Melanie Jezyschek

Passion - Gib mir ein Gefühl


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fing ihr Herz plötzlich an, schneller zu schlagen und sie atmete schwerer.

      »Nein«, hauchte sie fassungslos. Das konnte nicht sein.

      Melina riss den Blick von Robin los, hielt die Hand über ihrem wild pochenden Herzen in ihrer Brust und starrte aus dem Fenster. Es bedeutete nicht das, was ihr im ersten Moment durch den Kopf gegangen war. Nein, das war nicht möglich. Also schön die Ruhe bewahren. Sie atmete tief durch, schloss die Augen und versuchte, ihren Herzschlag zu beruhigen. Es war das Beste, wenn sie nicht länger hierblieb, sondern ging, so wie ihr eigentlicher Plan ausgesehen hatte. Warum also noch länger in die Gegend starren und warten?

      Darauf achtend, Robin nicht zu wecken, sammelte Melina ihre verstreuten Klamotten im Wohnzimmer ein. Sie konnte dabei jedoch nicht verhindern, dass ihr Blick immer wieder durch die offene Schlafzimmertür auf Robins schlafende Gestalt fiel. Er hatte nicht einen Hauch einer Ahnung, was er in ihr auslöste und dass sie sich für diese Gefühle hasste. Sie waren dumm und nicht zu gebrauchen. Sie zerstörten viel mehr Leben als gut war. Melina hatte nicht umsonst immer darauf geachtet, keine derartigen Gefühle zu entwickeln. Sie hatte am eigenen Leib miterleben müssen, was daraus werden konnte. Und da kam er und löste diese verwirrenden Gefühle in ihr aus. Eigentlich hätte sie ihn dafür hassen müssen, aber sie konnte es nicht. Es war ihre eigene Dummheit, die sie verabscheute.

      Deshalb musste sie schnell hier weg. Es war keine gute Entscheidung gewesen, gerade mit Robin eine Nacht zu verbringen. Sie hätte es wissen müssen, doch nun war es zu spät. Sie musste das Beste draus machen. Das hieß, sie würde verschwinden, ohne sich von ihm zu verabschieden, auch wenn es ihr wehtat.

      Melina zog sich in Windeseile ihre Sachen an und kehrte dann noch einmal ins Schlafzimmer zurück, um zu überprüfen, ob sie auch nichts zurückgelassen hatte. Dabei sah sie wie selbstverständlich zum durchwühlten Bett.

      Robin drehte sich just in diesem Moment zu ihr um und gab ein Seufzen von sich. Mit angehaltenem Atem stand sie wie erstarrt da, doch er war nicht aufgewacht. Erleichtert atmete sie leise aus und ging auf Zehenspitzen aus dem Schlafzimmer.

      Bloß kein Geräusch verursachen. Sie wollte sich nicht ausmalen, wie es sein würde, wenn Robin entdeckte, wie sie klammheimlich verschwand. Es tat ihr sowieso schon tierisch leid, aber dann wäre es noch viel schlimmer.

      »Danke für die Nacht«, flüsterte sie, auch wenn er es nicht hörte. Dann wandte sie sich ab und verließ fluchtartig die Wohnung, ohne einen erneuten Blick zurückzuwerfen.

      ***

      Als Robin die Augen aufschlug, wunderte er sich im ersten Moment, warum er das Gefühl hatte, dass etwas fehlte. Daran lag es wahrscheinlich auch, dass er aufgewacht war. Aber er war eindeutig noch zu verschlafen, um sich genauer damit zu befassen.

      Seufzend drehte er sich auf die andere Seite, um aus dem Fenster und direkt auf den Main Tower zu blicken. Die Sonne blendete ihn kurz, bevor seine Aufmerksamkeit von etwas anderem eingenommen wurde.

      Der Duft eines Frauenparfüms drang in seine Nase, was ihn sofort hellwach werden ließ. Er richtete sich auf, nur um gleich darauf das Kopfkissen neben sich an die Nase zu halten und tief einzuatmen.

      Kein Zweifel. Eine Frau war hier gewesen, aber wer …?

      »Mel«, fiel es ihm wieder ein. Er sah sich im Zimmer um, doch nichts deutete auf ihre Anwesenheit hin. Lediglich die zerwühlten Bettlaken und der Rest ihres weiblichen Duftes zeugten davon, dass er sich die letzte, sehr leidenschaftliche Nacht nicht nur eingebildet hatte. Genauso wie sein nackter Körper, wie er feststellte, als er aus dem Bett stieg und ins Wohnzimmer lief.

      Doch auch hier war sie nirgends zu sehen und neben seinen verstreuten Klamotten lagen auch keine von ihren.

      War sie einfach gegangen? Nach dieser Nacht?

      Robin konnte sich das nicht vorstellen, aber alles deutete darauf hin. Vielleicht war sie aber auch nur zum Bäcker gegangen und würde gleich wiederkommen, oder sie war im Bad oder, oder, oder …

      Als er ins Badezimmer ging und es leer vorfand, wurde schon die erste seiner Mutmaßungen zerschlagen und er hatte das Gefühl, dass es sich mit den anderen nicht anders verhalten würde.

      Sie war weg.

      Ein Gefühl der Enttäuschung und Leere machte sich in ihm breit. Er hätte nicht erwartet, dass Melina sich einfach klammheimlich davonstahl, vor allem nicht bei ihm. Immerhin war er nicht irgendein One-Night-Stand. Sie kannten sich in und auswendig, auch wenn das vor vielen Jahren gewesen war. Wie konnte sie einfach abhauen und ihn zurücklassen?

      Robin wanderte in seiner Wohnung auf und ab. Es war ihm dabei vollkommen egal, dass er dabei noch immer splitterfasernackt war. Er war aufgewühlt und sauer. Melina war nie feige gewesen und hatte auch am gestrigen Abend nicht so gewirkt, weshalb war sie es dann also ausgerechnet jetzt? Es wollte nicht in seinen Kopf, dass sie einfach gegangen war, als würde sie vor etwas oder jemanden fliehen.

      Abrupt blieb er stehen und seufzte. Konnte das nicht sogar der Grund sein?

      Aber warum vor ihm? Oder floh sie vor etwas anderem?

      Robin schloss die Augen und ballte seine Hände zu Fäusten. Sollte sie vor ihm geflohen sein, dann hätte sie absolut keinen Grund dazu gehabt. Er verstand es nicht. Was war in sie gefahren?

      Bevor er aus Frust noch irgendwas Dummes tat, ging er ins Bad und stellte sich unter die Dusche. Vielleicht half kaltes Wasser, um sich etwas zu beruhigen. Noch nie war er so aufgewühlt und gleichzeitig wütend gewesen. Dabei hatte er in Melinas Gegenwart seit langem wieder eine intimere Nähe gefühlt als bei irgendwelchen flüchtigen Bekanntschaften. Sie hatte ihm nicht einmal eine Nachricht hinterlassen, verdammt!

      Er drehte das Wasser auf eiskalt und stöhnte gequält auf, als es auf ihn niederprasselte. Scheiße! So würde er sich wahrscheinlich nur irgendwas abfrieren und helfen tat es ihm außerdem auch nur bedingt. Zwar war sein Zorn ein wenig verraucht, aber er war immer noch verwirrt.

      Schnell stellte Robin das Wasser wieder ab. Seine Zähne fingen sofort an zu klappern und eine Gänsehaut breitete sich auf seinem ganzen Körper aus. Eilig stieg er aus der Dusche, trocknete sich ab und schlüpfte dann in seinen flauschigen Bademantel.

      Um sich erst gar nicht wieder in seinen Frust hineinsteigern zu können, ging er sofort in die Küche und hantierte an der Kaffeemaschine herum. Er brauchte dringend Koffein, auch wenn er ihn wohl eher aufputschte, anstatt zu beruhigen. Egal, er brauchte ihn.

      Während er also darauf wartete, dass der Kaffee durchlief, fiel sein Blick wie selbstverständlich auf die Couch im angrenzenden Wohnzimmer. Natürlich kehrten dadurch auch wieder die lebhaften Erinnerungen an die letzte Nacht zurück, bevor Melina und er ins Schlafzimmer gegangen waren. Es war, als würde er ihre weiche Haut noch immer unter seinen Fingerspitzen spüren und ihren Duft riechen können.

      »Scheiße!«, fluchte er lautstark und wandte seinen Blick ab. Er musste sich irgendwie beschäftigen. Man konnte es wohl Ironie des Schicksals nennen, dass er ausgerechnet heute seinen freien Tag hatte und nicht bis zum Kopf in Arbeit steckte, obwohl er genau das gerade begrüßt hätte. Das Leben war eben kein Wunschkonzert und er würde das Melina ebenso klarmachen. Sie konnte nicht einfach vor ihm weglaufen, zumindest nicht ohne eine Erklärung. Danach konnte er entscheiden, wie es weiterging. Auch wenn es ihm sicherlich nicht leicht fallen würde, sie in Ruhe zu lassen, sollte sie genau das wollen.

      Seufzend drehte er sich zur Kaffeemaschine, die quälend langsam ihre Arbeit verrichtete. Spielte heute alles gegen ihn?

      Robin entschied sich, nicht weiter dumm rumzustehen, und ging zurück ins Schlafzimmer. Dabei vermied er jeden Blick auf das zerwühlte Bett, das nur wieder Erinnerungen wachrufen würde, die er gerade nicht gebrauchen konnte. Er musste einen klaren Kopf bewahren, bevor er noch unüberlegt handelte und irgendwelche Dummheiten beging.

      Ohne Eile widmete er sich der Kleiderauswahl in seinem Schrank. Er besaß nicht viel, hauptsächlich Anzüge, Hemden und Krawatten für die Arbeit. Da er die meiste Zeit sowieso arbeitete, fiel seine Freizeitkleidung karg aus. Ein paar Jeans, Shirts und Pullover. Nichts besonders Schönes oder Hässliches,