Melanie Jezyschek

Passion - Gib mir ein Gefühl


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er sie nicht so schnell in Ruhe lassen würde. Sie hatte genug Zeit ihres Lebens vergeudet.

      Gerade wollte er seine Wohnung wieder verlassen, um das Passion aufzusuchen, doch kurz bevor er zur Tür raus war, fing sein Handy an zu klingeln. Hektisch kramte er es aus seiner Hosentasche und blickte auf das Display. Nicht das noch. Seine Mutter hatte wirklich ein Gespür für den falschen Moment. Doch er konnte sie auch nicht einfach ignorieren. Das würde sie ihm übel nehmen. Er meldete sich sowieso schon viel zu selten bei ihr.

      Seufzend ging er zurück ins Wohnzimmer und ließ sich auf der Couch nieder.

      »Hallo, Mama«, begrüßte er sie.

      »Hallo, mein Junge. Wie geht es dir?« Ihre Stimme zu hören, hatte etwas Beruhigendes und obwohl er den Anruf nur widerwillig entgegengenommen hatte, war er jetzt doch froh darüber. Sie war immerhin die Frau in seinem Leben, die immer zu ihm stehen und ihm helfen würde, egal was er auch anstellte. Das war ihm in letzter Zeit viel zu selten bewusst gewesen.

      »Geht so«, antwortete er deshalb wahrheitsgemäß. »Ich habe Melina wiedergetroffen, du kannst dich doch sicher noch an sie erinnern.«

      »Aber natürlich. Mit der Kleinen von den Strauss’ hast du doch immer gespielt, ihr wart unzertrennlich. Du hörst dich aber nicht gerade glücklich über die Begegnung an, ist denn etwas passiert?« Er seufzte und fuhr sich durchs Haar. Auch er konnte sich noch an die gute alte Zeit erinnern. Damals waren sie noch Kinder gewesen, unschuldig und doch bereit, alles für den jeweils anderen zu tun. Sie war seine beste Freundin gewesen und er ihr bester Freund. Bis sie hatte wegziehen müssen und er sie nie wiedergesehen hatte.

      »Sie hat sich verändert. Sehr sogar. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Sie steht sich selbst im Weg und nimmt ein Leben hin, dass ihr nicht gerecht ist. Was soll ich tun?« Er hörte seine Mutter tief einatmen, während sie sich Zeit ließ für ihre Antwort. Sie würde ihm helfen, da war er sich sicher. Sie wusste immer einen Rat.

      »Ach, Robin«, begann sie. »Ihr habt euch viele Jahre nicht gesehen, natürlich hat sie sich verändert. Ihr wart Kinder.«

      Als ob er das nicht wüsste.

      »Aber ich kann doch nicht einfach zusehen, wie sie unglücklich durch ihr Leben geht«, erwiderte er aufgebracht.

      »Dann erzähl mir doch etwas genauer, was du meinst. Ich kann noch immer nicht in deinen Kopf sehen, mein Junge. Was hat Melina getan?« Er spürte, wie sich sein Mundwinkel leicht hob. Auch wenn er nicht vor ihr stand, konnte seine Mutter immer noch gut in ihm lesen.

      Doch er konnte ihr schlecht sagen, dass Melina ihn ohne ein Wort im Bett zurückgelassen hatte. Oder dass er sich mehr erhoffte als nur Sex.

      »Sie … verleugnet ihre Gefühle und Träume. Lässt niemanden an sich heran«, versuchte er es.

      »Mein Lieber, willst du mir damit sagen, dass sie dich nicht will? Sich nicht zu dir hingezogen fühlt, wie du dich zu ihr?« Das leise Lachen seiner Mutter hörte er nur am Rande, während sein Mund erstaunt aufklappte.

      »Woher …?«

      »Robin. Ich bin deine Mutter. Und auch wenn du noch ein kleiner Junge warst, schon damals habe ich gewusst, dass du sie als Mann lieben würdest.«

      Die Überraschung musste ihm ins Gesicht geschrieben stehen, was sie allerdings nicht sehen konnte. War das typisch für Mütter? Es war unglaublich. Hätte er das geahnt, hätte er sie gleich angerufen, um sich bei ihr einen Rat zu holen, statt sich ewig den Kopf zu zerbrechen.

      »Sie fühlt sich zu mir hingezogen. Sie will mich, aber sie lässt es nicht zu. Irgendetwas hält sie zurück. Ich weiß nur nicht, was«, erklärte er ihr, ohne ihren Worten zu widersprechen, dass er sie lieben würde. Sie hatte recht und vielleicht fiel ihr etwas ein, das ihm helfen konnte. Sie wusste eher, was im Kopf einer Frau vor sich ging. Er hatte doch keine Ahnung davon.

      »Dann musst du ihr die Angst, dich zu lieben, nehmen.«

      »Und wie? Ich muss doch erst wissen, warum sie sich so verhält, bevor ich ihr helfen kann«, behauptete er. Wenn es so einfach wäre, würde er ganz sicher nicht hier sitzen.

      »Du sagst, sie will ihre Gefühle nicht zulassen? Vielleicht wurde sie enttäuscht und sie will sich auf keinen Mann einlassen, um ihr Herz zu beschützen.«

      Daran hatte er auch schon gedacht. Er musste zu ihr und ihr zeigen, dass sie ihm vertrauen konnte. Niemals würde er sie verletzen.

      »Danke. Ich werde mit ihr reden. Ich ruf dich wieder an.«

      »Warte kurz«, hielt ihn seine Mutter auf, bevor Robin auflegen konnte.

      Verwundert zog er die Brauen zusammen. Was denn nun noch?

      »Mir ist gerade etwas eingefallen.«

      »Was?«, fragte er sofort. Bezog sie sich auf Melina?

      »Kurz nachdem Melina weggezogen ist, habe ich gehört, dass sich ihre Eltern getrennt haben. Es soll ziemlich unschön abgelaufen sein. Ein wahrer Rosenkrieg. Vielleicht will sie deshalb niemanden an sich heranlassen.«

      Wie bitte?

      Er glaubte, sich verhört zu haben. Melinas Eltern hatten sich scheiden lassen? Warum hatte er das nicht gewusst? Sie hatte ihre Eltern abgöttisch geliebt, hatte immer ihre Liebe bewundert und gesagt, sie wolle auch einmal einen Mann wie ihren Vater heiraten. Natürlich musste es an der Trennung ihrer Eltern liegen.

      »Davon habe ich gar nichts gewusst.«

      »Es tut mir leid. Ich wollte dich damals nicht damit belasten und es war auch nur ein Gerücht. Ich war mir nicht sicher, ob es stimmte.«

      Er schüttelte den Kopf. Er konnte es nicht fassen. Aber nun war er endlich schlauer. Jetzt konnte er Melina helfen.

      »Ist okay. Danke, dass du es mir gesagt hast. Ich muss zu ihr. Wir sprechen uns, okay?« Robin konnte nicht länger warten. Sein Herz raste. Er wollte zu ihr.

      »Okay. Du schaffst das. Ihr gehört zusammen.«

      Das hoffte er.

      Sie verabschiedeten sich voneinander, dann stürmte er aus seiner Wohnung. Zwar hatte er keine Ahnung, ob der Club jetzt schon geöffnet hatte, aber er musste es versuchen. Wenn nicht, würde er so lange dort ausharren, bis ihm jemand sagte, wo er Melina finden konnte. Er würde sich nicht mehr so leicht abspeisen lassen.

      ***

      Sie war gerade im Bad, als es an der Tür klingelte. Fluchend legte Melina den Rasierer weg und schlüpfte in ihren Bademantel, bevor sie zur Tür ging. Wer wollte denn jetzt etwas von ihr? Es war zu spät für die Post und zu früh für Dana, die sie manchmal abholte, um zusammen zum Passion zu fahren. Wer konnte es dann sein? Gleich würde sie es erfahren.

      Sie öffnete die Tür und hatte sofort das Bedürfnis, sie wieder zu schließen.

      »Warte.« Ein Fuß stellte sich in den Rahmen und hinderte sie daran.

      »Nein«, erwiderte sie und drückte weiter. Robin würde schon irgendwann aufgeben. »Ich habe nichts mit dir zu bereden.« Sie wollte ihn nicht sehen. Er erinnerte sie nur wieder daran, was er zu ihr gesagt hatte. Dass er sie als Schlampe bezeichnet hatte und was er für bescheuerte Gefühle in ihr weckte. Sie wollte sich das nicht geben, einen Rest von Stolz besaß sie nämlich noch. Er würde ihn ihr nicht nehmen können, nur weil er nicht akzeptieren konnte, dass sie nicht noch einmal mit ihm ins Bett steigen würde.

      »Mel, bitte. Ich weiß, was los ist.«

      Wie bitte? Wovon redete er eigentlich?

      Nein. Sie würde darauf nicht reinfallen. Er wollte sie doch nur dazu bringen, dass sie ihn reinließ. Das würde niemals geschehen.

      »Bitte. Es tut mir leid, was ich gesagt habe. Ich war wütend und verletzt«, versuchte er es weiter.

      Doch sie wollte das alles gar nicht hören.

      »Ach ja? Dabei hast du doch recht. Ich bin eine Schlampe, sogar noch billiger als eine