Roman Ludwig Lukitsch

Tanz der Aranaea


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die sich an den Fasern des Palmenstamms ein Netz errichtet hat, saß reglos mitten darin. Wahrscheinlich schlief sie, wie unsere Kameraden. Tim bekam einen merkwürdigen Glanz in seine Augen, als er das Wunderwerk der kleinen Spinne sah.

       Er fragte mich: »Was hast du bei den Deserts gelernt?« Er gab mir aber keine Gelegenheit zum Antworten sondern fuhr fort: »Du hast gelernt mit einer MP zu schießen aber das brachte nichts. Du schießt wie ein Idiot!«

       War ja auch kein Wunder, dachte ich, diese Scheißdinger streuten wie verrückt und waren kaum zu führen. Und ich sagte mir, Vancelli, wenn du je eine MP brauchst, dann bestehe auf eine deutsche Schmeisser-Maschinenpistole. Alles andere ist Bullshit.

       Er sagte: »Mit dem Gewehr bist du gut Francesco, und mit der Drahtschlinge! Die Messer benutzt du besser nur zum Kartoffeln schälen, im hantieren mit dem Messer bist du eine Niete.«

       Er benutzte zum ersten Mal nicht meinen Pseudo-Namen John Walker. Eine leise Vertrautheit kam auf mich zu, die mich jedoch wenig beeindruckte.

       »Du hast auch gelernt, wie mit der Drahtschlinge getötet wird. Als ich dich zum ersten Mal bei dieser Übung gesehen habe, ist mir dein Talent dafür aufgefallen. Du musst nur noch den letzten Schritt und den letzten Atemzug vor dem Auswerfen der Drahtschlinge verbessern. Die Schlinge würde ich an deiner Stelle nicht einfach zuziehen sondern beim Schließen ziehst du sie mit einem Rück im Genick hoch. Du vermeidest damit das Röcheln deines Feindes. Du wirst sehen Francesco, du wirst eine Spinne, eine Aranaea. Ein “Lautlos Töter“.«

       Mir war als müsste ich meine Eingeweide an die frische klare Nachtluft setzen. Zum Lüften! Ich zündete mir eine Zigarette an und brachte keinen Ton hervor. Der Spinnenpsychopath sagte zum Schluss unserer Wache-Einteilung noch ein paar Sätze, die mich ein Leben lang begleiteten: »Alle Männer und auch Frauen, die das lautlose Töten gelernt haben, kommen davon nicht mehr los. Francesco, wir haben durch diesen verdammten Krieg keine Chance mehr in der Zivilisation zu bestehen. Auch du hast im Lazarett bei Tobruk die Verwundeten und Halbleichen massakriert und du hast die junge italienische Hilfsschwester erschossen. Weder du noch wir haben es mit Absicht getan, es war ein Versehen. Du wirst es niemals vergessen und du wirst, ob du willst oder nicht, immer mit “Lautlos Töter“ konfrontiert werden. Du wirst sie riechen können, ihre Witterung aufnehmen, so wie sie dich wittern. Du wirst ein “Lautlos Töter“, eine Spinne, wie ich und Walt Baker, Greg Harris und Benny Moore.«

       Die kleine Spinne am Fuß der Palme an der wir saßen, hatte ihr Netz fast fertig gesponnen. Ein Kunstwerk das Tim zerstörte, indem er das Netz und die Spinne mit dem Stiefelabsatz in den Wüstensand trat. Spinnen faszinierten ihn und gleichzeitig hasste er sie, denn sie konnten in ihrer Welt etwas bis zur Perfektion, was er nie so beherrschen wird. Das perfekte Tarnen, die abgefeimtesten Fallen stellen und das absolute lautlose Töten.

      ***

      Mich schauderte es bei meinen Erinnerungen an damals, und würden die Dieselmotoren das Schiff nicht leicht zum Erzittern bringen, ich würde glauben, dass mein Kreislauf dieses Brummen und Erschüttern zustande brächte. Es war ein schöner Anblick, als die Sonne früh morgens über dem Meer aufging. Die Königin der Nacht regierte noch im Westen, hier hatte sie schon den Mantel der Stille abgelegt. Auch wenn es nachts nie richtige Ruhe gab, so schien das Brummen der Motoren und das Rauschen der Bugwellen am Tage viel stärker in die Gehörgänge einzudringen. Das noch nicht vollständig beladene Küstenmotorschiff stampfte durch die Wassermassen und zog scheinbar ungerührt seiner Bestimmung in Algier und Bougie zu. Erst in Bougie, nach Aufnahme der weiteren todbringenden Fracht für einige verrückte und korrupte Politiker und Militärs im Kongo, und ebenso kranken Machthaber in Europa, USA und der UdSSR, wird es seinen scheinbar friedlichen Umhang ablegen und sich den blutroten Mantel des Kriegsgottes Ares überziehen. Ich, Francesco Maria Vancelli, trage auch meinen Beitrag dazu bei und habe schon jetzt das Fondue-Töpfli gestrichen voll. "Spring doch von Bord du alter Depp", sagte mein innerer Schweinehund. „Schwimm doch zurück nach Menorca, kauf dir eine Hängematte und ein Fass Martini. Leg dich an den Strand und werde alt und fett", lästerte mein zweites ICH.

      Natürlich hörte ich nicht auf meine innere Stimme, denn bisher war dies alles noch lieblicher Spaß. Wenn ich es erahnt hätte, welchem Ungemach wir entgegen fuhren, wäre ich vielleicht von Bord gesprungen. Der Einzahnige stand unvermutet vor mir und hielt mir grinsend ein Tablett mit einem köstlich aussehenden Frühstück unter die Nase. Er deutete mit dem Kopf zur Brücke. Als ich mich umdrehte, sah ich Kapitano Ramos der mich freundlich anlachte. Mit südländischer Gestik forderte er mich zum Essen auf.

      Das Frühstück besaß alles, was ich von einem gelungenen Frühstück normalerweise erwarte.

      »Lass dich gutt smecken, babuinito«, gurgelte der Einzahnige.

      ***

      »Tonton, was machst du auf die Bord von die Schiff?«

      »Cello, jetzt aber ab mit dir in die Klapperkiste, du musst ausgeschlafen sein, wenn wir heute Mittag Harun Al Sabti treffen!«

      »Wer ist denn das schon wieder, Harun Al…wie?«, erwiderte ich.

      »Egal, du gehst jetzt in die Kiste«, meinte Frau Feldweiblein Sabi Loulou.

      »Harun ist die algerische Mann von die Madame Bijou, die dir mit ihm damals weggebrennt ist, und jetzt gehst du endlich in die Bett, Tonton«, säuselte Zouzou.

      Mit einem Schlag ist mir das vorher gut schmeckende, feine Frühstück verhagelt. Nichts schmeckte mehr. Das Ei war kalt, der Schinken roch nach altem Maulesel, und der Kaffee schien aus gepressten Kastanien gebraut zu sein. Und Zouzou lernte es wohl nie.

      »Ihr habt mir alles versaut.«

      »Macht nix Cello, dafür darfst du in unserem Bett schlafen. Natürlich ohne uns, wie immer. Es ist noch warm und riecht auch noch nach Zouzou und nach mir.«

      »Ich darf in die Kapitänskajüte, die euch Ramos geschenkt hat?«

      »Ja, Tonton. Du darfst in das doppelte Bett!«

      Sie nahmen mich in die Mitte und geleiteten mich zur Kapitänskajüte. Vorbei an meiner Kombüse, diesem dunklen kleinen Loch ohne Dusche und WC, und mit nur einem trübglasigen Bullauge sowie dem altersschwachen Bett, hinüber zur Kapitänskajüte mit Türgriffe aus geschliffenem Messing und dann hinein in das kuschelige noch warme Doppelbett von Zouzou und Loulou.

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