Kadhira del Torro

Fast egal


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Spott dieser Welt ausdrückte. Genau wie sein Gesicht.

      „Lass den Kinderkram. Du weißt, was ich meine“, knurrte sie. „Du hättest dir eine andere, größere und bedeutendere Firma aussuchen können, als unsere.”

      „Hätte ich. Aber der Reiz liegt allein bei euch.”

      „Warum? Steht unser Bürohaus auf einer Goldmine?”

      „Nein.“

      „War mein Vater ein böser Junge und ist dir auf die Zehen getreten?“

      Da lachte er. „Nein.“

      „Haben wir einen Auftrag bekommen, den du gern gehabt hättest? Und deswegen versucht du auf diese miese Tour, doch noch ranzukommen?“

      Kopfschütteln. Er wirkte nicht im mindesten gelangweilt. Im Gegenteil. Ihm schien dieses Ratespiel sogar richtig Spaß zu machen.

      Samantha hatte allerdings so gar keine Lust mehr, war richtiggehend wütend. „Verflucht noch mal. Was hat unsere Firma, was andere nicht haben?“

      „Dich.” Kurz. Trocken. Aussagekräftig. Ekelhaft.

      Sams Augenbrauen schossen hoch. Ach so? Okay, sie hätte nicht fragen sollen. Zweifellos nahm diese Unterhaltung eine Richtung, die ihr ganz und gar nicht gefiel. Sie ahnte bereits, dass schon seine nächsten Worte der Grund für ihre plötzliche Gänsehaut sein würden.

      „Ich will dich am Verhandlungstisch haben. Ganz oben.”

      Siehste. „Oh nein,” wehrte sie ab. „Ich bin nicht mehr im Spiel.”

      „Dann bist du es ab jetzt wieder. Dein Vater verliert jeden Tag eine Menge Geld, weil ich ihn daran hindere, welches zu verdienen. Wie lange kann er das noch, bis er völlig pleite ist?”

      Sam presste die Kiefer so fest zusammen, dass es schmerzte. Dann schloss sie einen Moment die Augen und rief sich zur Ordnung, entspannte sich. Locker bleiben. Dad sagte doch, dass das der richtige Weg ist. Und ich konnte ihm immer vertrauen. Aber was wäre sie ohne die weibliche Neugier? „Wie lange?”

      „Du hast wirklich keine Ahnung, was gerade läuft, oder?”

      „Ich sagte doch schon, dass ich nichts mehr mit der Firma zu tun habe.”

      „Na schön. Dann erkläre ich es dir.” Er beugte sich vor und brachte ihr das vergnügte Funkeln seiner Augen näher. „In den letzten Wochen habe ich mir einen Spaß daraus gemacht, deinem Vater alle Aufträge vor der Nase wegzuschnappen, an denen er interessiert war. Das heißt, er bekam nichts mehr dazu und konnte die Lücken, die durch Erledigung bei ihm auftraten, nicht schließen. Das ist seine erste Verlustreihe. Die zweite besteht darin, dass er laufende Aufträge verliert, weil er nicht mehr rechtzeitig liefern kann. Die Auftraggeber springen bei ihm ab und direkt in meine Auftragsbücher. Es ist für mich nur noch die halbe Arbeit. Aber immerhin. Die wohl ärgerlichsten Verluste erleidet er, weil er zwar Material bezahlt hat, aber nicht geliefert bekommt. Nicht oder nur mit Verspätung. Du kennst die Kette, die sich dann in Gang setzt. Sein Warenlager wird leer, er kann keine Aufträge mehr ausführen, verbraucht sofort, was geliefert wird, bla, bla, bla. Ergo: Er befindet sich momentan in einem ziemlich großen Rohr, das so rund wie die Erde ist. Kein Ende abzusehen. Außer vielleicht, man hilft ihm, indem man ein Loch hineinschneidet, aus dem er klettern kann.“

      „Und du bist wahrscheinlich der einzige, der das passende Messer hat.“

      „Ich bin der einzige, der genug Kapital hat, um sich so ein Messer leisten zu können.“

      „Um mal bei diesem Beispiel zu bleiben. Warum kauft sich mein Vater das Messer nicht selbst?“

      „Weil ihm inzwischen das nötige Kapital fehlt. Er braucht alles Geld, um bei Fremdfirmen Material zu kaufen. Material, dass sehr viel teurer als bei seinen bisherigen Lieferanten ist.“

      „Höhere Kosten, höhere Verluste. Deswegen brauchst du jetzt einfach nur zusehen, wie er langsam den Bach runter geht.“ Schwang da etwa ein Hauch von Bitterkeit in ihrer Stimme mit? „Und das macht dir Spaß?“

      „Noch nicht richtig, nein. Es ist nicht das, was ich wollte.“

      „Oh, wie schön. Waren das jetzt die guten Nachrichten?“

      „Nein. Die gute Nachricht lautet, dass du die einzige bist, der ich das besagte Messer kostenlos überlassen würde. Für eine Woche.“

      „Ich würde es dir in den Rücken rammen, sobald du dich umdrehst.“

      „Nein, wirst du nicht. Du wirst es nehmen und deinem Vater helfen.“

      „Aber das Messer ist kein Geschenk, oder?“

      „Wären wir beide jetzt hier, wenn ich Geschenke machen würde?“

      Sie kniff die Augen etwas zusammen, musterte ihn. „Vielleicht.“

      „Vielleicht?“

      „Dein Vater und meine Großmutter wären schon mal zwei Argumente, die...“

      „Vergiss die beiden“, unterbrach er sie. „Mein Vater hat sich endgültig aus dem Geschäft zurückgezogen. Er weiß, was hier läuft. Aber er kennt mich und er kennt deinen Vater. Aber noch wichtiger, er kennt dich. Und er ist ehrlich gesagt einfach nur neugierig, was du aus dieser Situation machst. Und deine Großmutter? Ich glaube nicht, dass dein Vater ihr etwas erzählt hat. Er ist ein anständiger und fleißiger Mann, ja. Ich respektiere ihn. Aber deine Großmutter würde ihn von seinem Sessel schubsen, noch bevor er ausgesprochen hat. Sie hält immer noch die Mehrheit an der Firma. Und sie hätte dich schon lange wieder an deinen Platz gesetzt. Ich glaube nicht, dass sie zugelassen hätte, dass du...“

      „Ach halt die Klappe“, würgte sie ihn ab und stand auf. Sie konnte es nicht leiden, wenn man so über ihren Vater sprach. Sie liebte ihn. Er tat sein bestes. Und sie hatte ihm versprochen, die Füße still zu halten und Forsyth zu heiraten. Klar hatte sie gewusst, dass er eine Menge Schwierigkeiten haben musste. Wieso sonst machte er so ein Geheimnis daraus? Selbst ihrer Großmutter hatte sie vorspielen sollen, dass sie sich in Nick verliebt hatte. Okay, die glaubte ihr sowieso nicht, wie ihr Spielchen heute Abend bewies. Warum sonst sollte sie sie mit Richmond bekannt machen? Und trotzdem. Brendon hatte einfach nicht das Recht, so über ihren Vater zu reden. „Hast du es meiner Großmutter schon erzählt? Oder wolltest du dir das für den Fall aufheben, dass ich mich weigere, meinen Job wieder zu tun?“

      „Weder noch. Ich bin überzeugt, dass wir beide uns ganz alleine einig werden.“

      „Na klar doch. Einigen wir uns darauf, dass du meinen Vater und mich in Ruhe lässt und dir einen anderen Zeitvertreib suchst.“

      Er schnalzte mit der Zunge und schüttelte ein bisschen den Kopf. Sein Grinsen war einfach widerlich, kaum auszuhalten. „Einigen wir uns darauf, dass du an deinen Platz gehst und ich dir eine Woche Zeit gebe, um dir eine anständige Basis zu schaffen.“

      „Streich alles bis auf die eine Woche. Die werde ich nutzen, um weit genug von hier weg zu kommen.“

      „Was du in dieser Woche machst, ist mir so ziemlich egal. Aber wenn du dich absetzt, wird das nicht unbedingt deinem Vater helfen. Was meinst du? Wie wird er den Verlust deiner Großmutter erklären?“

      „Schuft.“

      „War ja nur eine Frage.“

      Sam marschierte auf und ab, lief einen Streifen Farbe aus dem Teppich, kaute auf ihrer Unterlippe und war mit der ganzen Situation ganz und gar nicht zufrieden. Auf den ersten Blick sah es gar nicht so gut für sie aus. Aber genauer hinschauen lohnte sich allemal. So oder so. Sie blieb vor ihm stehen und starrte ihn finster an. „Was willst du genau?“

      „Du bist also dabei?“

      „Ich will zuerst die ganze Geschichte kennen. Nicht nur deine Version. Also, raus mit der Sprache. Was hast du dir feines ausgedacht?“

      „Ein völlig neues und aufregendes Spiel. Ich denke, das trockene Geschäftsleben