Kadhira del Torro

Fast egal


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werden, manchmal sogar schon auf unverschämt direkte Weise. Aber jetzt? Es war doch nur ein harmloser Blick. Ihr Griff um ihr Punschglas wurde fester und die Knöchel traten weiß hervor. Kampflustig schob sie das Kinn vor und funkelte ihn an. „Hat Ihnen gefallen, was Sie gesehen haben?”

      „Es gefällt mir immer noch,” erwiderte er und lachte leise. Das vergnügte Funkeln in seinen Augen ließ Sam noch wütender werden.

      „Schön. Dann prägen Sie es sich gut ein. Sie werden mich nämlich nicht wiedersehen.”

      „Möchten Sie tanzen?”

      „Nein.”

      „Kommen Sie.” Er nahm ihr das Glas ab und reichte es mit einem Lächeln an Marlene weiter. Dann griff er nach ihrem Arm und zog sie mit sich zur Tanzfläche, auf der anderen Seite des Pools. Samantha folgte ihm, staunte einfach nur. Mit einer derart unverschämten Reaktion hatte sie wirklich nicht gerechnet. Und nu?

      Er zog sie besitzergreifend in seine Arme und sie war ihm plötzlich so nah, dass der leichte Duft seines Aftershaves das einzige war, was noch zwischen sie passte. Und eben dieser Duft und seine körperliche Nähe kämpften darum, ihre Sinne zu benebeln, sie einzuschläfern und zum aufgeben zu bewegen. Aber sie wehrte sich, focht den Kampf, bewegte sich dabei zu den sanften Klängen der Musik und starrte auf den Krawattenknoten vor ihren Augen. Deutlich spürte sie seine Hand auf ihrem nackten Rücken und den festen Griff, mit dem er sie an sich gedrückt hielt.

      „Warum bist du so abweisend?”

      „Bin ich das?”

      „So würde ich es jedenfalls nennen. Bist du mir wegen deines Sprungs vom Blumengitter böse? Ich habe dich immerhin aufgefangen.”

      „Wenn Sie mich nicht erschreckt hätten, wäre ich gar nicht erst runtergefallen.”

      „Du bist die erste Frau, die mir im wahrsten Sinne des Wortes in die Arme gefallen ist.”

      „Keine Angst,” knurrte sie. „Es wird nicht wieder vorkommen.”

      „Schade. Mir hat es gefallen.”

      Sam hob den Kopf und sah ihn an. Sein Lächeln war einfach hinreißend. „Dann sollten Sie sich vielleicht eine Leiter ins Schlafzimmer stellen.”

      „Was weißt du denn über mein Schlafzimmer?”

      „Zum Beispiel habe ich gehört, dass das Bett niemals kalt wird,” erwiderte sie.

      Brendon zog spöttisch eine Augenbraue hoch. „Glaubst du alles, was man dir erzählt?”

      „Es kommt darauf an, wie zuverlässig die Quelle ist.”

      Seine Hand strich aufreizend über ihren Rücken und Sam erschauerte. Sie war versucht, die Augen zu schließen und dieses Gefühl zu genießen, aber sie zwang sich, ihn weiterhin anzusehen.

      „Du solltest nichts glauben, was du nicht selbst gesehen hast.”

      „Ich bin nicht scharf darauf, in den Kreis Ihrer Gespielinnen aufgenommen zu werden.”

      „Nein?”

      „Überraschend, nicht wahr? Es gibt tatsächlich jemanden, der nicht mit Ihnen ins Bett will. Ich hoffe, damit verletzte ich Ihr Ego nicht allzu sehr.”

      „Überhaupt nicht.”

      „Wie kann jemand gleichzeitig ein erfolgreicher Geschäftsmann und ein Schürzenjäger sein?”

      „Es ist gar nicht so einfach,” gestand er und lachte.

      „Sie geben also zu, dass Sie...?”

      „Ich bin Geschäftsmann und Gentleman, Sammy. Wenn du mehr wissen willst, wirst du zu mir kommen müssen.”

      War das etwa eine Einladung, mit ihm das Bett zu teilen? Samantha spürte die Röte, die ihr ins Gesicht schoss. Sie starrte ihn sprachlos und mit großen Augen an.

      „Ins Büro,” erklärte er und grinste breit. „Dort können wir ausführlich reden.“

      „Was denn sonst?”, fauchte Sam und senkte den Blick. Sie fühlte sich ertappt wie ein Schulmädchen. Wo, um Himmels Willen, war ihre kühle Gelassenheit? Wo war ihre Schlagfertigkeit? Dieser Mann machte sie nicht nur nervös, sondern sie fühlte sich ihm gegenüber auch hilflos. Und das wiederum macht sie wütend.

      „Einen Penny für deine Gedanken,” bot er und sah sie auffordernd an.

      „Nicht für eine Million Dollar würde ich sie Ihnen verraten,” erwiderte Sam und funkelte ihn an.

      „Bist du wirklich so kalt, wie deine Großmutter sagte?”

      „Kälter.”

      „Wirklich? Wie passen Schönheit, Intelligenz und Gefühlskälte zusammen?”

      „Bestens.”

      „Ich glaube eher, dass du eine sehr leidenschaftliche Frau bist.”

      Worauf zur Hölle wollte er hinaus?

      „Ich habe einiges über dich gehört, Sammy. Zum Beispiel, dass du wirklich gut sein sollst. Um nicht zu sagen, eine der Besten in unserem Geschäft.”

      „War. Vergangenheit. Jetzt nicht mehr.”

      „Warum nicht?”

      „Ich habe mich zurückgezogen.”

      „Ich möchte wirklich gern wissen, warum.”

      Sam musterte ihn eingehend. Er sah interessiert aus. Sein Blick war eher nachdenklich als neugierig. „Ich werde bald heiraten,” erwiderte sie leise. „Aber behalten Sie das für sich, es weiß noch niemand.”

      „Und wer ist der Glückliche?”

      „Das geht Sie wirklich nichts an.”

      „Wann soll die Hochzeit sein?”

      „In vier oder fünf Wochen.” Warum erzählte sie ihm das?

      „Du trägst keinen Ring. Normalerweise verlobt man sich, bevor man heiratet.”

      „Das kommt noch,” meinte Sam und wandte schnell den Blick ab. Sie hatte sehr wohl das Aufblitzen seiner Augen bemerkt.

      „Dann brauche ich ja kein schlechtes Gewissen haben,” meinte er und lächelte.

      In Samantha schrillten sämtliche Alarmglocken auf einmal los. „Weswegen?”

      „Deswegen.” Er senkte den Kopf und ließ seine Lippen zart wie ein Windhauch über ihren Mund streichen. Und noch bevor sie in irgendeiner Form reagieren konnte, zog er sich zurück und lächelte spitzbübisch.

      Samantha sah ihn mit großen Augen an. Sie schluckte und musste sich mehrmals räuspern, bevor sie sprechen konnte. „Dafür werde ich Sie ohrfeigen,” meinte sie, tat es aber nicht.

      „Ich glaube nicht, dass du das tun wirst,” antwortete er und schüttelte leicht den Kopf.

      „Warum nicht?”

      „Weil du es genauso wolltest wie ich.”

      „Und woher wollen Sie das wissen?” Sam konnte sich ein amüsiertes Lächeln nicht verkneifen. Seine Selbstsicherheit war ihr unbegreiflich. „Sprechen Sie etwa aus Erfahrung als Casanova, oder ist es Ihr Ego, das eine Ohrfeige in der Öffentlichkeit verbietet?”

      „Deine Augen haben dich verraten. Das hat weder etwas mit meinem Ruf noch mit meinem Ego zu tun. Wenn du dir aber sicher bist, dass du diesen Kuss nicht gewollt hast, darfst du mich gerne hier und jetzt ohrfeigen.”

      Samantha musterte ihn kurz, warf einen schnellen Blick in Richtung ihrer Großmutter, die mit Marlene zusammen stand und atmete tief durch. „Ich verzichte auf die Ohrfeige, weil meine Großmutter es bestimmt mehr genossen hat als ich.”

      „Versuchst du dich jetzt hinter deiner Großmutter oder deinem Ruf als eiskalte Frau zu verstecken, oder meinst du es wirklich so?”