Andreas Parsberg

Das Spiel der Dämonen, Teil 1 (Schottland 1601)


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Kartenspiele mit deinem Bruder kreisten.“

      „Nein! Mutti, es hat sich...“

      „Jetzt ist es gut, Cedy“, unterbrach ihn seine Mutter streng.

      „Na ja, mir hat es jedenfalls Spaß gemacht, was es auch immer war“, warf Henri eifrig ein. „Darf ich es als Nächster versuchen?“

      „Nein!“, erwiderten alle fast gleichzeitig.

      Wenn Cedric irgendwelche Zweifel gehabt hatte, dass seine Großmutter ihnen etwas verheimlichte, dann wurden diese jetzt endgültig bestätigt.

      „Warum denn nicht?“, protestierte Henri.

      „Weil das Ganze eine schlechte Idee war, Henri. Ich hätte überhaupt nicht davon anfangen sollen. Manche Menschen sind empfänglicher für diese Art Dinge als andere. Ihr Unterbewusstsein kommt leichter an die Oberfläche, schätze ich.“

      „Du meinst also, Cedric tickt nicht ganz richtig“, triumphierte Henri.

      „Nein! Nun hör mal zu. Es ist möglich, dass man sich in das Ganze hineinsteigert, bis man glaubt, man empfange tatsächlich Botschaften von irgendwoher. Cedric ist sensibel.“

      „Das klingt plausibel“, sagte seine Mutter entschlossen. „Räumen wir die Sachen weg.“

      Cedric und Henri wechselten einen Blick. Sie spürten, dass etwas Ungewöhnliches geschehen war.

      Vielleicht war es sein Unterbewusstsein, das diese Worte geschrieben hatte, aber es hatte bestimmt nicht den Tisch rucken lassen. Auch war er nicht für den kaputten Lichtschalter verantwortlich.

      Cedric konnte es kaum abwarten, mit Henri allein zu sein, damit er seine Gedanken mit ihm austauschen konnte.

      2

      Es wurde später Abend, bevor die Geschwister die Gelegenheit hatten, miteinander zu reden. Henri schlich in das Zimmer seines Bruders, der an einem Tisch saß und in einem Buch blätterte.

      „Sag mal, Cedric“, flüsterte Henri, holte sich einen Stuhl und setzte sich neben ihn an den Tisch, „was ist heute im Wohnzimmer passiert?“

      Cedric schwieg einen Moment. Es hatte aufgehört zu regnen. Er hatte das Fenster geöffnet. In der sanften Brise flatterte der Vorhang.

      „Es war, als wäre ich gar nicht im Raum gewesen“, sagte er schließlich. „Als wäre ich gerade in der Küche gestanden. Ich kann mich an die Momente, als ich etwas geschrieben habe, nicht mehr erinnern.“

      „Glaubst du, es war ein Geist?“, fragte Henri eifrig.

      Cedric erschauerte, er spürte, wie sich auf seinen Armen eine Gänsehaut bildete. „Ich hoffe nicht. Mir gefällt die Erklärung von Omi besser.“

      „Du weißt genau, dass sie nicht die Wahrheit gesagt hat!“, gab Henri aufgeregt zurück. „Sie selbst hat jedenfalls nicht daran geglaubt.“

      „Ja, ich weiß. Das hat mir Angst gemacht.“

      „Mir auch. Aber mir hat viel mehr Angst gemacht, als der Tisch sich bewegt hat. Du hättest Mamis Gesicht sehen sollen! In dem Augenblick habe ich gewusst, dass etwas Unheimliches vor sich geht. Es gibt keine Erklärung, warum sich der Tisch so bewegt hat. Keine einzige!“

      Henri legte eine Pause ein. Cedric betrachtete erstaunt seinen jüngeren Bruder und wunderte sich, wie erwachsen er bereits dachte und redete.

      „Möchtest du es noch mal versuchen?“, flüsterte Henri leise.

      „Bist du verrückt?“, zischte Cedric. „Henri, es scheint, als ob es in diesem Haus spukt. Möchtest du die Geister noch mehr aufwecken, als wir es schon getan haben?“

      „Also glaubst du, dass es ein Geist war?“

      „Ja... nein. Ach, ich weiß nicht“, antwortete Cedric.

      „Nun komm schon, du Schisser. Hier ist es so langweilig, ein Geist wäre wenigstens interessant.“

      „Das sagst du jetzt. Aber ich möchte dich sehen, wenn du wirklich zum ersten Mal einen Geist zu Gesicht bekommst.“

      „Du willst doch auch wissen, ob das heute wirklich ein Geist war. Ich sehe dir deine Neugierde doch an.“

      Henri strahlte mit seinen glänzenden Augen. Cedric musste grinsen, denn eigentlich hatte sein Bruder Recht. Er war wirklich neugierig!

      „Na gut, aber nur, wenn ich wieder derjenige bin, der den Stift führt. Ich habe Angst, dass dir etwas passiert. Wenn alles klappt, darfst du nach mir, okay?“, meinte Cedric.

      „Na gut, einverstanden“, antwortete Henri.

      „Ich hole einen Stift und einen Schreibblock“, sagte er. „Geh du eine Kerze holen.“

      Henri sprang auf, jauchzte glücklich und rannte aus dem Zimmer. Cedric holte aus seinem Rucksack einen Stift und Block.

      „Hier, ich habe eine Kerze gefunden. Es ist sogar die gleiche, die wir heute im Wohnzimmer benutzt haben“, strahlte ihn Henri an, als er in sein Zimmer zurückkam.

      „Dann setz dich und beruhige dich. Du bist so hibbelig.“

      „Was müssen wir jetzt tun?“, wollte sein Bruder unruhig wissen.

      „Zuerst musst du die Kerze anzünden“, sagte Cedric. Er stand an der Tür und wartete darauf, dass er das Licht ausschalten konnte. Sobald Henri die Kerze angesteckt hatte, drückte er auf den Lichtschalter.

      „Und nun müssen wir uns konzentrieren“, sagte er, während er zum Tisch ging.

      Cedric legte den Block vor sich auf den Tisch und nahm den Stift in die Hand.

      „Nun müssen wir die Augen schließen“, befahl er. „Du umfasst meinen Ellbogen, um die Verbindung zwischen uns zu schließen. Alles klar?“

      Henri nickte.

      Cedric sah seinen Bruder über den Tisch hinweg an. Das flackernde Licht der Kerze ließ die Schatten auf seinem Gesicht hin und her huschen. Aber seine Augen glänzten vor Spannung. Dann blickte er sich weiter in seinem Zimmer um. Nichts als die Kerze durchdrang die Dunkelheit, der Raum erschien ihm plötzlich gespenstisch. Cedric sagte sich, dass es nur so wirkte, weil sein Zimmer so altmodisch eingerichtet war. Der alte Schrank, das antike Bett aus Holz mit den geschnitzten Verzierungen. Jedes Möbelstück war altertümlich genug, um dem Raum eine Atmosphäre zu verleihen, die Cedric in dieser Situation beunruhigend fand.

      „Schließ deine Augen“, sagte er. „Konzentrier dich.“

      Henri tat, was sein Bruder gesagt hatte. Er schloss seine Augen und berührte Cedrics Ellbogen.

      Cedric begann feierlich zu reden:

      „Oh, ihr Geister des Jenseits. Wenn sich einer unter euch mit uns in Verbindung setzen will, so ist jetzt die Zeit dafür gekommen. Sendet uns eure Botschaft!“

      Henri war beeindruckt. Soweit er sich erinnern konnte, waren das genau die Worte, die heute seine Großmutter benutzt hatte.

      Einen Moment lang herrschte Stille.

      Cedric zitterte, als ein kalter Luftzug über seinen Nacken blies.

      Plötzlich hörte er etwas!

      Er spürte, wie sich die Finger seines jüngeren Bruders in seinen Ellbogen krallten. Er schien auch etwas gehört zu haben!

      Plötzlich schwang die Tür vom Kleiderschrank auf, dann knallte sie wieder zu. Gleichzeitig begann die Kerze zu flackern. Cedrics Herz hämmerte.

      Etwas hob den Kerzenständer hoch!

      Er schwebte empor und blieb ein paar Zentimeter über dem Tisch in der Luft stehen.

      Cedrics Hand kritzelte etwas auf das Papier.

      Henri öffnete leicht seine Augen, sah neugierig auf den Block und versuchte,