Arno von Rosen

Der Bestseller


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kennen zu lernen.

      Paul musste zugeben, dass der reine Bürojob nicht gerade ein Vergnügen war, aber dafür hatte er ein planbares Leben bekommen, zumindest solange nichts außergewöhnliches passierte.

      Allerdings hatte er schon von seinem Kollegen, und ehemaligen Innendienstmann gehört, dass terroristische Anschläge, wie in London, oder auf das World Trade Center, ganze Abteilungen in Arbeitslager verwandelt hatten.

      Damals war sein Job, die Drahtzieher solcher Aktionen zu finden, und seiner Organisation zugänglich zu machen, sofern das seiner Firma diente.

      Leider waren die Amerikaner damals schneller als er gewesen, aber man konnte davon ausgehen, dass die auch vorher schon davon wussten, was erheblich Zeit spart, wenn man bei der Suche nach den Verursachern, nicht bei Null anfangen muss.

      Er war zu der Zeit in Osteuropa unterwegs gewesen, und hatte die Aufgabe, den neuen Ölmultis aus dem Osten auf die Finger zu schauen. Schließlich hatte jeder Staat seine ganz eigenen Interessen, was Energiehandel und Kapitalmärkte betraf, und die waren nicht immer konform mit wirtschaftlichen Interessensgruppen, für die seine Firma arbeitete.

      Die Bürotür wurde aufgerissen, und automatisch griff sich Paul an die Stelle, wo früher immer seine Glock gesessen hatte.

      „Hallo Pavel, kommst du mit in die Kantine?“

      Paul knurrte.

      „Ich hab dir doch schon zigmal gesagt, reiß die verdammte Tür nicht so auf. Eines Tages stehe ich am Aktenschrank, und verpasse dir aus versehen eine Linke, von der du dich nicht mehr erholst.“

      Gegen seine Reaktionsschnelligkeit bei unübersichtlichen Situationen musste Paul noch ankämpfen. Über 20 Jahre im Außendienst hatten seine Spuren hinterlassen, und lieber einmal zu schnell reagiert, als für immer tot sein. Das war immer seine Divise gewesen, zumindest bis vor drei Monaten.

      In etwas jovialerem Ton fügte er hinzu.

      „Außerdem habe ich dir gesagt, dass du mich im Büro nicht mehr Pavel nennen sollst, sondern Paul. Schließlich arbeiten wir in Deutschland, und ich möchte nicht eines Tages erklären müssen warum du mich anders nennst.“

      Mit einem leicht gezogenen Mundwinkel fügte er hinzu, „irgendwann bekomme ich noch einen Auftrag mit deinem Namen, und dann habe ich gar keinen mehr, mit dem ich ab und zu essen gehen kann.“

      Natürlich war die letzte Bemerkung einer seiner sehr subtilen Späße, die aber nur Christoph verstand, der über die letzten 15 Jahre sein Innendienstmann gewesen war.

      „Also Paul, was ist jetzt, kommst du nun mit in die Kantine, oder gräbst du dich hier ein?“

      Kantine nannte Christoph alles, wo man Essen gehen konnte, egal ob Feinschmecker Lokal, oder Pommes Bude.

      „Ne, lass mal Chris, ich bleibe lieber hier, und mache mich heute früher auf den Heimweg.“

      Ohnehin ging er nicht gerne in der Mittagspause essen. Zu viele Menschen, und auch meistens nicht das Essen, was er von früher gewohnt war. Schließlich konnte er früher immer in den besten Restaurants essen, da Geld nie eine Rolle gespielt hatte, zumal sich seine Klientel auf derselben Ebene bewegte, oder besser gesagt, bewegt hatte.

      „Alles klar, dann sehen wir uns später, Pavel!“

      Damit zog Christoph die Tür hinter sich blitzartig zu, mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

      „Verdammter Schuft“, rief Pavel hinterher, aber die Türen ließen keinen Laut hinaus oder herein.

      Pavel war gut in den Dingen, die er zu tun hatte. Immerhin hatte er sich über zwei Dekaden mit den Gebieten Banken, Energie, Konzerne, und der Vernetzung zwischen den Staaten beschäftigt, sonst hätte er keine Chance bekommen im Innendienst als Analyst zu arbeiten.

      Er wusste zwar nicht, wer die erste Auswahl darüber zu treffen hatte, was er einer Kontrolle unterziehen sollte, aber darüber machte er sich keine Sorgen. Schließlich arbeiteten nur Spezialisten für seine „Firma“, so wie er einer war.

      Seine heutige Aufgabe war, festzustellen ob ein gewisser J. Olly Mood in seinem Buch irgendwelche Informationen eingearbeitet hatte, die seinen Auftraggebern schaden konnten, oder ob die „Quelle“, wie die Dokumente bei ihnen hießen, als Nachrichtenträger dienten, und damit zur Übermittlung sensibler Daten verwendet wurden.

      Bücher gehörten in der Regel nicht zur täglichen Analyse, da die meisten Quellen aus dem Internetverkehr herausgefiltert wurden. Soweit er die Kurzeinweisung verstanden hatte, war der Inhalt des Buches im Internet in „aller Munde“, aber weder war der Schmöker zu der Zeit des Internet Hypes in einem Buchladen zu finden gewesen, noch auf irgendeiner Bestsellerliste, was auf Manipulation hinwies.

      Wahrscheinlich war das auch der einzige Grund, warum man ausgerechnet ihn mit der langweiligen Lektüre bestrafte. Sozusagen als Test für den Neuling im Innendienst.

      Bis jetzt hatte sich aber noch jede Quelle, die er bis dato zu lesen bekommen hatte, als unbedenklich herausgestellt, aber er arbeitete auch erst seit kurzem in der Abteilung, da er eine Pause von zwei Monaten gemacht hatte, bevor er seine neue Position in der Organisation übernommen hatte.

      Hoffentlich konnte er es in ein paar Stunden in dieselbe Kategorie einstufen, und aus dem Büro verschwinden, um noch ein paar Bierchen in einem schönen Lokal mit Außenbereich genießen zu können.

      Eine Annehmlichkeit auf die er früher aus beruflichen Gründen verzichten musste. Alkohol verlangsamte die Reaktionszeit und die Reflexe, was im Außendienst keine gute Idee war, und regelmäßig durch Tests streng überwacht wurde. Jetzt würde er sich aber erstmal an die Arbeit machen, und hoffte nicht mehr unterbrochen zu werden.

      Pavel kam allerdings erst nach 23 Uhr aus dem versteckten Büro, in einer der vielen Nebenstrassen von Frankfurt. Nach wenigen Metern verlor sich seine Silhouette in dem Gedränge der vielen Nachtschwärmer, die immer auf der Suche nach dem nächsten Kick im Nachtleben der Bankenmetropole waren.

      Er würde keine der vielen Kneipen oder Lokale ansteuern, um den Tag ausklingen zu lassen.

       7. Kapitel

      Karl starrte aus dem Küchenfenster. Fast jeden Tag der Woche saß er hier mit Ben zum Frühstücken, und um zu besprechen, was für ihre Firmen auf der Tagesordnung stand, soweit es die gemeinsamen Aktivitäten wie Einkäufe und Marketing betraf.

      Es hatte schon rituelle Züge, und die meisten Freunde beneideten sie, die Firmen so entspannt zu führen, vor allem diejenigen, die jeden Morgen ins Büro mussten, und schon am schuften waren, während die Freunde noch in der Küche der großen Altbauwohnung von Karl saßen, um den Tag ruhig angehen zu lassen.

      Die Stunden, die sie auch spät am Abend, oder auch nachts im Büro saßen, sah natürlich nie jemand, aber das gehörte zum Spiel.

      Karls Kinder waren in der Schule, bis zum späten Nachmittag, und seine Frau kam erst, wenn die Kinder mit dem Unterricht fertig waren, sodass es in der riesigen Wohnung angenehm still zuging. Heute Morgen allerdings, waren sie in kein lebhaftes Gespräch vertieft.

      „Sag mal Ben, verkaufen wir alle Rechte an dem Buch an den Verlag, oder versuchen wir so, wie bisher, den Aufstand um die Veröffentlichung zu überstehen?“

      Auch Ben war bis jetzt sehr schweigsam gewesen, hatte er sich doch gründlich über die Auswirkungen des Buches geirrt.

      Reiner Groth, vom Verlag, saß ihnen, oder vielmehr Karl, im Nacken. So wie er die Situation jetzt einschätzte, wäre Groth auch mit dem Verkauf der Rechte an dem Buch einverstanden. Nach den Erzählungen von Karl, schien der Lektor ziemlich stark an einer weiteren Karriere interessiert zu sein, und wer letztendlich der Presse Rede und Antwort stand, war dem Verlag wohl egal.

      Natürlich spekulierte der Verlagsangestellte noch auf weitere Bücher, aber zum Schluss war nur wichtig, was mit diesem Bestseller herauszuholen war.

      „Wenn du mich