Thorsten Dürholt

Sommer auf dem Sonnenbergerhof


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warst du?“ „Ich bin Alise gefolgt, denn ich hatte so ein Gefühl, weißt du?“ „Und, hat sich dein Gefühl bestä tigt?“ „Leider ja, denn sie war noch bei der alten Scheune, wo die Mittelalterleute ihre Sachen lagern.“ „Mama hat mir beim Aufräumen erzählt, dass es dort heute Vormittag gebrannt hat.“ „Interessant“, sagte Teddy mehr zu sich selbst und knabberte nachdenklich auf seiner Unterlippe. Sunny strich ihm über die Wange und flüsterte leise: „Hör damit auf!“ „Womit?“, fragte Teddy überrascht. „Auf deinen Lippen herum zu knabbern. Du hast selbst gesagt, davon werden sie rau und rissig.“ „So etwas habe ich gesagt?“ „Ja, und ich soll dich daran erinnern“, entgegnete Sunny voller verantwortungsvoller, aber sanfter Strenge.

      Teddy nahm vorsichtig Sunnys Hand, die immer noch sein Gesicht streichelte und zog sie ein wenig zu sich heran. Langsam schlang er seine langen feingliedrigen Finger um Sunnys und hielt einige Herzschläge seine Hand in der eigenen, ohne etwas zu sagen.

      „Ich sollte dich schlafen lassen“, stellte Teddy plötzlich fest. Sunny schnaubte leicht. „Jetzt bin ich viel zu gespannt.“ „Gut“, antwortete Teddy, „Aber lass mich kurz das Sofa fertigmachen, denn ich bin echt müde.“ „Du kannst heute Nacht bei mir schlafen“, antwortete Sunny, ohne zu zögern und hielt bestätigend Teddys Hand fest. „Dann sollte ich zumindest duschen, denn ich bin gelaufen.“ „Brauchst du nicht, ich mag deinen Geruch.“

      Teddy zuckte mit den Schultern. Er wollte jetzt nicht diskutieren, auch wenn es nicht die feine Art war, ungewaschen in das Bett eines anderen zu kriechen. „Hast du hier noch Wasser?“, fragte Teddy. Sunny reichte ihm die Mineralwasserflasche vom Nachttisch. Teddy nahm einen tiefen Schluck und reichte sie ihm zurück. Dann zog er sein T-Shirt über den Kopf und warf es auf das Sofa.

      Er stand auf und während er um das Bett herumging, entledigte er sich seiner restlichen Kleidung. Elegant schlüpfte er unter die zweite Decke, die noch von der letzten Nacht in Sunnys Bett lag, und schmiegte sich an die weiche Rückenlehne des großen Bettes.Sunny drehte sich zu ihm um und legte seinen Kopf auf Teddys Schoß. Teddy begann, ihm sanft durch die Haare zu streichen und genoss die angenehme Wärme von Sunnys Körper.

      Neugierig blickte Sunny mit großen Augen zu ihm hoch. „Erzählst du mir jetzt, was genau passiert ist?“ „Du bist genauso wie Krapfen“, sagte Teddy und als er den verwirrten Blick von Sunny sah, setzte er nach: „Überaus neugierig und möchtest dauernd von mir gekrault werden.“ Sunny kicherte leicht. „Das stimmt wohl, aber ich weiß zum Glück, dass du Krapfen sehr magst.“ Teddy streichelte ihn sanft weiter und begann, von den Erlebnissen der Nacht zu erzählen.

      Alise war trotz des nächtlichen Ausfluges wieder zur gewohnten Stunde aufgewacht. Obwohl sie sich noch eine gewisse Zeit wohlig in ihrem Bett gewälzt hatte, während sie ein wenig den verwirrenden, aber dennoch sehr angenehmen Träumen der letzten Nacht nachhing, gelang es ihr nicht, wieder einzuschlafen. Während sie ihrer Morgenroutine nachging, dachte sie gründlich nach.

      Es gab gleich zwei Angelegenheiten, die ihre ungeteilte Aufmerksamkeit beanspruchten, denn zu den seltsamen Ereignissen in der Scheune war da auch noch ein kleines Problem mit den beiden Jungs vom Sonnenbergerhof dazu gekommen. Beide hatten es gestern eindeutig auf ihre jeweils eigene Art geschafft, mehr als nur ihre Aufmerksamkeit zu erregen.

      In ihren Träumen war dieses Dilemma mehr als präsent gewesen und die Lösung, die ihr Unterbewusstsein präsentierte, trieb Alise ein wenig Schamesröte in ihr Gesicht. Spontan erlaubte sie sich in der Dusche noch einmal, über diese abstruse Idee zu resümieren, dann verbannte sie alle romantischen Ambitionen vorerst in einen Abstellraum ihres Kopfes und grübelte über die Scheune und das Erlebnis von gestern Nacht. Teddy hatte durchaus recht - es war von Vorteil, wenn ihr die beiden Jungen halfen. Aus der Schule wusste sie, dass Sunny einen wachen Verstand hatte und sich mit vielen Dingen der Naturwissenschaft auskannte, die selbst für die Lehrer des Gymnasiums manchmal etwas zu „Tief in der Materie“ waren. Teddy hatte seine Nützlichkeit ja bereits letzte Nacht bewiesen.

      Es war eine gute Idee, sich der Hilfe der beiden zu bedienen und der Genuss ihrer Gesellschaft war einfach ein schöner Bonus.

      Kaum war Alise angezogen, stürmte sie auch schon die Treppe runter und frühstückte rasch, während sie das Essen für ihre Männer vorbereitete.

      Sie verließ das Haus sehr früh, denn sie wollte keine Sekunde des Tages verschenken und während sie ihr Fahrrad leise vom Hof der Schmiede schob, steckte sie die Kopfhörer ihres Smartphones in die Ohren und wählte die Telefonnummer einer ihrer Großmütter.

      Es war ein sonniger Morgen und die Natur war, im Gegensatz zu den meisten Menschen auf dem Sonnenbergerhof, bereits erwacht. Vögel sangen fröhlich in den alten Bäumen des Gutshofes und die Pferde schnaubten erwartungsfroh. Der Tag versprach schön zu werden. Emilia Sonnenberger genoss die Arbeit zu dieser ruhigen Mor genstunde und wunderte sich, als sie Alise auf ihrem Hollandrad ankommen sah. Das hübsche rothaarige Mädchen schob das große schwarze Fahrrad durch das große Tor auf den gepflasterten Hof.

      Sie grüßte Emilia Sonnenberger mit einem offenen Lächeln und einem herzlichen Morgengruß, den diese freudig erwiderte. Sie mochte die höfliche, aber doch herzliche Art des Mädchens.

      „Ich würde gerne Ihren Sohn und seinen Freund besuchen“, erklärte Alise, während sie das Fahrrad an der alten Mauer anlehnte. „Ach, wahrscheinlich schlafen die beiden noch.“ Frau Sonnenberger sah den enttäuschten Blick und ergänzte schnell: “Aber vielleicht willst du mal nachschauen, ob die beiden Schlafmützen schon wach sind?“ Alise nickte fröhlich und blickte dann wieder fragend. Emilia Sonnenberger beschrieb ihr den Weg zu dem Zimmer, das die beiden Freunde bewohnten. „Sie teilen sich ein Zimmer?“, fragte Alise erstaunt. „Ja, die beiden sind kaum zu trennen“, gestand Emilia Sonnenberger. Alise bedankte sich artig und folgte dem ihr gewiesenen Weg.

      Emilia Sonnenberger blickte ihr nachdenklich hinterher. Es freute sie, dass die Jungs Zeit mit einem netten Mädchen verbrachten.

      Sie wusste, dass ihr Manfred, oder besser Sunny, denn dieser Spitzname, den ihm sein Vater aufgrund seines „Sonnenaufgangslächelns“ irgendwann gegeben hatte und der sich erst in der Familie und dann in der ganzen Gemeinde verbreitet hatte, langsam in das entsprechende Alter kam.

      Vor der Tür des Jungenzimmers atmete Alise noch einmal durch, richtete ihre Kleidung, klopfte dann entschlossen und trat ein. Tatsächlich waren die beiden Jungs noch im Bett. Niedlich verschlafen blinzelte Sunny ihr entgegen, während sich Teddy gerade aufrichtete.

      Einen kurzen Augenblick genoss Alise den Anblick seines Muskelspiels und sah zu, wie er sich die dunklen Haare aus dem Gesicht strich. Auch Sunny richtete sich auf und die Bettdecke rutschte tief in seinen Schoß und gab ebenfalls den Blick auf seinen athletischen Oberkörper frei.

      Ohne sich etwas anmerken zu lassen, studierte Alise die anatomischen Unterschiede zwischen den beiden Jungen.

      Während Teddys Muskulatur wie bei einer griechischen Marmorstatue aussah, waren Sunnys Muskeln versteckter, aber durchaus erkennbar. Man konnte ihn als eher grazil und anmutig beschreiben. Beide Jungen waren ein wirklich ansehnlicher Anblick, auch und gerade mit ihren nackten Oberkörpern, und sie wusste nicht, ob sie darauf hoffen sollte, dass einer sich erheben und präsentieren würde, was die Bettdecken noch gekonnt verbargen.

      Besonders aber blieben ihre Blicke aber auf Sunnys eleganten Händen kleben. Seine langen, schlanken Finger mit den gepflegten Fingernägeln, die so zärtlich gerade erst bei sich und dann bei Teddy die vom Schlaf zerzausten Haare aus dem Gesicht strichen, regten eine sinnliche Seite in ihr an.

      Alise schluckte leicht und versuchte, mit einem Scherz wieder Oberhand zu gewinnen: „Entweder ihr beiden steht auf und zieht euch an, oder ich muss mich ausziehen und zu euch kommen.“ Noch während sie realisierte, was ihr da aus dem Mund gefallen war, spürte sie wieder, wie das Blut heiß in ihre Wangen schoss. Dass beide Jungen sie einen Moment lang nachdenklich anblickten, um dann vielsagenden einen Blick miteinander zu tauschen, machte es für Alise nicht besser.

      Der Moment zog sich wie eine Ewigkeit hin und alle möglichen Konsequenzen ihrer Frechheit