Angelika Merkel

Vermächtnis der Sünder Trilogie


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im Schein der Fackeln und ihr Tonfall war voller Bitterkeit. »Das was ich im Eisgebirge sagte, meinte ich ernst. Für die Schöpferhäuser, für den San-Hüter-Orden seid ihr der Feind. Solange wir ein gemeinsames Ziel haben, das da lautet Morco zur Strecke zu bringen, solange werde ich bei euch bleiben. Sobald wir es erreicht haben, müsst ihr gehen. Eure Anwesenheit bringt das Machtgefüge ins Wanken. Jeder Einzelne würde euch unerbittlich jagen. Mit diesem Turnier hat die Jagd bereits begonnen. Was wird als nächstes sein? Aufgebrachte Krieger der Verkünder? Das Schöpferhaus, das seine Macht zu schützen versucht? Ich vermag es nicht sagen. Es wird aus einem alleinigen Grund geschehen.«

       »Ihr meint, weil ich auf die Suche ging?«

       Jeamy lächelte. »Ja, weil ihr an euch etwas verändern wolltet.«

       Celena nickte verstehend. Mit ihrer Suche nach dem Heilmittel hatte sie die Aufmerksamkeit der Mächtigen, auf sich zogen. So wie Morco, der darauf aus war, sie zu benutzen. Sowie Nacud und andere Hüter, die ihre Vernichtung wollten. Es stimmte, in Hadaiman würde sie keine Ruhe finden. Möglicherweise sogar in ganz Panera, überlegte sie.

       Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, schickte sich Jeamy an das Gewölbe des Palastes zu verlassen. Noch bevor die Hüterin am Eingang angekommen war, fiel Celena deren Bemerkung über Malaine ein.

       »Was soll Malaine sein, wenn kein Mensch?«

       »Ein Nachkomme Karmastes«, antwortete die Gefragte knapp.

       * * *

      Sowohl Deirdre, als auch der bärbeißige Torran hatten sich in ihrer Arbeit selbst übertroffen. Es war ihnen in kurzer Zeit gelungen, vier von den tödlichen Faustrohren geschaffen zu haben.

       Terzios rückte die Schärpe, in der zwei Handrohre steckten, zurecht. Celena hatte die anderen beiden an sich genommen. Das Sternenschwert und die zweite Klinge auf ihrem Rücken würden den Rest besorgen.

       »Ihr wisst, wie man mit den Dingern umgeht?«, erfragte Terzios mit Furchen auf der Stirn.

       »Deirdre erklärte es mir«, beantwortete Celena die Frage, wobei ihre Gedanken abschweiften. Unsicherheit überkam sie. »Terzios? Weshalb sollte ich … ?«

       Der Graubart lächelte geheimnisvoll. »Weil ihr wie ich, an dasselbe glaubt.«

       »Was da wäre?« Celenas Stimme zitterte leicht.

       »Im Inneren wisst ihr es. Wir sind Lutek nicht derart egal, wie er uns glauben macht.«

       Die Antwort konnte ihre Zweifel nicht abbauen. Ihr Verstand zauderte über das zu sprechen, was ihr Herz fühlte. Sie gab sich einen Ruck.

       »Lutek … er …«

       »Nicht jetzt! Wir können uns später unterhalten«, unterbrach er die Kriegerin und deutete auf eine Gestalt, die sich näherte.

       Die Persönlichkeit enthüllte vor ihnen ihr Gesicht, indem sie ihre Kapuze zurückschlug. Jolana.

       »Ihr habt für mich bislang keine Zeit gefunden«, fing sie sofort zu sprechen an. »Deshalb … Entschuldigt! Ihr seid in Eile? Nun, was ich zu sagen habe, dauert nicht lange.«

       Welch Zufall, sinnierte Celena missfallend. Vermutlich hatte die Tochter Ithnamenas eine halbe Ewigkeit auf den Augenblick geharrt, nur um sie anzusprechen. Sie war nicht in Stimmung ihr Abkommen mit ihr in diesem Moment zu diskutieren.

       »Jolana, es ist ein schlechter Zeitpunkt mich aufzusuchen.«

       »Nur einen Moment, Soverani Tousard. Der Grund meines Hierseins ist der, das ich mich bei euch bedanken wollte.«

       »Bedanken?« Erstaunt fragend riss Celena die Augen auf. »Ich verstehe nicht.«

       »Die Heiler meines Onkels, der Soveran und Vogt von Ithnamena, Lord Schorsch Barthmor, stellten vor kurzem fest, das nichts von dem Gift in meinem Blut vorhanden ist. Selbst das ungeborene Kind ist gesund. Es ist mir unbegreiflich, wie oder was ihr getan habt, doch ich und das Kind sind geheilt. Ihr habt euer Versprechen gehalten.«

       Mit einem von tiefer Verbundenheit erfülltem Lächeln streifte Jolana die Kapuze wieder über ihr Haupt. »Der Schöpfer allein weiß, wie ihr mich und mein Kind errettet habt. Ich danke euch vom ganzen Herzen dafür.«

       Die Tochter Ithnamenas lächelte von Glück überströmt.»Das war es, weshalb ich euch sprechen wollte.«

       Knapp nickte Jolana dem Alten an der Seite der Tousard zu und entschwand ebenso still und leise, wie sie gekommen war.

       Celena kreuzte die Arme vor der Brust und neigte der Frau nachsehend, den Kopf leicht zur Seite. Das war einer dieser Momente, in denen jemand kundtat was ihn bewegte, sinnierte sie.

       Terzios kratzte sich verwundert am Bart. Stumm musterte er Celena von oben bis unten. »Aber natürlich! Das muss es sein«, murmelte er mehr zu sich denn zu ihr. Seine Augen blieben einen kurzen Augenblick in der Höhe ihrer Brust hängen, bevor er seine Feststellung mit einem Kopfnicken bestätigte.

       »Was genau wäre das?«, fragte Celena ihrerseits verwundert.

       »Später! Lasst mich erst darüber nachdenken«, entschied der alte Hüter.«

       »Oh ja … nehmt euch alle Zeit der Welt. Ich habe sie ohnehin«, murrte die Kriegerin. Ihr Gesicht glich in diesem Moment dem eines trotzigen Kindes. Es war zu köstlich und Terzios lachte unwillkürlich auf. Im nächsten Augenblick schlug seine spontane Heiterkeit ins Ernsthafte um.

       »Wenn es euch misslingt, Lutek zurückzuholen … wohl kaum.« Er schob mit ernster Miene Celena in Richtung ihres Reittieres. »Die Zeit verrinnt! Ihr solltet euch eilen.«

       »Terzios!« Celena ließ von den Steigbügel ab, an dem sie sich auf Feuerwind hinaufschwingen wollte. Sie drehte sich zu dem Alten um, der ihr einen missbilligenden, zur Eile drängenden Blick zuwarf.

       »Eines fehlt in dem Text des Gedichtes. Nur eines!«, gab sie nachdenklich von sich. Terzios erwiderte nichts. Stattdessen versank er in Gedanken. Welchen Schluss Luteks Vater letztendlich ziehen würde, darauf wollte sie nicht warten. Intuitiv aber ahnte sie, was die poetischen Zeilen aussagten. Sie wusste in diesem Moment, dass der Graubart recht hatte und Eile geboten war. Mit Schwung wuchtete sich die Kriegerin in den Sattel.

       Auf dem Rücken des mystischen Feuerrosses steigerte sie sich in Zorn. Ihre Hand ertastete das Amulett Morenas, welches um ihren Hals hing. Das Schmuckstück im Griff, schloss sie kurzweilig die Augen, bevor sie dem Pferd die Sporen gab.

       »Sie wird keinen Erfolg haben«, ertönte eine Frauenstimme hinter Terzios. Der alte San-Hüter seufzte auf. Sein Blick wandte sich von den Toren ab und der Gestalt zu, die zu ihm gesprochen hatte.

       Sebyll sah ihn erwartungsvoll entgegen. Mit Trotz in den Augen schüttelte Terzios den Kopf. »Nein«, meinte er in einem Ton, der einem Versuch gleichkam, jenem imaginären zänkischen Gesellen, der einem auf der Schulter saß, zu widersprechen. »Celena ist nicht alleine. Nicht, wenn sie Lutek erreichen kann. Die beiden müssen es einfach schaffen. Sie sind unsere letzte Hoffnung, Sebyll.«

       »Das ist wahr. Ich muss unserem Zwergenfreund dahin gehend Recht geben. Wir sollten nicht untätig herumsitzen.«

       »In der Tat. Das sollten wir nicht«, entgegnete Terzios flüsternd.

      * * *

      Das erste Schwert aus Stein besteht,

       vom Himmel wurde herabgesenkt.

       Die zweite Klinge sich aus Wasser bildet,

       kristallen aus dem Nass gelenkt.

       Aus Feuer geschmiedet ein Bogen entsteht,

       verborgen zwischen List und Verrat.

       Der hölzerne Stab die Luft beherrscht,

       eigenhändig vom Vater gemacht.

      Müde fuhr sich Belothar mit den Fingern durch sein blondes Haar, während er die Zeilen immer wieder durchlas. »Zwei waren gefunden, zwei blieben zu suchen«, murmelte er. Ihm war nicht wohl dabei. Es war ihm, als wolle jeden Augenblick die Hölle aufbrechen und das gesamte Land mit Verderbnis überschwemmen. Das Unwohlsein schlug in Wut über. Schlimmer, er brodelte vor