Thorsten Dürholt

Sommer auf dem Sonnenbergerhof


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und analysierst das Ganze?“ „Na klar, ich habe dir doch versprochen, deine Unterstützung zu sein.“ „Perfekt!“, erwiderte Sunny und ein Lächeln erstrahlte über sein gesamtes Gesicht.

      Teddy nahm sich einen Schluck Eistee und grübelte nach, während er sich geistesabwesend mit Krapfen beschäftigte. Sunny erkannte sofort, dass Teddy wieder einen Plan austüftelte und lehnte sich zurück, um Eistee und Sonne zu genießen, denn er wusste, es würde alles gut werden.

      Keiner der beiden Jungen bemerkte bei ihrer gemütlichen Mittagsruhe den heimlichen Beobachter. Der alte Wanderer saß nicht weit entfernt im gemütlichen Biergarten des Hofes und beobachtete die beiden bei einem eiskalten Glas frischgezapften Bieres aus der örtlichen Tradi tionsbrauerei. Er hatte sich mit Tablet, Notizbuch und einer mittlerweile halbleeren Schachtel Zigaretten hier eingerichtet.

      Sowohl die kleine Kamera, als auch das passende, winzige Richtmikrofon, hatten einen Lücke gefunden, die es ihm ermöglichte, völlig unauffällig durch die blühenden Rosenbüsche, die den Biergarten eingrenzten, die beiden Jungen im Obstgarten zu beobachten.

      So ließ es sich mit seiner Mission durchaus gut leben, stellte er zufrieden fest und blickte voller Vorfreude auf das gutbürgerliche Mittagsmahl, das gerade durch die nette Kellnerin zu ihm gebracht wurde.

      Brandheiß

      Brandheiß

      Ein paar freche Spatzen hüpften über die Fensterbank am offenen Küchenfenster, während Alise dabei war, das Mittagessen vorzubereiten.

      Gerade hatte sie die Küche aufgeräumt und eine Unmenge an Krümeln, die ihre Männer hinterlassen hatten, aus dem Fenster entsorgt, um die hungrigen Zaungäste der Umgebung damit zu erfreuen. Die Spatzen waren die ersten Gäste des Tages, aber nachher würden auch die Eichhörnchen dazu stoßen und Alise freute sich schon ein wenig auf die fröhliche Randale auf der Fensterbank.

      Ein wenig brannte auch die Vorfreude in ihrem Bauch, denn am Nachmittag war sie mit Sunny zu ihrer ersten Reitstunde verabredet und ein heiteres Potpourri aus Emotionen durchfuhr sie beim Gedanken daran. Aus so vielen Gründen war diese Verabredung spannend. Es war erstaunlich, wie leicht es gelungen war, den blonden Cowboy zu privaten Reitstunden zu überreden.

      Bis auf den Umstand, dass es irgendwas in seinem Blick gab, was Alise, die ansonsten eher schlagfertig war, die Worte raubte, war die Mission echt erfolgreich gewesen. Es war sehr angenehm, mit dem smarten Jungen zu reden, der einer der wenigen Einheimischen war, der stets ihren echten Namen benutzte, als ob es den blöden Spitznamen nicht geben würde und sein Lächeln zauberte ihr ein warmes und angenehmes Gefühl in den Bauch. Dass ihr Sunny sehr offensichtlich sympathisch war, machte die Mission nur umso einfacher.

      Bei der Probe hatte sie ihn heimlich beobachtet und langsam wurde ihr klar, was Benediktina so anziehend an Sunny fand. Obwohl er scheinbar ein kerniger Naturbursche war und weit davon entfernt, wie ein Schlappschwanz zu wirken, sah man während seines Violinenspiels seine sinnliche Seite, wenn er verträumt mit dem Bogen fast zärtlich über die Saiten strich. Sein verträumter Blick, während er in der Musik versank, hatte etwas beinahe engelsgleiches und doch auch einen teuflischen Hauch von Sinnlichkeit. Fast schnitt sich Alise in den Finger, während sie von den verbotenen Früchten träumte, die sich ihr scheinbar so mühelos boten. Sie schüttelte energisch diese unproduktiven Gedanken ab und fokussierte sich wieder auf das Essen, dessen Zubereitung ihr jetziges Hauptziel war.

      Ein wenig schämte sie sich, dass sie annähernd so naiv dachte, wie die Protagonistinnen in den schlechten "Kitschromanen", die ihr Vater manchmal las. Dass sie Bildern nachhing, die ihre Brüder gerne als „Hausfrauen-Pornografie“ bezeichneten, kannte sie so gar nicht von sich selbst. Wahrscheinlich war es eine dieser blöden hormonellen Problematiken, die eine der leidigen Nebenwirkungen des Weges zur erwachsenen Frau waren.

      Innerlich beschloss sie fest, heute Abend mit einer ihrer Großmütter zu telefonieren. Wahrscheinlich gab es ein gutes Rezept dagegen und bald wäre alles wieder normal.

      Mit einem kurzen Seufzen schob sie die gerade zu Scheiben geschnitten Möhren in den Topf. Nach der Arbeit in der Schmiede würden sich die Männer sicher über einen kräftigen Eintopf freuen und Alise hatte sich großzügig im Garten bedient.

      Der Eintopf blubberte fröhlich vor sich hin, als ihr Vater die gemütliche und gut ausgestattete Küche betrat. Sein Gesicht und auch seine Arme waren deutlich rußverschmierter als sonst und er wirkte sehr erschöpft.

      „Was ist passiert, Papa?“, fragte Alise besorgt. Ihr Vater seufzte hörbar und setzte sich auf die Küchenbank. Während er begann, sich eine Zigarette zu drehen, sagte er mit ruhiger, aber bestimmender Stimme: „Schatz, gib mir ein Bier.“

      Normalerweise erlaubte Alise ihrem Vater kein Bier vor dem Abendessen, aber sein Tonfall zeigte ihr deutlich, dass es nicht der Zeitpunkt war, die Hausregeln zu zitieren. Sie holte eine Flasche guten Lagerbieres aus dem Vorrat und öffnete sie geschickt an der Tischkante, um sie ihrem Vater hinzustellen. Er nickte und nahm einen tiefen Schluck.

      Einige Zeit blickte er ernst auf den Tisch und trank mit tiefen Zügen sein Bier, während er seine Zigarette rauchte. Dann drückte er den kleinen Reststummel im Aschenbecher aus, den Alise ihm hingestellt hatte, ganz ohne auf das Rauchverbot in der Küche hinzuweisen. Irgendetwas war passiert.

      „Was ist denn los?", fragte sie erneut vorsichtig. Ihr Vater nickte leicht, nahm den letzten Zug aus der Flasche und sah sie direkt an. „Wir hatten einen Notfall im Lager. Also nicht in unserem, sondern im Zeughaus vom Verein.“

      Er runzelte leicht die Stirn und Alise entfernte unauffällig die leere Bierflasche und stellte ihm etwas von der selbstgemachten Limonade hin. „Erik hat mich angerufen, denn der alte Bauer Hengstbeck hatte Rauch aus der Scheune gesehen. Er hatte Erik angerufen und der wiederum sofort mich. Wir beide waren gleichzeitig vor Ort. Der alte Hengstbeck kam fast zur selben Zeit mit uns an, denn sein Traktor war liegen geblieben. Wir sind also zu dritt in die Scheune und man konnte den Rauch schon schmecken. Es kam eindeutig aus dem Zeuglager. Erik holte zwei Feuerlöscher und eine Löschdecke aus seinem Wagen und wies Hengstbeck an, seine Kollegen von der Feuerwehr zu rufen, dann gingen wir rein. Es war nicht ganz so schlimm, wie es auf den ersten Blick aussah, und als die Feuerwehr kam, hatten wir das Ganze schon gelöscht, aber natürlich eine riesige Sauerei aus Löschschaum, Ruß und Zeug. Die Scheune hat nicht wirklich viel abbekommen und Erik meint, es sei nur kosmetischer Schaden, aber unser Fundus wurde arg gebeutelt. Nachdem seine Kollegen da waren, kam dann auch unsere örtliche Polizeimacht in geballter Kraft, was dann das Ganze noch ein wenig chaotisch machte. Nachdem dann alle durch die ganze Scheune getrampelt sind und alles mit ihren Smartphones festgehalten haben, ging Erik dann an die Untersuchung der Brandursache, während ich versuchte, mir einen Überblick zu verschaffen. Es ist nichts von dem teuren Zeug beschädigt, aber viel von dem Textilkram, das bedeutet noch jede Menge Arbeit vor dem Fest.“

      Alise nickte. Sie füllte das Glas ihres Vater erneut und fragt ihn direkt: „Und was habt ihr herausgefunden?“

      „Es ist wie es ist“, antwortete ihr Vater. „Erik ist der festen Meinung, dass es sich nicht um einen Unfall handelt. Eine von den Petroleumlampen aus der Campingausrüstung des Vereins lag zerbrochen zwischen einigen der Kleiderständer, relativ mittig im Raum. Die hintere Tür wurde aufgebrochen. Wir sind uns nicht sicher, ob der Täter das ganze Gebäude abbrennen wollte, aber es war schon Glück, dass der alte Hengstbeck den Rauch gese hen hatte. Unsere Freunde von der Ordnungsmacht haben natürlich nur protokolliert und gehen von einem dummen Zufall aus. Aber ich bin mir da nicht so sicher.“

      Er seufzte erneut und leerte das Glas. „Wer immer das Ganze verschuldet hat, schien einen Plan gehabt zu haben, denn die Lampe ist nicht heruntergefallen oder umgestoßen worden, sondern eindeutig hingeworfen worden und die Tür ist halt richtig aufgestemmt worden.“

      Mit zitternden Händen drehte er an seiner mittlerweile dritten Zigarette. Alise nahm ihm das Blättchen und den Tabak sanft, aber bestimmt, aus den Händen und übernahm die wichtige Aufgabe der Zigarettenherstellung.

      „Wann macht ihr eine Aufnahme des Schadens?“,