Peter Rogenzon

Verbotene Zone


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und hat alle Termine abgesagt. Es geht also leider nicht, dass Sie ihn besuchen können. Bitte haben Sie dafür Verständnis.“

      „Ihr Kaplan sagte, der Papst sei nicht im Hause, und Sie behaupten, er sei krank. So können Sie mich nicht abwimmeln. Entweder lassen Sie mich jetzt zu meinem Stellvertreter oder...“

      Der Kardinal erschrak und bekam Angst vor dem jungen Mann. Er drückte unauffällig auf einen Alarmknopf unter dem Tisch und schaute zur Tür, wo zwei Mann der Schweizer Garde erschienen. Als er dann wieder seinen Blick auf den Sessel gegenüber richtete, war dieser Platz leer. Der Kardinal fragte seinen Kaplan im Vorzimmer:

      „Ist der junge Mann schon gegangen?“

      „Nein, ich habe ihn nicht gesehen. Ich dachte, er sitzt noch bei Ihnen.

      „Das ist aber sehr merkwürdig“, fand der Kardinal und zog sich in sein Büro zurück.

      Am nächsten Tag traf der Kardinal zufällig mit dem Papst zusammen, wobei dieser plötzlich ohne jeden Zusammenhang bemerkte:

      „Stellen Sie sich vor, wenn mir jetzt auf einmal Jesus erscheinen würde. Wie sollte ich wissen, dass er es ist. Und dann könnte ich ja keinem etwas davon sagen, denn sonst hieße es hier im Vatikan sicherlich: ‚Der alte Mann spinnt!‘ Und man würde über mich tuscheln, dass ich meine Heiligsprechung vorbereite. Sie wissen ja, wie die Leute hier sind.“

      „Wie kommen Sie jetzt auf so etwas?“ fragte der Kardinal.

      „Ach, nur so!“ antwortete der Papst.

      2. Bibelfortsetzung

      Als der Herrgott vom Himmel auf die Menschheit herabblickte, fand er keinen Gefallen an ihr. Eigentlich müsste er eine zweite Sintflut über das Menschengeschlecht hereinbrechen lassen, fand er, aber dann erinnerte er sich daran, dass er seinen Zorn im Zaume halten wollte – so hatte er es damals versprochen. Eine neue Sintflut war auch nicht nötig, weil der Herrgott sah, dass die Menschen dabei waren, sich selbst zu vernichten. Und eines Tages war es dann so weit: In einem Labor in den USA waren neue Viren als biologische Waffe gezüchtet worden. Durch eine kleine Unachtsamkeit entwichen einige dieser Viren aus dem Sicherheitsbereich. Sie vermehrten sich ungeheuer und breiteten sich über die ganze Welt aus. Kein einziger Mensch überlebte.

       Der Herrgott vermisste die Menschen, die seine Hauptbeschäftigung gewesen waren. Und so entschloss er sich zu einem Neubeginn. Weil er mit den Menschen keine gute Erfahrungen gemacht hatte, sah er sich unter den anderen Lebewesen um. Da fielen ihm die Ameisen auf, die ein bescheidenes, arbeitsames Leben führten. Und so beschloss er, diese Tiere an Stelle der Menschen als seine Lieblingsgeschöpfe besonders heraus zu heben: Er hauchte ihnen eine Seele ein und schuf für sie ein kleines Paradies, in welches er wiederum ein winziges „Bäumchen der Erkenntnis“ pflanzte. Genauso wie damals bei Adam und Eva verbot er den Ameisen ausdrücklich, Früchte von diesem Baum zu essen.

      Natürlich war es wieder ein weibliches Wesen, wenn freilich auch nur ein kleines Tierchen, das neugierig darauf war, welche Erfahrungen ihr der Genuss dieser Früchte bringen würde. Und so schlüpfte das Ameisenweibchen heimlich durch ein winziges Loch, das unverschämterweise von einem Wurm hinein gebohrt worden war, in das Innere einer Frucht und begann zu fressen.

      Wir ahnen natürlich, dass es Luzifer war, der hier in Gestalt eines Wurmes sein Unwesen getrieben hatte. Und wir sind auch nicht überrascht darüber, wie es weiter ging: Eine zweite Ameise männlichen Geschlechts war dem Weibchen gefolgt und ließ sich ebenfalls das Fruchtfleisch schmecken. Alles, was nun geschah, war, dass die Frucht faulte und mit einem lauten „Platsch“ zu Boden fiel. Dadurch wurde der Herrgott auf diesen Frevel aufmerksam.

      „Strafe muss sein!“ sprach er und ließ die Ameisen von einem Engel mit flammendem Schwert aus dem Paradies vertreiben. Dann sah er zu seinem Sohn Jesus hinüber und sagte:

      „Ich glaube, jetzt geht alles wieder von vorne an.“

      „Nein“, antwortete Jesus, der an seine Kreuzigung dachte, „nicht schon wieder! Diesmal musst du ihnen schon so vergeben.“

      3. Die Bibel: Hintergrundwissen

      Während wir im Alten Testament öfter einmal einen Blick in das Leben droben im Himmel werfen dürfen, ist das im Neuen Testament anders: Wir erfahren relativ wenig über das, was sich vor der Geburt Jesu im Himmel abgespielt hat. Wie mag das wohl gewesen sein? Die wenigsten denken darüber nach und wenn sie es doch tun, hat jeder so seine eigenen Vorstellungen: Manche davon mögen vielleicht etwas blasphemisch klingen, aber so etwas kann schon vorkommen, wenn man von der Bibel im Stich gelassen wird und seiner Phantasie freien Lauf lässt:

      Gottvater saß auf einer weißen Wolke im obersten Bereich des Himmels. Die Wolke begann langsam, sich grau zu färben – ein Zeichen dafür, dass sich da oben etwas zusammenbraute. Gottvater beugte sich vor, rief einen Engel aus der Botenabteilung herbei und sagte:

      „Hol’ mir mal bitte meinen Sohn hierher!“

      Der Botenengel schwirrte davon in den entferntesten Winkel des Himmels, wo Jesus im Kreise von allerliebsten Engeln zarten Harfenklängen lauschte.

      „Dein Vater will dich sprechen“, posaunte der Botenengel in dieses idyllische Beisammensein.

      „Muss es gleich sein?“ fragte Jesus, für den diese Unterbrechung des Konzerts wie ein entsetzlicher Misston klang.

      „Sonst hätte er mich ja wohl nicht hergeschickt“, erwiderte der Botenengel etwas schnippisch.

      Jesus verließ also mit einem wehmütigen Blick auf die Engelsschar seinen Himmelswinkel und erschien bei seinem Vater. Dieser kam gleich zur Sache:

      „Ich muss mit dir reden, Sohn: Schau mal hinunter!“

      Er schob eine größere Regenwolke zur Seite, und beide blickten auf die Erde hinab.

      „Wieso?“ fragte Jesus. „Es ist doch alles wie immer.“

      „Das ist es ja eben: Lauter dreiste Sünder. Du glaubst gar nicht, wie ich mich über diese Unverschämtheit aufregen muss.“

      „Da kann ich dich nun wieder gar nicht verstehen: Du hast die Menschen doch so gemacht – als Sünder.“

      „Das schon!“ erwiderte Gottvater. „Aber ich habe versucht, sie zu erziehen. Erst habe ich sie aus dem Paradies vertrieben. Dann habe ich die ganze Menschheit bis auf Noah mit der Sintflut ertränkt und gehofft, nun würde alles besser. Aber leider ist alles wieder so wie vorher.“

      „Dann mach's doch wieder so wie damals: Spül' alles weg! So könntest du deine Schöpfung mit völlig fehlerfreien Menschen erneuern.“

      „Nein!“ sagte Gottvater entschieden. „Das kommt nicht in Frage. Damals habe ich versprochen, dass sich so etwas nicht wiederholen wird. Man muss sich nun einfach mal etwas anderes einfallen lassen, so haben der Heilige Geist und ich es jedenfalls entschieden.“

      „Na dann bin ich ja schon überstimmt. Warum also hast du mich dann noch rufen lassen?“

      „Weil wir dich für unseren Plan brauchen!“

      „Und wie soll der aussehen?“ fragte Jesus.

      „Also wir schicken dich auf die Erde.“

      „Soll ich gleich gehen?“

      „Immer langsam, mein Sohn! Du wirst erst einmal in Bethlehem als Kind von einer Jungfrau geboren.“

      „Ist euch da nichts Besseres eingefallen? Jungfrauengeburten hat es in dem Teil der Welt ja schon früher gegeben und zwar sehr oft.“

      „Ja, das nutzen wir aus. Die Menschen wissen schon,