und was meinen sie? Wird ihr Chef unseren Vorschlägen wohlgesinnt sein?“

      „Mal sehen. Sie haben sich ja nicht gerade sehr professionell verhalten, wie mir zu Ohren kam.“ Ihr abschätzender Blick trifft ihn voll in die Magengrube. Was denkt sich die blöde Gans, ihn so abzukanzeln.

      „Ich wollte sie um einen Gefallen bitten. Würden sie einen Blick in meine Unterlagen werfen. Vielleicht fällt Ihnen etwas Brauchbares ein, um unser Angebot für die Interessenten schmackhafter zu machen.“ Er zielt voll auf ihre Eitelkeit ab. Wichtig genommen zu werden, ist der erste diplomatische Schachzug. Was weiter folgen könnte, würde sich weisen.

      „Ich weiß nicht recht. Warum gerade ich?“

      „Das will ich ihnen erklären. Ich halte sie für intelligent und mit der Materie vertraut. Und außerdem kennen sie die Wünsche Ihres Chefs sicher besser als ich.“ Ein kurzes Lachen als Antwort.

      „Wenn sie eine belagerte Festung verteidigen müssten, griffen doch auch s i e nach jedem Strohhalm, wiesen keine Freiwilligen zurück, die mitkämpfen wollen.“

      „Was macht sie so sicher, dass ich freiwillig mitkämpfe?“

      „Ich hoffe es ganz einfach. Ich würde mich auch bestimmt erkenntlich zeigen. Nennen sie mir Ihren Preis.“

      „Ich würde sagen, je höher, desto besser“, gluckst sie. Jetzt strahlt sie ihn über ihr Limonadenglas hinweg an.

      „Also das hätten wir geklärt.“ Weiter kommt er nicht. Die resche Serviererin funkelt ihn unverschämt an. „Zahlen gewünscht, der Herr!“ Etwas überrascht, schiebt er der lästigen Person einen Geldschein hin und deutet auf den leeren Teller seiner Tischpartnerin.

      „Rechnen sie alles zusammen. Wir haben es ohnehin etwas eilig.“

      Rasch erhebt er sich, hilft der hübschen Blondine in die flotte Kostümjacke. Das Wechselgeld lässt er auf dem Tisch liegen.

      „Lassen sie uns von hier verschwinden. Ein fürchterliches Lokal. Darf ich sie auf ein Glas Champagner in ein angemessenes Ambiente entführen?“

      „Keine zehn Pferde könnten mich zurückhalten, ihnen blindlings zu folgen“, strahlt sie jetzt vor Begeisterung.

      Das ist ein Satz. Er hat gewonnen. Der erste Schritt ist getan, die erste Verbündete möglicher Weise gefunden. Die Welt lächelt ihm wieder zu. Unverbesserlicher Optimismus motzt seine Stimmung gewaltig auf.

      „Haben sie auch an die Konsequenzen gedacht, wenn wir uns verbünden?“ Ein Satz, der ihm ein geringschätziges Lächeln abringt. „Mal sehen, was ich in Erfahrung bringen kann und sie…“

      „…sie werden mir doch nicht das letzte Hemd ausziehen, schönes Kind“, unterbricht er sie lachend.

      „Also wenn ich ehrlich bin, das Hemd allein genügt mir nicht Ich denk da schon auch an die übrigen Klamotten, oder passt das nicht zu ihren Spielregeln?“

      „Ich will mich doch nicht schämen müssen, wenn ich abends in den Spiegel schaue. Für ein Lächeln von ihnen bin ich zu jeder Schandtat bereit.“

      Eine Frau nach seinem Geschmack. Noch immer namenlos, würde er sich ihr von seiner besten Seite zeigen. Die Kleine würde voll auf ihre Kosten kommen, er hoffentlich zu gewinnbringenden Informationen.

      „Mein Wagen steht nur einige Minuten von hier weg. Wollen sie gleich mitkommen?“

      Einträchtig hakt sie sich bei ihm unter. Wenig später steuert er ein ihm bestens bekanntes, intimes Hotel an. Was können die alten Knacker gegen potente Manneskraft schon ausrichten, grinst er in sich hinein. Dieses engstirnige Gemisch aus Vorurteilen, von den verehrten Ahnen ererbt, dazu ein Haufen begrenzter, unausgegorener Beobachtungen und Erfahrungen, und sie glauben schon Herr der Lage zu sein. Was sind dagegen heißer Sex und übersprudelnde Gedankensprünge der Jugend. Jürgen hat seine alte Form wiedergefunden, arrogant, anmaßend, eitel, oberflächlich.

      Leidenschaftliche Stunden. Erotik und wilder Sex. Beide genießen ihre Geilheit in vollen Zügen. Eine seltsame Art von Zuneigung, sogar gewisser Vertrautheit erfasst sie. Sie schwimmen auf gleicher Wellenlänge, offen für jedes Abenteuer, jede Infamie. Die Schöne hat keine Skrupel, ist offensichtlich bereit, Jürgens miese Spielchen zu unterstützen.

      Vehement wölbt sich seine Hand über ihren prallen Hintern. Sein Daumen dringt gierig in sie ein, sondiert das Terrain. Sie ist wunderbar locker. Einem gepflegten Analsex steht nichts im Weg. Sein Schwanz bohrt sich gierig immer tiefer, stößt mit geiler Lust zu. „Ja, komm für mich, lass es zu“. Problemlos bringt er sie zum Orgasmus. Seine Zähne verbeißen sich in ihren Schultern. Ihre Lust ist kaum zu bändigen. Ihre Körper reiben sich aneinander wie zwei Schlangen. Giftige Schlangen, die gierig nach Beute lechzen. Ein Aufschrei, ein letztes geiles Stöhnen unter der Dusche.

      „Ich glaube Schatz, ich kenn den richtigen Mann für dich, gurgelt sie entzückt. Ein erst kürzlich nach Wien übersiedelter Möchtegernanwalt. Nach Zulassung und Diplom brauchst du ihn ja nicht unbedingt zu fragen. Ich glaube die hat er nicht. Aber seine Fähigkeiten sind umwerfend.“

      „Wieso? Hast du mit ihm auch gevögelt“,