Arno von Rosen

Der Bestseller


Скачать книгу

und natürlich auch deine Schwester.“

      Er konnte sein Glück kaum fassen. Der jährliche Termin bei seinem Schwiegervater, mit Besuch der halben Verwandtschaft ging also an ihm vorbei, während er in Italien war. Dies sollte wohl sein Jahr werden, oder zumindest sein Wochenende. Vielleicht sollte er noch Lotto spielen bevor er fuhr, man weiß ja schließlich nie, wann eine solche Glückssträhne mal abreißt. Zumindest im Moment lief alles wie am Schnürchen.

      In ein paar Stunden würde Karl aus Düsseldorf wiederkommen, Seine Frau machte die Jahresvisite in ihrer Heimat, und er fuhr für ein paar Tage in die Marken nach Italien, um für sie ein neues Domizil anzusehen, indem er in ein paar Monaten den Anstrengungen des Büroalltags entfliehen konnte.

      Ben packte schon mal alles in den Wagen, inklusive Fotoapparat und Snacks, da er kein Freund davon war unterwegs in Autobahnraststätten einzukehren, um dort vertrocknete Brötchen mit hart gewordenem Käse zu kaufen, und das für horrendes Geld.

      Nachdem Ben alles wieder und wieder kontrolliert hatte, setzte er sich mit seiner Frau auf den Balkon, um noch ein wenig die Nachmittagssonne zu genießen. Sie schlürften gemeinsam einen Cappuccino aus ihrer neuen, sündhaft teuren Kaffeemaschine, die durch die Einnahmen aus dem Buch bezahlt worden war.

      Elisabeth und Ben malten sich das Leben in Italien schon in den buntesten Farben aus, kochten virtuell alle leckeren Gerichte des Landes durch, und überlegten, wo sie überall spazieren gehen wollten. Da sie beide eigentlich ganz passabel kochten, war Essen kein Streitthema im Urlaub, auch wenn er persönlich mit Rezepten auf Kriegsfuss stand.

      So entspannten sie sich schon mal für die Zukunft, und genossen die untergehende Sonne. Seine Frau von Italien zu überzeugen war kein schweres Unterfangen gewesen, da sie bereits im September damit anfing, sich den Frühling, und damit angenehmere Temperaturen herbei zu wünschen.

      Ein Problem, dass man in den Marken nicht hatte. Dort konnte man von März bis tief in den November hinein im T-Shirt in der Sonne sitzen und die Wärme genießen.

      Später am Abend war Elisabeth schon losgefahren, und wollte noch bei ihrem gemeinsamen Sohn Nicolas anhalten, um zu fragen ob er mit zu seinen Großeltern wollte. Ben saß im Wohnzimmer, sah sich Nachrichten im Fernsehen an, nachdem er noch gearbeitet hatte, und er sicher sein konnte, dass alle Kunden genau das bekamen was sie bestellt hatten.

      Das schöne am Online Geschäft ist, dass man überall arbeiten kann, solange man über einen Internetanschluss verfügte. Er ließ seine Ware jetzt im Drop-Shipping Verfahren versenden. Das hieß, ein Logistikpartner versandte für ihn die Ware, und er würde später die Rechnung per E-Mail verschicken.

      Das konnte er auch ganz problemlos für zwei Wochen Urlaub organisieren, falls Karl mal keine Zeit hatte ihn zu vertreten.

      Er fragte sich schon, wo Karl blieb, denn eigentlich wollte er bereits ab dem späten Nachmittag zurück sein, und jetzt war es schon bald 21 Uhr.

      Ein Anruf auf seinem Handy blieb erfolglos, und wurde nur von einer weiblichen Stimme beantwortet, die ihm mitteilte, dass der gewünschte Gesprächspartner zurzeit nicht erreichbar war. Brauchte man die Dinger mal, konnte man sowieso keinen erreichen, wie immer.

      Karl wusste ja, dass Ben nachts fahren wollte, und würde ihn sicher noch anrufen oder vorbei kommen. Derweil sah er eine Dokumentation und entschied sich dann, gleich liegen zu bleiben wo er war und auszuruhen, bevor er sich auf den Weg machte. Immerhin waren es bis zum Ziel ganze 1200 Kilometer, und er fuhr meistens Non Stopp, zumindest wenn er alleine war.

      Um in München, oder am Brenner nicht in dichten Verkehr zu geraten, würde er gegen 1 Uhr in der Nacht los fahren, da dann weniger LKWs unterwegs waren, und Urlauber sich ja sehr gerne am Vormittag in den Stau auf der A 8 bei München stellten, oder später am Brenner.

      Das war aber nicht mehr so schlimm, wie in den 70er Jahren, als er mit seinen Eltern nach Italien gefahren war, und der Grenzübergang beim Brenner immer ein Abenteuer für die Kinder dargestellt hatte. Für seine Eltern war es jedes Mal der blanke Horror gewesen, sich stundenlang in der Autoschlange vorwärts zu wälzen, um ins gelobte sonnige Italien zu kommen.

      Leider waren seine Eltern schon vor Jahren gestorben, sonst hätten sie bestimmt ihren Spaß an einem Haus in Italien gehabt.

      Er legte sich ein Sofakissen unter den Kopf, mit der Gewissheit, dass er eine sehr schöne Zeit vor sich hatte und er sich den einen oder anderen kulinarischen Leckerbissen unterwegs gönnen würde, und döste mit diesen Gedanken friedlich ein.

       12. Kapitel

      Er lag gut in der Zeit, und konnte sich ohne weitere Zwischenfälle vom Parkplatz bis zur Messehalle durchkämpfen.

      Die Shuttle-Busse fuhren in kurzen Abständen zu den Hallen, und mit Rollbändern kam man problemlos von Halle zu Halle, wie an großen Flughäfen.

      Reiner Groth war im Auto noch aufgefallen, dass er sein Diktiergerät dabei hatte, oder vielmehr hatte Inge es wahrscheinlich in seine Mappe getan. Nach kurzer Überlegung entschloss er sich dazu, dass Gespräch zwischen ihm und Blanke aufzuzeichnen.

      Nicht so sehr, um daraus Kapital zu schlagen, sondern vielmehr als Beweis dafür, dass sich nicht mehr aus der Situation rausholen ließ, falls ihm hinterher Vorwürfe gemacht wurden.

      Rolf Kasupke, sein Chef, würde das Band sowieso nur zu hören bekommen, wenn es die Situation erforderte. Zumindest konnte die Absicherung nicht schaden, jedenfalls solange nicht, wie Blanke die Aktion nicht bemerkte.

      Er stecke sich das Gerät in die Brusttasche seines Hemdes und hoffte, dass das Gerät überhaupt etwas aufzeichnen konnte. Die Aufnahme lief etwa neunzig Minuten, was für diesen Zweck ausreichen sollte.

      Er postierte sich am Infoschalter der Messehalle, gleich neben einem Kaffeestand, wo sie sich verabredet hatten, nachdem er die Karte am Messeeingang für seinen Gesprächspartner hinterlegt hatte. Groth sah kurz auf die Uhr, und war zufrieden noch zehn Minuten zu haben, in denen er noch einen Kaffee trinken konnte, um richtig in Schwung zu kommen.

      Er stellte sich an einen der Stehtische, die gerne von Besuchern genutzt wurden, um außerhalb vom Messestand übers Geschäft reden zu können, ohne vom direkten Trubel der Vorführungen auf den Ständen gestört zu werden.

      Auf der „Caravan“ fanden aber die meisten Gespräche in den Wohnwagen und Wohnmobilen statt, alleine schon um die Atmosphäre auf mögliche Kunden wirken zu lassen, und währenddessen die Vielfalt und Möglichkeiten der Modelle zu präsentieren.

      Nächsten Monat war die Buchmesse in Frankfurt, und dort wollte er dann als Endecker des neuen Bestseller Autors seine Finger nach lukrativen Jobs ausstrecken. Die Zeit bis dahin war nur noch kurz, und es hatte einige Mühe und Geld gekostet, den Stand für den Verlag umzubuchen, um dem Erfolg entsprechend Rechnung zu tragen, den das neue Buch seinem Arbeitgeber beschert hatte.

      Wieder sah er auf die Uhr, aber es waren lediglich weitere fünf Minuten vergangen. Ausgerechnet jetzt bekam er auch noch Hunger, entschied sich aber dagegen etwas zu sich zu nehmen.

      Er spekulierte auf ein gemeinsames Mittagessen mit Blanke, und später am Abend ein Glas Sekt oder Champagner auf den erfolgreichen Geschäftsabschluss.

      Die Messehallen waren noch überschaubar, da die meisten Besucher am Freitagnachmittag kommen würden, und natürlich am Wochenende.

      Gerade als er erneut auf die Uhr sehen wollte, kam Blanke auf ihn zu. Er trug eine Jeanshose, Polohemd und eine braune Lederjacke. Groth fand sich jetzt einigermaßen „overdressed“ in seinem Anzug. Hatte er die Situation falsch eingeschätzt und dem Termin zuviel Bedeutung zugemessen?

      Jetzt war es eh zu spät, um noch zu reagieren, also ging er ein paar Schritte auf Blanke zu, und streckte ihm die Hand entgegen.

      „Sie sind ja superpünktlich Herr Blanke“, polterte er los.

      „Ich hoffe sie haben alles gefunden und das Hotel war zu ihrer Zufriedenheit. Möchten Sie auch einen Kaffee, oder etwas anderes?“